IPO

Optiker Mister Spex setzt die Börsenbrille auf

Auf die Flaute folgt der Boom. Der Online-Optiker Mister Spex ist nur der jüngste Kandidat: Das Volumen der Börsengänge in Deutschland steigt auf einen Rekordwert. Noch nie haben Unternehmen im ersten Halbjahr so viel Geld bei IPOs in Frankfurt eingesammelt wie in den ersten sechs Monaten des Jahres 2021.

Optiker Mister Spex setzt die Börsenbrille auf

cru Frankfurt – Der Online-Optiker Mister Spex strebt an die Frankfurter Börse. Spätestens bis Ende September soll das IPO über die Bühne ge­hen, kündigte das Unternehmen aus Berlin am Montag an, wahrscheinlich erfolgt die Erstnotiz aber schon im Juli. Der Börsengang werde vo­raus­sichtlich neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung und bestehende An­teil­scheine bestimmter Altaktionäre um­­fassen.

Zu den Altaktionären zählen vor allem der Wagniskapitalgeber Scottish Equity Partners mit 17%, der 2013 eingestiegen war, die seit 2015 beteiligte Goldman Sachs mit 16% und die Gründer und Manager mit rund 17%. Das Unternehmen strebt einen Bruttoemissionserlös aus dem Verkauf der neuen Aktien von mindestens 225 Mill. Euro an. Die Marktkapitalisierung wird in Finanzkreisen bei 1 Mrd. Euro erwartet. Als wichtigste Wettbewerber, die aber weniger stark digital arbeiten, gelten Fielmann und Apollo.

„Mit dem Geld (aus der Kapitalerhöhung) wollen wir das Wachstum beschleunigen, die internationale Expansion vorantreiben und einen Überbrückungskredit finanzieren“, sagte Co-Vorstandschef und Gründer Dirk Graber der Börsen-Zeitung. Mister Spex, die seit der Gründung im Jahr 2007 zweistellig wächst, be­treibt Online-Shops in zehn Ländern sowie mehr als 40 Geschäfte in Deutschland, Österreich und Schweden, die durch rund 400 Partneroptiker erweitert werden. Auch in Skandinavien, Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden ist das Unternehmen mit Webseiten vertreten. Neben dem Online-Handel soll nun vor allem das Filialnetz vor Ort wachsen.

About You-Aktie für 23 Euro

Im vergangenen Jahr spielte das Geschäft mit rund 1000 Beschäftigten 164 Mill. Euro Umsatz ein, ein Anstieg um 18%, obwohl der Ge­samtmarkt in Europa, der auf 32 Mrd. Euro geschätzt wird, um 13% schrumpfte. Im ersten Quartal 2021 wuchs der Umsatz gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal um 27% – allerdings lag der Gewinn saisonal bedingt nur bei knapp 1 Mill. Euro. Im gesamten Vorjahr betrug der Bruttogewinn 81 Mill. Euro, der bereinigte operative Gewinn erreichte 7 Mill. Euro – und auch für dieses Jahr erwartet Co-CEO Graber einen Anstieg. Mit 15 Mill. Euro ist Mister Spex nur geringfügig verschuldet.

Die zahlreichen Börsengänge in Deutschland, die seit Monaten Schlag auf Schlag kommen und vom offenen Geldhahn der Notenbanken und den billionenschweren Konjunkturprogrammen angeheizt werden, haben den Unternehmen in diesem Jahr laut Bloomberg-Daten bereits 7,2 Mrd. Euro eingebracht, nur 100 Mill. Euro unter dem Allzeithoch, das im ersten Halbjahr 2018 erreicht wurde. Mit weiteren 1 Mrd. Euro, die zusammenkommen sollen bei den noch für diesen Monat geplanten Börsengängen des Online-Modehändlers About You, der am Montag die Bücher geschlossen hat, sowie des Online-Fahrradhändlers Bike24 und des Computertastaturherstellers Cherry liegt 2021 voll auf Kurs, die bisherige Bestmarke zu überbieten.

Die Aktien von About You kosten 23 Euro das Stück, wie das Unternehmen mitteilte – die Spanne war mit 21 Euro bis 26 Euro angesetzt worden. Der Handel soll am Mittwoch beginnen. Auch das deutsche Cannabis-Start-up Cantourage will bald an die Börse gehen. Ob die Notierung des Unternehmens aus Kleinmachnow bei Berlin in Frankfurt stattfindet, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Zwei Finanzierungsrunden hat das Unternehmen, das sich als Thinktank für cannabishaltige Arzneimittel bezeichnet, schon abgeschlossen.

Gut gefüllte IPO-Pipeline

Derzeit streben in Deutschland immer noch mehr als ein Dutzend Unternehmen ihr Börsendebüt als IPO oder Spin-off an, die mit mindestens 1 Mrd. Euro bewertet werden könnten. Die größten sind der Sportwagenhersteller Porsche, die Lastwagensparte von Daimler und der Ölkonzern Dea Wintershall. Die größten Neuzugänge waren bisher der Linux-Softwareanbieter Suse, der Funkmastenkonzern Vantage Towers und der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1. Börsenpläne haben auch der nordbayerische Autozulieferer Novem und der Windparkbetreiber Blue Elephant.