Orderbuch von Steyr Motors wird immer dicker
Orderbuch von Steyr Motors wird immer dicker
Motorenzulieferer für Rüstungskonzerne profitiert von steigenden Verteidigungsausgaben – Aufträge für Leopard-2-Kampfpanzer in Aussicht
md Frankfurt
Viele Unternehmen brüsten sich mit Produkten und Dienstleistungen aus dem Bereich Rüstung – auch wenn dieser Geschäftszweig nur einen kleinen Teil des Umsatzes ausmacht. Gerade börsennotierte Firmen wollen durch den Hinweis auf ihre Kriegsmaterialherstellung vom Boom der Rüstungsaktien profitieren. Anders sieht es bei Steyr Motors aus: Das kleine Unternehmen mit Hauptsitz im österreichischen Steyr, auf halber Strecke zwischen Wien und München gelegen, hat einen Umsatzanteil von 60%, der zu militärischen Anwendungen führt.

Foto: Steyr Motors
Vorstandschef Julian Cassutti nannte Steyr Motors auf der Herbstkonferenz ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung und Produktion von Hochleistungs-Dieselmotoren mit hoher Leistungsdichte und Langlebigkeit. Der Schwerpunkt liege dabei auf der Entwicklung, nicht der Serienproduktion der Dieselmotoren. Die relativ geringen Stückzahlen, die Steyr Motors mit Profit produzieren könne, machen das Geschäft für große Motorenbauer wie Deutz – bislang – unrentabel. Die Steyr-Motoren werden hauptsächlich in Defense-Spezialfahrzeugen, Booten – sowohl militärischen als auch zivilen – sowie als Hilfsaggregate (Auxiliary Power Unit, APU) für Kampfpanzer und Lokomotiven eingesetzt.
„Wenn ein Motor nach der Entwicklung und Fertigstellung in Serie geht – also auf den militärischen Plattformen enthalten ist –, sind wir als Steyr Motors nicht mehr ersetzbar.“
„Wenn ein Motor nach der Entwicklung und Fertigstellung in Serie geht – also auf den militärischen Plattformen enthalten ist –, sind wir als Steyr Motors nicht mehr ersetzbar“, sagte Cassutti, „weil das Fahrzeug bzw. unser Motor vom jeweiligen Verteidigungsministerium zertifiziert ist. Damit sind wir zum einen aus rechtlicher Sicht geschützt, zum anderen auch aus technischer Sicht.“ Das bringe große Planungssicherheit und Preissetzungsmacht mit sich.
Der Preis pro Motor liege im Schnitt bei 60.000 Euro. Verglichen mit dem Preis des Endprodukts – bei einem Kampfpanzer ca. 20 Mill. Euro – spiele der Preis für einen Motor von Steyr – „ob er nun 60.000 oder 70.000 Euro kostet“, so Cassutti – keine große Rolle, egal ob der Kunde Rheinmetall oder KNDS heiße. Das Ersatzteilgeschäft im militärischen Bereich erreiche bis zu 90% des Motorenverkaufspreises.
Auftragsbestand könnte von 300 Mill. auf 500 Mill. Euro springen
Auftragsbestand und -eingang versprechen stark steigende Umsätze in den nächsten Jahren. Für 2025 bis 2030 lägen Bestellungen für mehr als 300 Mill. Euro vor. Zwei weitere Deals, über die derzeit noch verhandelt werde, könnten den Auftragsbestand um 200 Mill. auf 500 Mill. Euro steigern, berichtete Cassutti auf der vom Finanzintermediär Equity Forum organisierten Konferenz. Dazu gehörten 1.000 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2, die die Bundesregierung noch vor Ende des Jahres beim Hersteller KNDS bestellen möchte. Einem solchen Auftrag würde im nächsten Jahr ein Vertrag zwischen KNDS und Steyr Motors folgen, sagte der CEO. Auf Basis der Umsatzschätzungen für die nächsten Jahre deckten die gesicherten Orders für 2026 und 2027 bereits 50% bzw. 60% dieser Erlösprognosen ab. Das sorge für „extreme Visibilität“.
Im Branchenreigen nur ein Zwerg
Allerdings ist Steyr Motors verglichen mit Rüstungsriesen wie Rheinmetall, KNDS, BAE Systems, Thales oder General Dynamics – die allesamt zu den Kunden der Österreicher zählen –, ein Zwerg. Für 2025 wird von niedriger Basis kommend ein Wachstum von mindestens 40% in Aussicht gestellt; im Vorjahr waren 41,7 Mill. Euro erlöst worden. Das heißt, bei einer Punktlandung würden 2025 bescheidene 58 Mill. Euro umgesetzt. Die Ebit-Marge (Ergebnis vor Zinsen und Steuern zum Umsatz) soll von 15,5% auf über 20% zulegen. Die Mittelfristprognose für 2027 sieht einen Umsatz von rund 140 Mill. Euro vor; das Ebit soll dann im Vergleich zu 2024 (10,1 Mill. Euro) um das Vierfache höher ausfallen.
Laut dem CEO könnten 2027 etwa 3.000 Motoren hergestellt werden; bis dahin gebe es genügend freie Kapazitäten, so dass keine neuen Hallen oder Maschinen gekauft werden müssten.
Cassutti zufolge könnten in den nächsten Jahren Übernahmen den Umsatz zusätzlich antreiben; das käme jedoch „on top“ – sei also nicht Teil der Planungen.
In der Entwicklungsphase ist „Umsatz gleich Profit“
„Besonders profitabel ist die erste Phase unserer Wertschöpfungskette: das Engineering bzw. die Entwicklung eines neuen Motors zusammen mit dem Auftraggeber, etwa Rheinmetall“, erklärte Cassutti, „weil dann nur Personalaufwendungen anfallen. Gleichzeitig können wir schon Meilensteine abrechnen. In dieser Phase ist, salopp gesagt, Umsatz gleich Profit“. Im Vergleich von reinem Produktverkauf mit Ersatzteilgeschäft sei letzteres etwas profitabler. Allerdings gebe es große Unterschiede in der Profitabilität von Produktverkäufen. Als Daumenregel gelte: Ein Motor für ein ziviles Rettungsboot sei mit rund 25.000 Euro am wenigsten rentabel; am höchsten sei die Gewinnmarge bei einem Motor für komplexe militärische Fahrzeuge.
Als besonderen Meilenstein in diesem Jahr hob Cassutti die Vereinbarung mit Rheinmetall vom Februar hervor. Steyr Motors werde die Antriebsaggregate für den von den Düsseldorfern entwickelten Kampfpanzer Panther KF51 liefern, „der in den nächsten Jahren sicher zur Konkurrenz des Leopard 2 werden wird“, so der CEO. Der Leopard 2 wird hauptsächlich von KNDS Deutschland produziert, wobei Rheinmetall wichtige Komponenten wie die Hauptkanone, die Munition und das Feuerleitsystem zuliefert.
Wachstumsmärkte sind Nordamerika, Polen und China
Steyr Motors habe drei Regionen identifiziert, in denen es großes Potenzial zu heben gelte: Nordamerika mit den USA und Kanada, Polen sowie China. Die Hintergründe sind unterschiedlich. Die USA erscheinen wegen ihrer traditionell hohen Verteidigungsausgaben (2024: 997 Mrd. Dollar) attraktiv – zumal „ein starker lokaler Partner“ Steyr Motors den Markteintritt erleichtern werde. Polen rüstet aus Sorge vor einem möglichen Angriff Russlands weiter auf; mit einem Anteil von 4,5% am Bruttoinlandsprodukt – in absoluten Zahlen 29 Mrd. Dollar – hat das Land schon 2023 die Werte anderer Nato-Mitgliedsstaaten weit übertroffen. China ist dagegen im Wesentlichen noch ein Hoffnungswert: Gemäß Cassutti hat Steyr Motors dort kürzlich einen Durchbruch erzielt und 200 Motoren an chinesische Kunden verkauft.
Einsatz beim KSK, den Navy Seals und den Royal Marines
Die Fahrzeuge bzw. Gerätschaften mit Motoren von Steyr Motors kommen u.a. bei Spezialeinheiten wie dem deutschen Kommando Spezialkräfte (KSK), den US-Navy Seals und den britischen Royal Marines bzw. generell in Armeen zum Einsatz, etwa im österreichischen Bundesheer, in der deutschen Bundeswehr sowie in den Streitkräften der Schweiz, Spaniens, der Niederlande, Schwedens, Finnlands, Kanadas und Australiens. Zu den zivilen Anwendern gehören laut Cassutti die Deutsche Bahn (DB), die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und Ölkonzerne wie ExxonMobil, Shell und BP; diese setzten die Motoren auf ihren Bohrinseln ein.
Rund 60% des Umsatzes macht das Unternehmen mit militärischen Abnehmern, den Rest mit zivilen – der größte sei hier Siemens. Der regionale Schwerpunkt liegt laut Cassutti mit fast 70% auf Europa.
Streubesitz von 57 Prozent
Ende Oktober 2024 hatte die Beteiligungsgesellschaft Mutares aus München Steyr Motors an die Börse gebracht; genauer: an das Segment Open Market (Freiverkehr) in Frankfurt. Der Platzierungspreis betrug 14 Euro. Im Rahmen der Emission strich der Mutterkonzern brutto 13 Mill. Euro ein. Im Frühjahr dieses Jahres verkaufte Mutares einen großen Teil der Aktien, die auch nach dem IPO zunächst im Portfolio verblieben waren. Gleichzeitig erhöhte die B&C Holding Österreich ihre Beteiligung auf 20%. Mutares halte nun noch 23% an Steyr Motors. Der Rest von 57%, inklusive der Anteile von Management und Mitarbeitenden, ist nach Unternehmensangaben breit gestreut.
Mutares hatte Steyr Motors im zweiten Halbjahr 2022 von der französischen Thales erworben. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 war das Umfeld für Rüstungsunternehmen positiv geworden. Die Steyr Motors Betriebs GmbH, die das wesentliche operative Geschäft des Unternehmens repräsentierte, steigerte den Umsatz 2023 auf 38,1 (i.V. 28,1) Mill. Euro. Nur das Betriebsergebnis (minus 4,7 Mill. Euro nach einem Plus von 0,4 Mill. Euro) ließ seinerzeit noch zu wünschen übrig.
Kurs hat sich seit dem IPO fast vervierfacht
Die Börsenwert von Steyr Motors liegt bei 254 Mill. Euro. Am Freitag kostete die Aktie 48,75 Euro – also dreieinhalbmal so viel wie zum IPO vor knapp einem Jahr.