Streit um Medienkonglomerat

Paramount will Warner-Deal mit Netflix torpedieren

Das Medienkonglomerat Paramount gibt im Kampf um Warner Bros. Discovery nicht auf. Mit einem feindlichen Übernahmeangebot will es den Deal des Traditionshauses mit Netflix zum Platzen bringen.

Paramount will Warner-Deal mit Netflix torpedieren

Massive Verunsicherung um Warner-Deal

Netflix fürchtet Einmischung Trumps in milliardenschwere Übernahme – Paramount strebt feindliche Übernahme von Rivalen-Konglomerat an

Das Medienkonglomerat Paramount gibt im Kampf um Warner Bros. Discovery nicht auf. Mit einem feindlichen Übernahmeangebot will es den Deal des Traditionshauses mit Netflix zum Platzen bringen. Derweil droht nach Äußerungen von Donald Trump auch politischer Trubel um die geplante Milliarden-Akquisition.

xaw New York

Nach Ankündigung der Übernahme von Warner Bros. Discovery durch Netflix geht es Schlag auf Schlag. Denn das Medienkonglomerat Paramount, das früh ein Interesse an der Rivalin angemeldet hatte, gibt selbst nach deren Einigung mit dem Streaming-Pionier nicht auf. Am Montag lancierte das von David Ellison, Sohn von Oracle-Mitgründer Larry Ellison, geführte Unternehmen ein 77,9 Mrd. Dollar schweres feindliches Übernahmeangebot für Warner.

Paramount argumentiert, dass ihre vollständig aus Barmitteln bestehende Offerte über 30 Dollar pro Aktie ein besserer Deal für die Anteilseigner sei und mit höherer Wahrscheinlichkeit regulatorische Prüfungen bestehen würde. Ihr Angebot würde „Aktionären 18 Mrd. Dollar mehr Cash zur Verfügung stellen“ als die Netflix-Transaktion, teilte die Holding, die im Sommer selbst aus einer komplexen Fusion zwischen dem Traditionshaus Paramount und Ellisons Produktionsgesellschaft Skydance hervorging, mit.

Großer Marktanteil als „Problem“

Bereits am Wochenende war die Unsicherheit um den Warner-Netflix-Deal gestiegen. Denn US-Präsident Donald Trump äußerte sich im Washingtoner Kennedy Center am Wochenende zu der insgesamt fast 83 Mrd. Dollar schweren Transaktion und brachte dabei mögliche Kartellbedenken zum Ausdruck. Er habe „viel Respekt“ vor Netflix-Co-CEO Ted Sarandos, den er in der vergangenen Woche im Weißen Haus getroffen hatte. Dieser habe „einen der besten Jobs in der Geschichte von Filmen und anderen Dingen gemacht“ – allerdings käme das kombinierte Unternehmen „ohne Frage auf einen großen Marktanteil“, was „ein Problem sein könnte“, sagte Trump.

US-Präsident Donald Trump meldet mögliche Kartellbedenken bezüglich des Warner-Netflix-Deals an.
US-Präsident Donald Trump meldet mögliche Kartellbedenken bezüglich des Warner-Netflix-Deals an.
picture alliance / REUTERS | Jeenah Moon

Die beiden Medienunternehmen hatten am Freitag eine Einigung verkündet. Vor Abschluss des Mergers soll Warner ihre Kabelfernseh-Assets unter dem Namen Discovery Global in ein separates Unternehmen unter Führung des ehemaligen ProSiebenSat-1-Managers Gunnar Wiedenfels abspalten. Netflix will sich im Gegensatz zu Paramount ausschließlich die Kontrolle über den Streamingdienst HBO Max sowie die Studios des Medienkonglomerats, zu dessen Portfolio Franchises wie „Harry Potter“ sowie Klassiker wie „Casablanca“ gehören, sichern.

Die Mitteilung schockte sowohl Hollywood als auch die Wall Street: Die Filmbranche stellt sich infolge der Konsolidierung auf Einsparungen und Jobverluste ein, während Investoren überrascht auf den Umfang des Deals reagierten. Netflix will 72 Mrd. Dollar in Aktien und Cash für nur zwei Divisionen von Warner zahlen. Die Übernahme von Schulden treibt den Enterprise Value auf 82,7 Mrd. Dollar. Dabei belief sich die Marktkapitalisierung des gesamten Medienkonglomerats kurz vor der Deal-Ankündigung auf lediglich 60 Mrd. Dollar, obwohl sie infolge der Deal-Spekulationen bereits in den vergangenen Monaten angeschwollen war.

Milliardenkredit benötigt

Netflix-Aktionäre sind über die bevorstehende Akquisition nicht eben begeistert. Zwischen der Zahlenvorlage zum dritten Quartal im Oktober, rund um die erstmals Gerüchte um ein Interesse an Warner aufkamen, und Handelsschluss am 5. Dezember gab die Aktie des Streaming-Pioniers um nahezu 22% nach. Denn die große Cash-Komponente bedeutet eine erhebliche Belastung für ein Unternehmen, dessen jährlicher freier Cashflow regelmäßig bei rund 9 Mrd. Dollar liegt. Netflix hat angekündigt, Zwischenfinanzierungen im Volumen von 59 Mrd. Dollar von der BNP Paribas, HSBC und Wells Fargo in Anspruch nehmen zu wollen – wobei der größte Anteil mit 29,5 Mrd. Dollar auf das US-Institut entfällt.

Zudem, betonen Analysten, würde Netflix damit vom Streaming-„Pure Play“, das Wettbewerber in seiner Nische laut Bank of America längst abgehängt hat, zum vollumfänglichen Hollywood-Studio. Damit einher ginge ein höherer operativer Aufwand in der Produktion und Vermarktung von Filmen, die auch über Konkurrenzplattformen und -sender laufen würden. Zudem müsste Netflix, die seit Ende 2024 keine quartalsweisen Nutzerzahlen mehr vorlegt, den Vorteil aufgeben, im Streaming-Geschäft gewissermaßen in einer „Black Box“ zu operieren, heißt es an der Wall Street. Schließlich sind Zuschauer- und Kassenzahlen für einzelne Kino-Produktionen transparent einsehbar.

Neue Kombi-Angebote erhofft

Doch würde die beträchtliche Marktmacht von Netflix nach Abschluss der Transaktion laut Wirtschaftskanzleien noch wachsen. Zum Abschluss des vergangenen Jahres hatte die Plattform global 302 Millionen Abonnenten, Warner kam im Streaming-Geschäft zuletzt auf 128 Millionen. Viele Haushalte in den Vereinigten Staaten leisten sich mehr als einen Anbieter. Gemeinsam kontrollieren die Partner in spe rund 30% des amerikanischen Marktes. Netflix betont indes, dass Kartellanalysen Plattformen wie Youtube beinhalten sollten, die zuletzt noch einmal Anteile an der Bildschirmzeit der US-Nutzer gewonnen haben.

Der Streaming-Marktführer, so betonen Insider, könnte Kombi-Angebote zwischen den eigenen Inhalten und HBO Max schaffen und die Kosten für einige Verbraucher sogar drücken. Allerdings sind diese in den vergangenen Jahren explodiert: Als der ehemalige DVD-Vermieter aus Los Gatos 2010 erstmals ein reines Streaming-Angebot in internationalen Märkten lancierte, kostete des Standardabonnement 7,99 Dollar pro Monat. Seither hat Netflix zu sieben Preiserhöhungen gegriffen – wer sich heute die werbefreie Variante leisten will, muss in den USA 17,99 Dollar zahlen. Bei HBO Max ist der Monatspreis seit dem Start im Mai 2020 um mehr als 23% auf 18,49 Dollar geklettert.

Börsen-Zeitung, ben/iGrafik.de

Schon vor Trumps Äußerungen vom Wochenende machten Berichte die Runde, gemäß denen hochrangige Berater des Präsidenten bezüglich des Netflix-Warner-Deals besorgt sind. Die Wall Street rechnet mit einer Kartellprüfung des Justizministeriums. Auch in Europa könnten demnach Wettbewerbsregulatoren auf den Plan treten. Fällt die Übernahme durch, müsste Netflix eine „Breakup“-Gebühr von 5,8 Mrd. Dollar an Warner entrichten. Entscheidet sich das begehrte Medienkonglomerat indes, die Vereinbarung mit dem Streaming-Marktführer platzen zu lassen, würden für das Traditionshaus 2,8 Mrd. Dollar an Vertragszahlungen fällig.

Schwierige Entscheidung für Aktionäre

In diese unsichere Lage platzt nun Paramount mit ihrer Tender Offer. Ihr Angebot soll einen Backstop durch die Familie Ellison und die Private-Equity-Firma Redbird enthalten. Zudem hätten Apollo Global, Bank of America und Citigroup Kreditfinanzierungen im Volumen von 54 Mrd. Dollar zugesagt. Paramount warf Warner am Montag vor, das Übernahmeziel habe sich nie ernsthaft mit den sechs offiziellen Angeboten auseinandergesetzt, die das Ellison-Unternehmen über die vergangenen zwölf Wochen vorgelegt habe.

Nun haben Warner-Aktionäre gemäß einer ersten Frist bis zum 8. Januar Zeit, um über die Tender Offer zu entscheiden. Die rund 14 Mrd. Dollar schwere Paramount lässt sich dabei auf einen harten Kampf mit Netflix ein, deren Marktkapitalisierung bei über 400 Mrd. Dollar liegt. Doch CEO Ellison zeigt sich kampfbereit. „Wir sind wirklich hier, um zu beenden, was wir begonnen haben“, sagte er beim Wirtschaftssender, „CNBC“.