Pleite statt Spitze

Von Walther Becker, Frankfurt Börsen-Zeitung, 4.10.2012 Dafür reicht's noch: Für die Verbreitung der Nachricht, dass dapd Nachrichtenagentur und dapd Nachrichten ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung "in Gang gesetzt" haben, ist die nicht...

Pleite statt Spitze

Von Walther Becker, FrankfurtDafür reicht’s noch: Für die Verbreitung der Nachricht, dass dapd Nachrichtenagentur und dapd Nachrichten ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung “in Gang gesetzt” haben, ist die nicht gerade für einen Appel und ein Ei zu habende PR-Agentur Hering Schuppener eingeschaltet. Inhaber sind Peter Löw und Martin Vorderwülbecke, die dapd “privat” gehalten haben und auch die Beteiligungsgesellschaft Bluo gegründet hatten sowie sich bei Arques (heute Gigaset) tummelten.Sie hatten den dicken Max gemacht und sind nun mit ihren hochfliegenden Plänen auf dem nicht gerade unterbesetzten Agenturmarkt auf die Nase gefallen. Zahlungsunfähigkeit statt Spitzenposition.Die bittere Wahrheit haben lediglich Miteigner Martin Vorderwülbecke und Insolvenzverwalter Wolf von der Fecht (Kanzlei Metzler von der Fecht) den Mitarbeitern eröffnet. Der Anwalt prüft nun als alleiniger Geschäftsführer der insolventen bzw. von Insolvenz bedrohten Gesellschaften bis Ende November, in welcher Form eine Fortführungsperspektive besteht. Von Peter Löw fehlte auf der Versammlung jede Spur. Vorderwülbecke werde seine Funktionen als Vorstandschef der dapd Media Holding AG sowie in den nicht insolventen Gesellschaften der Gruppe weiter “ausfüllen”. Denn es heißt: die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Heute werden zudem sechs Ableger ebenfalls Insolvenz anmelden. Alle übrigen 18 Gesellschaften sowie die Holding seien von der Insolvenz bisher nicht berührt. Insgesamt betreffen die Anträge 299 der 515 Beschäftigten.Vorderwülbecke sagte laut Newsroom.de, er und sein Kompagnon steckten monatlich 1 Mill. Euro in die Nachrichtenagentur, um den Betrieb zu halten. Schuld an der Entscheidung, eine Insolvenz zu beantragen, sei das ZDF. Anders als gedacht, konnte man sich nicht gegen Platzhirsch dpa durchsetzen. Auch von der Politik käme keine Unterstützung, 50 000 Euro würde der Bundestag für dapd-Dienste im Jahr zahlen, mehr nicht. Vom Bundespresseamt erhalte dpa 2,8 Mrd. Euro per annum, dapd bekomme 1,6 Mill. Euro. Und das sei ungerecht. Warum er und Löw ihre Zusage, das Unternehmen nach vorne zu bringen, zurückgezogen hätten?”Wir hatten den Plan, eine tolle deutsche Nachrichtenagentur aufzubauen”, wurde Vorderwülbecke zitiert. Der Kundenzuspruch sei da, der Verlag Axel Springer wolle mit dem Sportdienst einen Vertrag abschließen. Doch auch mit der Klage gegen mutmaßliche AFP-Subventionen vom französischen Staat in Straßburg werde man wohl keinen Erfolg haben.Mit großen Ankündigungen waren Vorderwülbecke, früher als Chef der börsennotierten Beteiligungsgesellschaft Arques bekannt, und sein Partner Peter Löw vor drei Jahren in einen lange festgefügten und überschaubaren Markt eingestiegen. Damals hatten sie die kleine Nachrichtenagentur Deutscher Depeschendienst (ddp) übernommen. Ein Jahr später kauften sie den deutschen Teil der amerikanischen Associated Press (AP) hinzu und tauften das Ganze dapd. Die weitaus größere dpa wollten sie gar verzichtbar machen. 2011 kaufte man die defizitäre französische Fotoagentur Sipa Press, um AFP Konkurrenz zu machen. Dann hieß es, dapd wolle in Frankreich mit einer eigenen Nachrichtenagentur an den Start gehen. Und im April 2012 erwarb dapd von Gruner + Jahr Picture Press.—–Peter Löw und Martin Vorderwülbecke entlassen die Agentur dapd in die Insolvenz.—–