SIEMENS

Populist Schulz

Siemens ist in Misskredit geraten wie seit der Korruptionsaffäre nicht mehr. Ein Proteststurm gegen den Stellenabbau in der Energiesparte rollt über Deutschland. Landauf, landab demonstrieren Beschäftigte wie am gestrigen Donnerstag in Berlin, und...

Populist Schulz

Siemens ist in Misskredit geraten wie seit der Korruptionsaffäre nicht mehr. Ein Proteststurm gegen den Stellenabbau in der Energiesparte rollt über Deutschland. Landauf, landab demonstrieren Beschäftigte wie am gestrigen Donnerstag in Berlin, und die IG Metall ist vor Tarifverhandlungen und Betriebsratswahlen sowieso auf Krawall gebürstet. Derlei Aktionen sind – wenn auch prononcierter – Ausdruck natürlicher Interessengegensätze und damit nachvollziehbar. Verständlich ist auch, dass Ministerpräsidenten der betroffenen Bundesländer auf die Barrikaden gehen. Sie wollen ihre Klientel verteidigen. Trotzdem ist festzustellen: Viele Gewerkschafter und manche Politiker verlieren mittlerweile jedes Maß, allen voran SPD-Parteivorsitzender Martin Schulz mit seinen dümmlichen Äußerungen.Der Sozialdemokrat scheint nicht begriffen zu haben, dass sein Wahlkampf gescheitert ist. Er setzt seine vorgebliche Gerechtigkeitsrhetorik noch schriller fort. “Asozial” sei der Konzern, er verhalte sich wie Manchester-Kapitalisten, die Beschäftigten bluteten für Managementfehler und Siemens habe jahrzehntelang vom Steuerzahler profitiert. Welch ein Quatsch. Nicht Managementfehler, sondern der weitgehende Wegfall des Marktes für Gasturbinen bringt die Stellen ins Wanken. Dass Siemens in Deutschland viel Steuern zahlt, erklärt sich von selbst. Es würde SPD-Chef Schulz helfen, sich mit der Sache zu beschäftigen, statt mit Umfragewerten. Auch die angestrebte Oppositionsrolle entbindet die SPD nicht von der Pflicht, der Realität gerecht zu werden. Populismus ist ein Problem, keine Lösung.Außerdem: Ein Sozialdemokrat sollte wissen, was ein Manchester-Kapitalist ist. Überwiesen die Freibeuter der Frühindustrialisierung etwa Abfindungen, gründeten Beschäftigungsgesellschaften, boten Qualifizierungen, finanzierten Frühpensionierungen und organisierten Altersteilzeit? Siemens tut dies.Was argumentativ bleibt, ist: Ja, Siemens macht einen hohen Gewinn. Aber eben nur, weil andere Geschäfte gut laufen. Deswegen kann Siemens Abfindungen & Co. finanzieren oder andernorts Stellen anbieten. Ein Mittelständler würde bei einem derartigen Strukturwandel sofort zu betriebsbedingten Kündigungen greifen müssen.Der Arbeitskampf schädigt die Marke Siemens. Dazu beigetragen hat, dass das Management aus seiner Sicht den Stellenabbau zwar gut vorbereitet hat, dieser aber zumindest für die politische Öffentlichkeit überraschend kam. Das rechtfertigt jedoch nicht die Hau-drauf-Rhetorik des SPD-Chefs. Sie schadet nicht nur Siemens, sondern auch der deutschen Wirtschaft.