Preisstreit mit O2 trifft 1&1 hart

Höhere Kosten der United-Internet-Tochter für Zugang zum Telefónica-Mobilfunknetz lösen Kursrutsch aus

Preisstreit mit O2 trifft 1&1 hart

1&1 Drillisch und der Mutterkonzern United Internet haben angeblich nicht mit einer Preiserhöhung für den Zugang zum Netz von O2 gerechnet – und deshalb jetzt die Prognose gekürzt. Doch die Preiserhöhung gilt seit dem 1. Juli. Die Investoren reagieren brüskiert – mit einem Kursabsturz der Aktien.cru Frankfurt – 1&1 Drillisch hat einen herben Rückschlag im Streit mit dem Konkurrenten Telefónica über die Preise für den Zugang zum deutschen Mobilfunknetz der Spanier erlitten. Am Montag sind die Kurse der im MDax notierten Aktien des 1&1-Mutterkonzerns United Internet und von 1&1 selbst um jeweils zeitweise mehr als ein Viertel eingebrochen – so stark wie noch nie zuvor -, nachdem bekannt wurde, dass beide ihre Ziele für 2020 wegen steigender Zugangskosten im O2- Netz kürzen müssen. Bei beiden Konzernen sind damit jeweils mehr als 1 Mrd. Euro an Börsenwert verdampft, während der Kurs von Telefónica im allgemein schwierigen Markt nur um zeitweise 4 % nachgab.1&1 und United Internet werfen der Tochter des spanischen Konzerns Telefónica vor, die Kosten für die Nutzung des Mobilfunknetzes bereits ab Juli vor Abschluss der laufenden Verhandlungen erheblich erhöht zu haben. Telefónica Deutschland weist den Vorwurf zurück und sieht die Preiserhöhung durch Verträge und Vereinbarungen gedeckt. Die Preiserhöhung hatte Freitagnacht bei 1&1 Drillisch und der Muttergesellschaft United Internet zu Gewinnwarnungen geführt, die am Montag den Kurssturz beider Aktien auslösten.1&1 kürzte die Prognose für den operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen um 84 Mill. Euro. United erwartet nun ein Betriebsergebnis für 2020 von etwa 1,18 Mrd. Euro statt bislang 1,27 Mrd. Euro. Nur 600 Mill. Euro Gewinn1&1 geht ihrerseits von etwa 600 Mill. Euro statt bislang 684 Mill. Euro aus. Laut Barclay-Analyst Maurice Patrick dürften die laufenden Roaming-Verhandlungen trotz zuletzt positiver Signale nun härter werden. Offenbar reagieren die Investoren an der Börse verärgert über die Hinhaltetaktik von 1&1 und United Internet bei der Veröffentlichung schlechter Nachrichten und betrachten die Gewinnentwicklung als unvorhersehbar. Beide Unternehmen hatten ihre Prognosen noch am 11. August angehoben und senken sie nun schon wieder – allerdings unter Hinweis auf eine Preiserhöhung vom 1. Juli.Gleichwohl befinden sich 1&1 Drillisch und Telefónica Deutschland laut Jefferies-Analyst Ulrich Rathe wohl weiter in konstruktiven Verhandlungen, so dass beide eher taktisch agiert haben könnten. Laut UBS-Analyst Polo Tang ist der Preis pro Gigabyte mit den Spaniern vertraglich fixiert, die Datennutzung steige aber und werde so teurer für die United-Tochter 1&1 Drillisch. Höhere Gebühren für den Zugang zum O2-Netz machten den Aufbau eines eigenen und damit vierten deutschen Mobilfunknetzes durch 1&1 nun umso attraktiver.Berenberg-Analyst Usman Ghazi gibt dagegen Entwarnung: Selbst wenn Drillisch im schlimmsten Fall einen neuen Vertrag zu aktuell ausgehandelten Konditionen akzeptieren müsse, könnten die Senkungen der Gewinnschätzungen teilweise revidiert werden.1&1 bietet Mobilfunktarife bisher an, ohne ein eigenes Netz zu besitzen. Dass das Unternehmen aus Maintal Zugang zum Netz von Telefónica hat, ist noch auf die Fusion von E-Plus mit der Telefónica-Tochter O2 im Jahr 2014 zurückzuführen. Weil die Kartellwächter in Brüssel damals befürchteten, mit nur noch drei Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland werde der Wettbewerb zu schwach ausfallen, machten sie Telefónica die Auflage, bis zu 30 % der Netzkapazität für einen Rivalen zu öffnen. Damit kam 1&1 als vierter starker Mobilfunker ins Spiel.1&1 Drillisch kann seither mit Hilfe des Netzes von Telefónica als vierte Kraft im Mobilfunkmarkt agieren und dabei mit der Netzkapazität von Telefónica frei schalten und walten – nur zu welchem Preis, das liegt eben immer wieder in der Hand von Gutachtern. Alle halbe Jahre können sie von den beiden Vertragspartnern angerufen werden, um einen Schiedsspruch über Preisanpassungen herbeizuführen. Der Rückschlag im Preisstreit trifft 1&1 hart. Das Unternehmen hat sich zwar bei der Auktion der 5G-Lizenzen einen Anteil gesichert und bereitet den Aufbau eines eigenen Mobilfunknetzes vor – aber das dauert noch bis 2021 mindestens. Derzeit hat United Internet den Aufbau des 5G-Netzes, für das teuer Lizenzen eingekauft wurden, auf Eis gelegt. Umso stärker ist 1&1 noch auf den Zugang zum Netz von Telefónica angewiesen. 1&1 Drillisch hat im Streit um das National Roaming die Bundesnetzagentur formell in die Verhandlungen einbezogen.