Produktmangel schwächt Gamesa

Fehlerhaftes Getriebe kostet Siemens-Ableger 69 Mill. Euro - Hoher Jahresverlust - Aktienkurs mit Rekord

Produktmangel schwächt Gamesa

Siemens Gamesa kämpft zum Auftakt des angelaufenen Geschäftsjahres mit dem fehlerhaften Getriebe für eine neue Windrad-Plattform. Der Nettoverlust 2019/20 betrug 918 Mill. Euro. In den neuen Turnus geht der Konzern mit einem Auftragseingang in Rekordhöhe. Der Aktienkurs stieg um 5 %. mic München – Siemens Gamesa muss am Ende eines desaströsen Geschäftsjahres 2019/20 zusätzlich mit einem Produktmangel kämpfen. Der Hersteller von Windkraftanlagen setzte für die Beseitigung der Fehlentwicklung am Getriebe der neuen Plattform SG 4.X im Schlussquartal (30. September) Sonderkosten auf Ebit-Ebene in Höhe von 69 Mill. Euro an. Vorstandsvorsitzender Andreas Nauen erwähnte die Last in der telefonischen Bilanzpressekonferenz nicht, auch die Pressemitteilung ignoriert das Thema.Nachdem die Belastung in einer Analystenkonferenz vom Management kurz erwähnt wurde, erklärte Nauen auf Nachfrage der Kapitalmarktexperten, dass vorsichtshalber ein Bauteil ausgetauscht werde, das hauptsächlich aus eigener Produktion stamme und selbst entwickelt worden sei. Der Austausch sei eine Zwischenlösung. Er rechne damit, dass der letztlich einzusetzende Getriebe-Bestandteil vor Dezember lieferbar sei: “Dann wird die endgültige Höhe der Rückstellung feststehen.” Schadenersatz von Dritten kann Siemens Gamesa dem Vorstandschef zufolge nicht beanspruchen.Der seit Juni amtierende Nauen bezeichnete das zurückliegende Geschäftsjahr als “sehr herausfordernd”. Er verwies auf die Auswirkungen der Pandemie, den Abschwung im Windkraftmarkt Indien und hausgemachte Probleme. Fünf verzögerte Projekte in Nordeuropa, die Sonderkosten in wohl dreistelliger Millionenhöhe verursachten (ein Betrag wurde nicht genannt), seien abgearbeitet.Der Ausblick für Siemens Gamesa bleibe jedoch sehr gut, betonte Nauen. Er begründete dies mit dem Anstieg des Auftragseingangs um 19 % auf den Rekordwert von 14,7 Mrd. Euro. Das Geschäft mit Windkraftanlagen im Meer und mit Service legte gleichermaßen zu, während weniger Aufträge für Anlagen an Land hereinkamen (siehe Grafik). Der Auftragsbestand beträgt 30,2 Mrd. Euro. Einen Marktanteil von 1 % im deutschen Onshore-Markt bezeichnete Nauen als “komplett frustrierend und unakzeptabel”. Der Aktienkurs stieg in Madrid um 5,1 % auf das Rekordhoch von 26,56 Euro. Pandemie schlägt ins KontorIm Geschäftsjahr 2019/20 sank der Umsatz um 744 Mill. Euro auf 9,5 Mrd. Euro. Ursprünglich hatte das Ex-Management eine Bandbreite von 10,2 bis 10,6 Mrd. Euro angepeilt. Die Pandemie habe den Umsatz um 1 Mrd. Euro gedrückt, erklärte Siemens Gamesa. Das deutsch-spanische Unternehmen meldete rote Zahlen auf der Ebene aller Ergebnisgrößen (siehe Tabelle). Sowohl operativ und bereinigt (- 233 Mill. Euro) als auch – trotz einer Steuergutschrift von 100 Mill. Euro – netto (- 918 Mill. Euro) verfehlte der Konzern seine Ziele. Zu Beginn des Geschäftsjahres war eine Ebit-Marge von 5,5 % bis 7 % als Ziel genannt worden, nun betrug sie – 2,5 %. Der Mittelabfluss sorgte dafür, dass der Konzern Nettofinanzschulden ausweist, während bisher Guthaben vorhanden waren.Die Pandemie kostete Siemens Gamesa netto 181 Mill. Euro auf Ebene des bereinigten Ebit. Darüber hinaus addierten sich die Ausgaben für Restrukturierung und Integration auf 462 Mill. Euro, nachdem im Vorjahr 206 Mill. Euro ausgegeben worden waren. Ein Gutteil musste für die Fehleinschätzung des indischen Marktes auf den Tisch gelegt werden. Von diesen 219 Mill. Euro entfielen 126 Mill. Euro auf die Abschreibung von Vorräten – vorproduzierte Windkrafträder wurden nicht mehr nachgefragt. Die Kosten in Europa betrugen 27 Mill. Euro für das Schließen der Fabriken in Aoiz und Aalborg. Für die Integration der zugekauften Senvion sind 22 Mill. Euro angesetzt.Nauen zeigte sich optimistisch für 2020/21: “Wir prognostizieren ein Comeback-Jahr.” Er bestätigte die Vorgaben aus der Dreijahresplanung. Demnach soll der Umsatz in der laufenden Periode auf 10,2 bis 11,2 Mrd. Euro steigen. Die bereinigte Ebit-Marge soll in der Bandbreite zwischen 3 % und 5 % liegen. – Wertberichtigt Seite 8