Profitabilität der Autokonzerne sinkt drastisch
Profitabilität der Autokonzerne sinkt stark
EY-Analyse: Operativer Gewinn der größten Hersteller verringert sich um fast die Hälfte
jh München
Die Nachfrageflaute auf dem Automobilmarkt lastet schwer auf der Profitabilität der Hersteller. In einer Branchenanalyse hat das Beratungsunternehmen EY ermittelt, dass der operative Gewinn der 19 größten Autokonzerne der Welt im Quartal von April bis Juni um 55% abgerutscht ist. Im Jahresverlauf hat sich diese Tendenz verstärkt. Für das erste Halbjahr ergibt sich ein ebenfalls drastischer Rückgang um 49% auf den kumulierten Wert von 42,8 Mrd. Euro.
Ein Ende der Branchenschwäche ist nicht abzusehen. EY-Autoexperte Constantin Gall warnt: „Der Sturm wird nicht abflauen.“ Für viele Hersteller stehe das ganze Geschäftsmodell auf dem Spiel, für einige werde sich mittelfristig sogar die Existenzfrage stellen. Gall nennt eine Reihe von Gründen für die Krise – außer der Konjunktur, den drastisch gestiegenen Importzöllen der USA und der Nachfrage nach Elektroautos, die unter den Erwartungen bleibt: etwa hohe Kosten für die Transformation der Antriebstechnik und für Restrukturierungen. Gall weist darauf hin, dass viele Unternehmen hohe Summen in neue Technologien und Software investiert haben. Nun müssten sie feststellen, „dass für sie ein ,Nur-Elektro‘-Ansatz derzeit noch nicht trägt“. Deshalb tätigten sie jetzt zusätzliche massive Investitionen in neue Generationen von Verbrenner- und Hybridmotoren.
Scharfer Preiskampf
Die Unternehmen trifft die Schwäche freilich unterschiedlich hart. Vier Konzerne weisen für die ersten sechs Monate sogar einen Verlust aus: Renault, Stellantis, Nissan und Mazda. Renault muss den mit Abstand höchsten operativen Verlust von 8,4 Mrd. Euro hinnehmen. Stellantis folgt mit -2,7 Mrd. Euro.
Besser schneiden die drei chinesischen Konzerne ab, die zu den 19 größten der Branche zählen. Der addierte operative Gewinn von Geely, Great Wall Motor und BYD nahm um 1% zu. Allerdings gingen die Umsatzrenditen dieser drei Unternehmen ebenfalls zurück. Der scharfe Preiskampf im chinesischen Markt verschont auch die Größten von ihnen nicht. Global gesehen gelang nur einem Hersteller ein Anstieg der Marge: Suzuki in Japan mit einer operativen Rendite von 10,4% (siehe Grafik).
„In Rekordzeit“
Die chinesischen Wettbewerber profitieren von geringeren Kosten und mehr Tempo. Besonders die jüngste Generation chinesischer Produzenten agiere deutlich schneller, sagt EY-Experte Gall: „Sie ziehen auf der grünen Wiese in Rekordzeit hochautomatisierte Fabriken hoch.“ Und sie entwickelten „einige wenige Modelle – sehr viel schneller und günstiger, als ihre westlichen Wettbewerber es je könnten“. Gall rät diesen, sich auf klar definierte Kundensegmente und auf ein verkleinertes Modellangebot zu konzentrieren.

Den stärksten Margenrückgang im ersten Halbjahr 2025 erlitt Mercedes-Benz. Im Segment Cars (Pkw und Vans für Privatkunden) fiel die Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern auf 5,3 (i.V. 9,9)%. Um Sondereffekte bereinigt ging es auf 6,2 (9,6)% abwärts. Dem Stuttgarter Konzern machen vor allem die Folgen der Kosten eines Abbaus Tausender Arbeitsplätze und der höheren Importzölle der USA zu schaffen. Das unbereinigte Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) rutschte um 55% auf 3,56 Mrd. Euro ab. BMW und Volkswagen hinzugenommen, errechnete EY für die drei deutschen Automobilhersteller einen Rückgang um knapp 38%.
US-Hersteller mit stärkstem Rückgang
Am stärksten fiel die Rentabilität der US-amerikanischen Unternehmen: Deren Ebit verringerte sich um 43%. Das operative Ergebnis von Tesla hat sich im ersten Halbjahr auf 1,2 Mrd. Euro mehr als halbiert. Für Ford ging es noch steiler abwärts: von 2,9 Mrd. auf 854 Mill. Euro. Die Analyse von Umsatz und Absatz ergibt ein ähnliches Ergebnis wie für den Gewinn: Die drei chinesischen Hersteller steigerten den addierte Erlös um 20%, während es für die deutschen um 4% abwärts ging und für die US-amerikanischen um 2%.
Gemessen am Weltmarktvolumen haben BYD, Geely und Great Wall mit einem Umsatz von rund 78 Mrd. Euro weiterhin einen relativ kleinen Anteil von gut 7%. Der Anteil der deutschen Autokonzern liegt mit 292 Mrd. Euro leicht über 27%.
„Abschottung der Märkte“
Auch in der Absatzentwicklung sind die chinesischen Anbieter die einzigen Gewinner mit einem Zuwachs um knapp ein Drittel im ersten Halbjahr. Die Verkaufszahl der deutschen ging um 1% zurück, in China und den USA sogar um jeweils 7%. Nach Ansicht von EY-Experte Gall spiegelt sich in dieser Entwicklung „eine zunehmende Abschottung der Märkte“ wider. „Das ist vor allem ein Problem für die deutschen Autokonzerne, für die die USA und China eine besonders große Bedeutung haben.“ Gall erinnert daran, dass China auf dem Höchststand im Jahr 2020 einen Anteil von 39,4% an den Verkäufen der deutschen Unternehmen hatte. In der ersten Hälfte dieses Jahres waren es nur noch 29,6%.