Kernfusion

Proxima Fusion sammelt 130 Mill. Euro

Für seine Vision einer nahezu unerschöpflichen und CO2-neutralen Energiequelle hat das Münchner Kernfusions-Startup Proxima Fusion eine üppige Geldspritze erhalten. Investoren haben insgesamt 130 Mill. Euro in die Firma gesteckt, die bis 2031 eine erste Demonstrationsanlage vom Typ Stellarator bauen will.

Proxima Fusion sammelt 130 Mill. Euro

Proxima Fusion elektrisiert Investoren

Münchner Energie-Startup sammelt 130 Mill. Euro – Erste Demonstrationsanlage bis 2031 – Gespräche über Standort laufen

Für seine Vision einer nahezu unerschöpflichen und CO2-neutralen Energiequelle hat das Münchner Kernfusions-Startup Proxima Fusion eine üppige Geldspritze erhalten. Investoren haben insgesamt 130 Mill. Euro in die Firma gesteckt, die bis 2031 eine erste Demonstrationsanlage vom Typ Stellarator bauen will.

kro/Reuters Frankfurt

Das Münchner Kernfusions-Startup Proxima Fusion hat in einer Finanzierungsrunde 130 Mill. Euro eingesammelt. Es sei die „größte private Investitionsrunde im Bereich der Fusionsenergie in Europa“, teilte das 2023 als Ausgründung aus dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik entstandene Unternehmen mit. Allerdings hat sich neben zahlreichen privaten Geldgebern auch der 2023 von der damaligen Ampel-Regierung gestartete DeepTech und Climate Fonds (DTCF) beteiligt, der sich teils aus öffentlichen Mitteln speist. Auch die Wagniskapitalgesellschaft des Freistaats Bayern, Bayern Kapital, gehört erneut zu den Geldgebern.

Zu den privaten Investoren zählen die Wagniskapitalgesellschaften Cherry Ventures aus Berlin und Balderton Capital aus London. Sie haben die Runde angeführt. Geld kam zudem unter anderem von UVC Partners aus München, Plural aus London und von der US-Wagniskapitalfirma Leitmotif, in die Volkswagen als Solo-Investor bislang 300 Mill. Dollar gesteckt hat.

Insgesamt verfügt Proxima Fusion nach eigenen Angaben nun inzwischen über mehr als 185 Mill. Euro an öffentlichen und privaten Mitteln. Damit könne die Firma, die derzeit mehr als 80 Mitarbeitende beschäftigt, ihre „Mission, das weltweit erste kommerzielle Fusionskraftwerk auf Basis eines Stellarator-Designs zu bauen, weiter vorantreiben“. Bis 2031 soll eine erste Demonstrationsanlage in Betrieb gehen – der Standort steht allerdings noch nicht fest. Es würden derzeit mit mehreren Landesregierungen in Deutschland sowie europaweit Gespräche geführt, sagte ein Sprecher.

Schwarz-Rot will ersten Reaktor

Kernfusion gilt als großer Hoffnungsträger im Bereich der künftigen, CO2-freien Stromversorgung. Mit der Technologie soll ein in der Sonne und anderen Sternen stattfindender physikalischer Prozess auf der Erde in speziellen Kraftwerken nachgeahmt werden. Dabei wird durch die Verschmelzung von Atomkernen unter hohem Druck und unter hohen Temperaturen Energie freigesetzt. In der Theorie könnte dies künftig eine nahezu unerschöpfliche und grundlastfähige (also ohne Unterbrechungen laufende) Energiequelle darstellen.

Bislang ist die Technologie noch nicht über das Forschungsstadium hinausgekommen. Das internationale Rennen um das erste funktionstüchtige und wirtschaftliche Fusionskraftwerk ist dennoch im Gange, weswegen Deutschland und andere Länder die Forschungen auch mit hohen öffentlichen Mitteln vorantreiben. So arbeiten derzeit insgesamt 35 Nationen in Südfrankreich am Fusions-Forschungsreaktor ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor), für den bis zur Fertigstellung mit einem Investitionsvolumen von 17 Mrd. Euro gerechnet wird. Damit ist es nicht nur das weltweit größte, sondern auch teuerste Fusionsprojekt der Welt. An dem Projekt sind die Mitgliedstaaten der EU, die USA, Japan, Südkorea, Indien, Russland und China beteiligt.

Die Länder haben freilich auch nationale Ambitionen: In Deutschland hat etwa die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel ausgerufen, dass der erste Fusionsreaktor der Welt in der Bundesrepublik stehen soll.

Magnete vs. Laser

Derzeit sind hierzulande vier Startups in der Fusionsforschung aktiv: Neben Proxima Fusion gehören dazu noch Gauss Fusion aus Hanau, Marvel Fusion aus München und Focused Energy Darmstadt. Die Unternehmen verfolgen dabei unterschiedliche technologische Ansätze: Proxima Fusion und Gauss Fusion setzen auf die sogenannte Magnetfusion, bei der heißes Plasma magnetisch eingeschlossen wird. Der Stellarator und der sogenannte Tokamak sind die zwei gängigsten Reaktortypen für die Magnetfusion.

Eine der weltweit größten Forschungsanlagen vom Typ „Stellarator“ befindet sich in Greifswald. Der Reaktor mit dem Namen „Wendelstein 7-X“ wird vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik betrieben – die Arbeiten von Proxima Fusion bauen auf dieser Experimentieranlage auf. Balderton-Investor Daniel Waterhouse glaubt fest an diesen Reaktortypen: „Stellaratoren sind nicht nur der technologisch praktikabelste Ansatz für die Fusionsenergie – sie sind die Kraftwerke der Zukunft, die Europa in eine neue Ära sauberer Energie führen können", sagte er.

Marvel Fusion und Focused Energy dürften das anders sehen. Die Proxima-Konkurrenten setzen auf die laserbasierte Trägheitsfusion, bei der Brennstoffkügelchen mit Laserstrahlen beschossen werden, wodurch eine Fusionsreaktion ausgelöst werden soll. Die Technologie ist zwar noch nicht ganz so intensiv erforscht wie die Magnetfusion. Im März hatte Marvel Fusion dennoch mit Siemens Energy einen gewichtigen strategischen Investor gewonnen und bei der damaligen Series-B-Finanzierungsrunde insgesamt 113 Mill. Euro eingesammelt.

Zu einer weiteren größeren Finanzierungsrunde in der europäischen Fusionstechnologie kam es im November 2024. Das britische Unternehmen Tokamak Energy, das – wie der Name verrät – an der Entwicklung eines Fusionsreaktors vom Typ Tokamak arbeitet, hatte damals 125 Mill. Dollar eingesammelt. Zu den Geldgebern gehörten die italienische Gründerfamilie Agnelli mit ihrer Investmentfirma Agnelli. Der in der Schweiz lebende Capri-Sun-Milliardär Hans-Peter Wild hat ebenfalls schon Geld in die Firma gesteckt. Zu den bekanntesten Fusions-Unternehmen in den USA zählt darüber hinaus die 2013 gegründete und unter anderem von OpenAI-Chef Sam Altman finanzierte Firma Helion Energy, die Anfang des Jahres 425 Mill. Dollar eingesammelt hat und dabei mit 5,4 Mrd. Dollar bewertet wurde.