Schwächelnde Nachfrage

Rabattschlacht lastet schwer auf Gewinn von Tesla

Die Rabattschlacht der vergangenen Monate drückt Gewinn und Marge von Tesla schwerer als an der Wall Street befürchtet. CEO Elon Musk befindet sich gegenüber Investoren bezüglich seiner Wachstumsstrategie nun zunehmend in Erklärungsnot.

Rabattschlacht lastet schwer auf Gewinn von Tesla

Rabatte lasten schwer auf Gewinn von Tesla

Operative Marge sackt auf Niveau traditioneller Autobauer ab – Druck auf Musk wächst – Gesamtbranche ringt mit schwächelnder Elektroauto-Nachfrage

xaw New York

Umfangreiche Rabatte und eine schwächelnde Nachfrage haben Tesla im dritten Quartal einen schwereren Gewinneinbruch beschert als erwartet. Der den Stammaktionären zurechenbare Überschuss des E-Autobauers sackte im Vergleich zur Vorjahreszeit um 44% auf 1,85 Mrd. Dollar ab, Analysten hatten im Konsens lediglich mit einem Rücksetzer um 34% gerechnet. Das Umsatzwachstum von 9% auf 23,35 Mrd. Dollar blieb ebenfalls hinter den an der Wall Street herumgereichten Prognosen zurück.

Nach mehreren Jahren mit rasantem Wachstum wird das Umfeld für Tesla zunehmend herausfordernder. Vermeldete der Elektroautobauer im zweiten Quartal noch einen Absatzrekord, gingen die Auslieferungen von Juli bis September im Vergleich zum vorangegangenen Vierteljahr um 6,7% auf 435.059 Stück zurück. Die schwache Absatzentwicklung beim Vorreiter werten Analysten als Beleg für eine abflachende Nachfrage nach batterieelektrischen Modellen, die sich in der gesamten Branche niederschlägt.

Lagerbestände türmen sich auf

Zwar haben die Elektroautoverkäufe in den USA zwischen Jahresbeginn und Ende September um 51% zugelegt, gegenüber der Vergleichszeit im Vorjahr ist der Absatz damit aber deutlich langsamer gewachsen. Im Gegensatz zu 2022, als die Hersteller teils lange Wartelisten für E-Modelle führten, beginnen sich nun Lagerbestände aufzutürmen.

Ford F-150 Lightning vor Händlerfiliale in New Hampshire: Die Verkäufe des Elektro-Pick-ups sind zuletzt scharf zurückgegangen. Foto: AP Photo/Charles Krupa

Mehrere Hersteller haben zuletzt ihre Erwartungen bezüglich eines anhaltenden E-Auto-Booms zurückgeschraubt. Bei Ford bildet die verlustgeplagte Sparte Model E einen Bremsblock für den Gesamtkonzern. Zwischen Juli und September stieg der Absatz der Geschäftseinheit mit 14,8% langsamer als in den Vorquartalen. Die Verkäufe der E-Variante des Pick-ups F-150 Lightning stachen mit einem Einbruch um 45,8% negativ hervor – obwohl der Konzern die Einstiegspreise im Juli um fast 10.000 Dollar senkte. Angesichts dieser Schwäche stutzt Ford auch die Produktionsziele zurecht: Der Konzern verkündete Ende Juli, bis Jahresschluss 2024 die Marke von 600.000 E-Autos pro Jahr erreichen zu wollen – eigentlich hatte er diese für 2023 angepeilt.

GM dampft Ambitionen ein

Auch General Motors dampft die eigenen Ambitionen bereits ein. Nun teilte der Konzern mit, dass in seinem Orion-Werk bei Detroit von Ende 2025 an elektrische Versionen des Chevrolet Silverado und des GMC Sierra vom Band rollen sollen – ein Jahr später als zuvor geplant.

Das schleppende Interesse an E-Modellen geht mit hohem Preisdruck einher. Für einen neuen batterieelektrisch angetriebenen Wagen zahlten US-Kunden laut dem Kfz-Dienstleister Cox Automotive im September durchschnittlich 50.683 Dollar. Zu Jahresbeginn lagen die Preise im Mittel über 58.000 Dollar. Insbesondere Tesla versucht, die Nachfrage durch großvolumige Discounts zu stimulieren, die US-Startpreise für die Modelle des in Texas ansässigen Unternehmens sind im laufenden Jahr um rund ein Drittel gefallen.

Operative Kosten steigen

Die Rabattschlacht lastet indes schwer auf der Profitabilität, die Tesla-Chef Elon Musk nach eigenen Aussagen dem Absatzwachstum unterordnet. Die operative Marge von Tesla, in der Vorjahreszeit noch bei 17,2%, ist im dritten Quartal auf 7,6% gefallen und liegt nunmehr in der gleichen Region wie die Umsatzrentabilität vieler traditioneller Autobauer. Neben den Discounts schlagen sich darin auch steigende operative Kosten nieder.

Tesla hebt zur Begründung den Cybertruck hervor, dessen Produktion in der Gigafactory in Texas im Juli anlief. Ab dem 30. November sollen die Auslieferungen des Elektro-Pick-ups beginnen. Zum nennenswerten Stabilisator für den Absatz dürfte das Modell aber kurzfristig nicht werden: Selbst Musk räumt ein, dass das komplexe Design des Cybertruck es enorm erschwere, die Produktion hochzufahren. Bis das Modell signifikant positiv zum Cashflow beitrage, könne es noch ein bis anderthalb Jahre dauern.

Ein Cybertruck von Tesla in einem Automobilmuseum in Los Angeles. Foto: Dylan Stewart/Image of Sport via Newscom picture alliance

Die Tesla-Aktie setzte im frühen New Yorker Handel am Donnerstag scharf zurück. Investoren fordern vom CEO indes zunehmend nachdrücklich Erklärungen ein, wie er seine Wachstumsambitionen erfüllen und die Margen zugleich nicht in eine dauerhafte Abwärtsspirale schicken will. Im Schlussquartal muss Tesla global Fahrzeuge verkaufen, um das eigene Auslieferungsziel von 1,8 Millionen Stück im Gesamtjahr zu erreichen. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass Tesla in China mit einem zunehmend härteren Wettbewerb und Preiskampf konfrontiert ist. Insbesondere der chinesische Autobauer BYD sägt am Thron von Tesla als nach Absatz global führendem Elektroautohersteller.

Autonomes Fahren als Hoffnungswert

Musk versucht unterdessen, Anlegern seine Vision von Tesla als Software-Unternehmen näherzubringen. Gerade im autonomen Fahren sieht der Milliardär den Wertschöpfungstreiber der Zukunft. An der Einsatzbereitschaft des Autopiloten von Tesla bestehen allerdings erhebliche Zweifel. Bereits im Februar warnten US-Regulatoren, der Tesla-Fahrassistent „Full Self Driving Beta“ könne „das Risiko eines Unfalls erhöhen, sofern der Fahrer nicht eingreift“. Der Hersteller sah sich darauf zu umfassenden Software-Updates gezwungen. Zudem wurden im Mai Inhalte aus mutmaßlich internen Dokumenten bekannt, die Tausende Kundenbeschwerden zu den Assistenzsystemen des Unternehmens beinhalten sollen.

Im Sommer wurde Tesla von Mercedes-Benz überholt. Die Stuttgarter erhielten mit ihrem System „Drive Pilot“ im Juni als erster Autohersteller die behördliche Zulassung für autonomes Fahren des dritten Levels auf ausgewählten kalifornischen Autobahnen. Dies galt als schmerzhafte Niederlage für Tesla, bildet der Westküstenstaat doch einen der wichtigsten Märkte des Unternehmens. Für Musk dürfte die Erklärungsnot gegenüber Investoren nach Ansicht vieler Analysten damit noch wachsen.

Der Nettogewinn von Tesla ist im dritten Quartal schwerer eingebrochen als an der Wall Street erwartet. Umfangreiche Rabatte lasten auf der Profitabilität des Unternehmens – zugleich verpufft ihr Effekt auf die Nachfrage inzwischen. CEO Elon Musk befindet sich gegenüber Aktionären zunehmend in Erklärungsnot.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.