Reform des Arzneimittelrechts sorgt weiter für Kritik
EU-Pharmapaket sorgt weiter für Kritik
Arzneimittelrecht
kro Frankfurt
Während Donald Trump in den USA die hohen Medikamentenpreise in den Griff kriegen will, werkelt die EU gerade an ihrer eigenen Arzneimittelreform. Die Ziele sind allerdings ganz andere – und ziemlich bunt gemischt: Die Kommission will Innovationen in der Region fördern, den Medikamenten-Zugang für Patienten verbessern, Lieferengpässe verhindern und die Antibiotika-Entwicklung vorantreiben.
Den Vorschlag für das „EU-Pharmapaket“ hat die Kommission bereits 2023 vorgelegt. Im April 2024 stimmte das Parlament zu und im Juni dieses Jahres hat sich der EU-Rat auf seinen Standpunkt festgelegt. Nun wird um den Abschluss des Pakets verhandelt – dessen Inhalte aber schon länger von verschiedenen Akteuren kritisiert werden. So stört sich etwa der deutsche Verband der forschenden Pharmaunternehmen vfa an einer von der Kommission vorgeschlagenen Verkürzung des Unterlagenschutzes für neue Arzneimittel. Diese soll Wettbewerbern einen früheren Markteintritt mit günstigeren Nachahmerprodukten ermöglichen. Aus Sicht des vfa werde Europas Innovationskraft dadurch allerdings geschwächt, da sich Unternehmen mit ihren Forschungsprojekten möglicherweise für einen anderen Standort entscheiden könnten.

Auch der Vorstoß zur Einführung eines Gutschein-Systems für Pharmaunternehmen, die neue Antibiotika entwickeln, findet nicht überall Beifall. Die Firmen sollen mit diesen Gutscheinen das Recht erhalten, die Marktexklusivität eines Arzneimittels ihrer Wahl zu verlängern. Der Europäische Verbraucherverband BEUC fürchtet allerdings, dass die Unternehmen die Gutscheine für besonders teure Medikamente verwenden. Das, so der BARC, könnte die Kosten für die Gesundheitssysteme in der EU in die Höhe treiben.
Klassisches Marktversagen
Laut Schätzungen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) kam es allein im Jahr 2020 im europäischen Wirtschaftsraum zu mehr als 35.000 Todesfällen, die im Zusammenhang mit Antibiotika-Resistenzen standen. Weltweit waren es Millionen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO erklärte solche multiresistenten Keime, deren Entwicklung durch den übermäßigen Gebrauch von Antibiotika in der Humanmedizin und der Nutztierhaltung beschleunigt wird, im Jahr 2019 zu einer der zehn größten globalen Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit.
Es braucht daher dringend neue Antibiotika. Weil deren Einsatz aber mittlerweile sehr restriktiv gehandhabt wird, rechnet sich die kostenintensive Entwicklung für Pharmaunternehmen oft nicht mehr. Viele Konzerne wie Novartis, Sanofi und AstraZeneca sind deswegen in den vergangenen Jahren aus der Antibiotikaforschung ausgestiegen.