Restrukturierer wünschen sich spezialisierte Gerichte
Restrukturierer wünschen sich spezialisierte Gerichte
Restrukturierer wünschen sich spezialisierte Gerichte
Einzelne Standorte haben oft nur wenig Erfahrung mit Insolvenzen und StaRUG – Hohe Auslastung bei Beratern
sar Frankfurt
Wer sich als Berater, Banker oder Juristin mit Restrukturierungen befasst, kann sich vor Aufträgen gerade kaum retten. Das zeigt eine Mitgliederbefragung der Gesellschaft für Restrukturierung TMA Deutschland, die Vorstandsmitglieder des Verbands am Mittwoch vor Journalisten in Frankfurt präsentiert haben. Mehr als 90% der gut 100 Teilnehmer schätzen die Zahl der Restrukturierungen bereits als hoch oder sehr hoch ein, dennoch gehen 98% von einem weiteren Anstieg in den kommenden zwölf Monaten aus.
Als besonders gefährdet gilt die Automotive-Branche, deren Krisenanfälligkeit alle Befragten als hoch oder sehr hoch einstufen. „Das ist schon ein extremer Wert“, sagt Rainer Bizenberger, Managing Director bei Alix Partners und Co-Leiter des TMA-Facharbeitskreises Restrukturierungsberatung
Straffer Zeitplan
Herausfordernd wird es, wenn die Krise in ein Insolvenzverfahren oder in ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren (StaRUG) mündet und Gerichte involviert werden. Gerade beim StaRUG seien die Erfahrungswerte noch gering, sagt Nadja Raiß, Partnerin der Kanzlei K&L Gates und Mitglied im erweiterten Vorstand der TMA. „Mit dem Verfahren sollen hochkomplexe Finanzierungsstrukturen gelöst werden, aber es gibt ein Gefälle“, sagt sie. Während das Unternehmen mit einer Schar an Beratern anrücke, stehe das Gericht oft vor dem ersten StaRUG-Fall überhaupt. „Man kann das den Richtern keinesfalls vorwerfen“, betont Raiß. „Während Berater für die Mandanten seit Wochen an dem Thema arbeiten, soll das Gericht binnen kurzer Zeit 200-seitige Dokumente durchdringen und Entscheidungen treffen. Das ist kaum leistbar.“

Häufig hätten Richter das StaRUG zudem als zusätzliches Aufgabengebiet bekommen, allerdings ohne zusätzliche Planstelle. Da die meisten StaRUG-Fälle nicht öffentlich sind, ist es schwer, gezielt Rat bei Kollegen mit mehr Erfahrung einzuholen. Ein Kritikpunkt der Restrukturierer ist die kleinteilige gerichtliche Struktur. 2024 wurden an den 24 deutschen Restrukturierungsgerichten insgesamt 84 Verfahren angezeigt.
Wenig Erfahrung mit StaRUG
Die Folge davon: „Selbst große Gerichtsstandorte bearbeiten in der Regel maximal zwei oder drei Fälle im Jahr“, sagt Oliver Kehren, Managing Director bei Morgan Stanley und Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der TMA. Er plädiert dafür, StaRUG-Sanierungen und Insolvenzen bei einem spezialisierten Gericht zu konzentrieren, damit die Richter Erfahrung und Spezialwissen in diesen Themen aufbauen können.
Auch bei Insolvenzverfahren greift in Deutschland eine lokale Zuteilung. Für den Antrag ist in der Regel das Amtsgericht zuständig, in dessen Gerichtsbezirk das betroffene Unternehmen seinen Sitz hat. „Wenn man diese Themen fachlich bündeln würde, könnte man die dafür zuständigen Richter auch zielgerichteter weiterbilden“, sagt Kehren. Eine umfassende Breitenschulung zu Spezialthemen wie dem StaRUG sei derzeit nicht wirtschaftlich. „Man würde dann vermutlich auch viele Richter weiterbilden, die in ihrer gesamten Laufbahn gar keinen StaRUG-Fall bearbeiten.“
