Restrukturierung

Rettungsschritte für insolvente Gigaset auf chinesische Art

Nach einer Rettung fürs operative Geschäft durch den vereinbarten Einstieg eines chinesischen Investors sucht der pleitegegangene Schnurlostelefonhersteller auch um eine Lösung für die AG. Der Insolvenzverwalter verhandelt darüber mit einem Interessenten ebenfalls aus Fernost.

Rettungsschritte für insolvente Gigaset auf chinesische Art

Rettungsversuche für insolvente Gigaset

Chinesen sind im Spiel um Lösungen für den Schnurlostelefonhersteller

sck München

Gigaset wagt einen Neustart. Mehr als vier Monate nach der angekündigten Pleite und über einen Monat nach Beginn des Regelinsolvenzverfahrens für die AG hat ein chinesischer Investor einen Rettungsring für den Schnurlostelefonhersteller mit Hauptsitz in Bocholt geworfen. Das einst in München ansässige Unternehmen teilte dieser Tage ad hoc mit, dass das Technologieunternehmen VTech aus Hongkong „wesentliche Vermögenswerte“ der Tochtereinheit Gigaset Communications GmbH übernehmen werde. Der Verkauf an die VTech-Tochter Snom Solutions mit Sitz in Berlin soll bis Anfang April abgeschlossen sein. Damit hat sich vorerst eine Lösung für den operativen Geschäftsbetrieb gefunden. VTech will die zuletzt in einem Insolvenzverfahren in Eigenregie befindliche Gigaset Communications mit eigenen Mittel sanieren. Von den über 800 Konzernmitarbeitern dürfen rund 200 ihren Arbeitsplatz verlieren.

Trotz dieses Einschnitts ist das für das Management von Gigaset ein Teilerfolg in der Restrukturierung nach relativ kurzer Zeit. „Auf dieser Basis“ erfolge die „Neuausrichtung und wirtschaftliche Zukunftssicherung“ der operativen Aktivitäten, verkündete die Firma. Ende Oktober begann Vorstandschef Magnus Ekerot mit der Suche nach einem Investor, um das in eine Schieflage geratene Unternehmen ins Lot zu bringen. Der zuvor vom zuständigen Amtsgericht Münster bestellte Insolvenzverwalter Markus Wischemeyer von der Kanzlei White & Case und der Gläubigerausschuss unterstützten dieses Vorhaben, welches nun gelungen zu sein scheint. Gigaset befand sich seit 2008 mehrheitlich im Eigentum des chinesischen Kaufmanns und Investors Sutong Pan. Es handelt sich somit um eine Lösung, bei der vor allem Chinesen involviert sind.

Auf Penny-Stock-Niveau

Ende September 2023 meldete Gigaset Insolvenz an wegen Zahlungsunfähigkeit. Wischemeyer verwaltet offiziell seit Beginn dieses Jahres die AG, bis dahin war der Jurist vorläufig bestellt. Die Firma begründete die Pleite mit unerwarteten Umsatzeinbrüchen. Das habe die Liquidität deutlich geschmälert. Der Anfang 2023 von Bosch gekommene CEO Ekerot machte für die Misere das frühere Management mitverantwortlich. Gigaset sei es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, den Rückgang im Kerngeschäft mit Schnurlostelefonen mit neuen Angeboten zu kompensieren. Das Unternehmen probte zeitweise den Einstieg ins hart umkämpfte Smartphone-Geschäft. Ekerot folgte auf Klaus Weßing, der in den Ruhestand wechselte. Vor drei Jahren verlegte die Gigaset AG ihren Verwaltungssitz an den Produktionsstandort Bocholt.

Nach der Pleitemeldung im Frühherbst 2023 brach die Gigaset-Aktie um nahezu drei Viertel ein. Auf Tradegate notierte das Papier derzeit bei 5 Cent. Das entspricht einem Marktwert von nur noch 7 Mill. Euro. Der Titel notiert seit 2012 auf Penny-Stock-Niveau.

Lösung für AG offen

Derweil wird auch an einer Lösung aus Fernost für die AG gearbeitet. Jüngst teilte Gigaset ad hoc mit, den Vorstand um fünf weitere Personen übergangsweise zu erweitern. Ekerot bleibe CEO. Als Grund dafür gab die Firma Gespräche zwischen Wischemeyer und dem Finanzinvestor Gold Gear aus Singapur an. Dabei gehe es „um eine mögliche Investorenlösung zur Vorlage eines Insolvenzfahrplans“ an die Gläubiger der AG. Der Ausgang dieses Schritts ist noch offen, wie das Unternehmen selbst einräumte.

Die einst zu Siemens gehörende Adresse schockierte die Anleger zuvor mit einer Serie von Umsatz- und Ergebniswarnungen. Anfang September 2023 senkte Gigaset ihre Jahresprognose. In der ersten Hälfte des Vorjahres verbuchte das Unternehmen einen Verlust von 11 Mill. Euro bei Erlösen von 108 Mill. Euro. Dem gingen mehrere gescheiterte Umbauversuche verschiedener Vorstände voraus. Gigaset setzten zuletzt die hohe Inflation und die schwache Konjunktur zu.

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