Pharmariese

Roche erhöht den Wetteinsatz

Roche ist in der Rangliste der wertvollsten Pharmakonzerne der Welt in die hinteren Ränge zurückgefallen. Die Schweizer versuchen ihre derzeitige Wachstumsflaute mit einer verstärkten Übernahmetätigkeit zu überwinden. Mit der zweiten Großakquisition binnen zwei Monaten erhöht CEO Thomas Schinecker den Einsatz beträchtlich.

Roche erhöht den Wetteinsatz

Roche erhöht den Wetteinsatz

Die Basler versuchen mit einer weiteren Übernahme im Multimilliarden-Geschäft gegen Fettleibigkeit Fuß zu fassen

Roche ist in der Rangliste der wertvollsten Pharmakonzerne der Welt in die hinteren Ränge zurückgefallen. Die Schweizer versuchen ihre derzeitige Wachstumsflaute mit einer verstärkten Übernahmetätigkeit zu überwinden. Mit der zweiten Großakquisition binnen zwei Monaten steigt der Einsatz beträchtlich.

dz Zürich

Roche ist in der Weltrangliste der wertvollsten Pharmakonzerne binnen nur zwei Jahren weit aus den Medaillenrängen gefallen. Nun sehen sich die Basler gezwungen, den Wetteinsatz abermals zu erhöhen, um rasch wieder an die Spitze zurückzukehren.

Nur zwei Monate nachdem sich Roche zum Preis von mehr als 7 Mrd. Dollar in den Markt für chronische Darmentzündungen eingekauft hat, kündigt der Konzern bereits die nächste Milliardenübernahme an. Rund 3 Mrd. Dollar will man sich den Erwerb des kalifornischen Forschungsunternehmens Carmot kosten lassen. Es hat sich mit der Gründung vor 15 Jahren die Entwicklung besonderer Moleküle zur Bekämpfung von Fettleibigkeit auf die Fahne geschrieben. Damit liegt Carmot voll im Trend. Die amerikanische Eli Lilly und die dänische Novo Nordisk sind die bisher einzigen beiden Pharmakonzerne, welche die Eigenschaften besonderer Verdauungshormone, genannt Inkretine, chemisch nachbilden und in marktfähige Medikamente zur Behandlung von Adipositas verwandeln können.

Die Wirkung dieser Moleküle, die man aus den gängigen Therapien gegen Alterszucker (Diabetes 2) schon länger kennt, ist bahnbrechend. In ungezählten Fachzeitschriften sind Stimmen von Ärzten nachzulesen, die der neuartigen Therapie das Potenzial eines Gewichtsverlustes von 15% bis 20% zubilligen. Die Nachfrage ist so hoch, dass sie die beiden Anbieter nicht vollständig decken können.

Inzwischen führt Eli Lilly die Weltrangliste der wertvollsten Pharmafirmen mit einer Marktkapitalisierung von 554 Mrd. Dollar an, gefolgt von Novo Nordisk mit 450 Mrd. Dollar. Roche folgt erst auf Rang 6 mit 225 Mrd. Dollar. Seit 2022 haben die Basler Einbußen in Milliardenhöhe aus den rückläufigen Verkäufen von Coronatests zu verkraften. Gleichzeitig setzt sich die Kontraktion der einstigen Flaggschiff-Krebsmedikamente Avastin, Herceptin und Rituxan fort, weil entsprechende Patente ablaufen.

Roche-Chef Thomas Schinecker betont zwar unablässig das enorme Wachstumspotenzial, das im bestehenden Medikamenten-Portefeuille von Roche nach wie vor bestehe und von der Börse unterschätzt werde. Doch offensichtlich will sich das familienbeherrschte Unternehmen nicht mehr allein auf die eigene Forschungspipeline verlassen.

Schinecker räumt ein, dass es dem Konzern an einem ausreichenden Nachschub an Substanzen in der letzten Phase der klinischen Forschung (Phase III) fehle. Er sieht auch gewisse Unzulänglichkeiten in der Fokussierung der eigenen Forschung auf Projekte, die das Potenzial haben, höchste Standards in den entsprechenden Therapiegebieten zu setzen ("Best in Class"). Vor diesem Hintergrund schleift er die Effizienz der eigenen Forschung und versucht dieser gleichzeitig Impulse durch Zukäufe zu geben.

Hinter der Bezeichnung "CT-388" verbirgt sich auch im Portefeuille von Carmot ein Molekül, das nach Einschätzung von Roche ein "Best-in-Class-Profil" aufweist. Doch das Molekül steht erst am Beginn der zweiten klinischen Entwicklungsphase. Bis daraus ein marktfähiges Medikament entsteht, wird noch einige Zeit vergehen. Das Potenzial für wirksame Therapien gegen Fettleibigkeit wird derzeit auf gegen 100 Mrd. Dollar geschätzt. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass es in dem Markt bald einmal zu einem Gedränge mit sinkenden Preisen kommen wird. Es wäre auch keine Überraschung, wenn die Zulassungsbehörden bei steigendem Andrang restriktiver würden. Womöglich lässt sich Carmot deshalb von Roche übernehmen, statt – wie geplant – an die Nasdaq zu gehen.

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