ESG

Sainsbury-Aktionäre lehnen Mindestlohn­initiative ab

Die Anteilseigner der Supermarktkette Sainsbury’s wollen nicht, dass sich das Unternehmen als „Living Wage“-Arbeitgeber zertifizieren lässt. Viele halten sich viel auf ihre ESG-Kriterien zugute.

Sainsbury-Aktionäre lehnen Mindestlohn­initiative ab

hip London

Auf der Hauptversammlung des britischen Einzelhändlers J Sainsbury haben sich lediglich 16,69 % des anwesenden Kapitals für eine Zertifizierung als „Living Wage“-Arbeitgeber ausgesprochen. Dabei sind zahlreiche institutionelle Anleger unter den Aktionären, die sich viel auf ihre ESG-Kriterien zugutehalten. Wie die Mutter der Supermarktkette Sainsbury’s mitteilte, votierten 83,31 % gegen den Antrag, der von Share Action eingebracht worden war. „Wir sind enttäuscht, dass ein großer Teil der Aktionäre sich dafür entschieden hat, der kurzfristigen Rendite gegenüber dem echten langfristigen Problem, der wachsenden Ungleichheit in der Gesellschaft, den Vorzug zu geben“, sagte Rachel Hargreaves, die bei Share Action für die Kampagne verantwortlich zeichnet.

Mehr als 11 000 Firmen haben sich bereits zur Zertifizierung durchgerungen, da­run­ter auch Einzelhändler wie Lush oder Ikea. Sie zahlen nicht nur den gesetzlichen Mindestlohn, sondern ein existenzsicherndes Minimum, das sich an den Maßstäben der Living Wage Foundation orientiert. Derzeit sind das 9,90 Pfund pro Stunde landesweit und 11,05 Pfund pro Stunde in London. Zu den Unterstützern der Resolution gehören institutionelle Anleger wie Aviva und Coutts & Co. Die in Sachen ESG sehr aktive Schroders hatte dagegen schon vorab angekündigt, gegen den Antrag zu stimmen. Viele Mitarbeiter von Sainsbury’s in Großbritannien hätten bereits den „Real Living Wage“ erhalten, als der Antrag von Share Action eingebracht wurde, begründete Kimberley Lewis, Head of Active Ownership bei Schroders, diese Entscheidung. Im April habe das Unternehmen nach einem Dialog mit Schroders und anderen angekündigt, die Löhne der verbliebenen Mitarbeiter auf das Niveau des von der Stiftung ermittelten Existenzminimums an­zuheben. Zudem habe sich bislang kein britischer Supermarktbetreiber als „Living Wage“-Arbeitgeber akkreditieren lassen.

„Wir glauben, dass das die Fähigkeit von Sainsbury’s, wettbewerbsfähig zu bleiben, beeinträchtigen könnte, insbesondere in diesem Umfeld“, schrieb Lewis. Es könne es etwa schwieriger machen, die Preise von Grundnahrungsmitteln niedrig zu halten. „Das könnte am Ende für Mitarbeiter, Kunden und Anleger schlimmer sein“, lautete ihr Fazit.

Die Abstimmung bei Sainsbury’s sei für die laufende ESG-Debatte von großer Bedeutung, schrieb Lewis. „Es ist ein Test dafür, ob wichtige Nuancen in diesen Diskussionen gehört werden.“

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