Stahlkonzern

Salzgitter stärkt Substanz in Rekordjahr

Der Stahlkocher Salzgitter sieht sich nach dem höchsten Halbjahresgewinn gestärkt. Der Preisauftrieb bei Produkten ist aber vorbei. Der Konzern warnt vor einer längerfristigen Minderung der Gaszufuhr.

Salzgitter stärkt Substanz in Rekordjahr

ste Hamburg

Der Stahlkonzern Salzgitter hat mit 970,5 (i.V. 305,7) Mill. Euro seinen bislang höchsten Halbjahres-Vorsteuergewinn verbucht und bei der Vorlage des Zwischenberichts zum 30. Juni die zuletzt im Juni erneut angehobene Prognose für 2022 untermauert. Das Ergebnis des zweiten Quartals von 505,2 (188,4) Mill. Euro übertraf Analystenerwartungen. Zwar steht für das zweite Halbjahr eine deutlich verlangsamte Gewinnentwicklung ins Haus – der Vorsteuergewinn im Gesamtjahr wird bei einem Umsatz von 13 (9,8) Mrd. Euro zwischen 1 und 1,2 Mrd. (706 Mill. ) Euro erwartet. Dennoch legte die Salzgitter-Aktie, die im bisherigen Jahresverlauf 19% eingebüßt hat, am Donnerstag um 3% auf 25,92 Euro zu.

Ursächlich für den Gewinnschub im ersten Halbjahr war der enorme Preisauftrieb bei Flachstahl-Produkten, im Bereich Grobblech, aber auch im Handel. Die rund 30-prozentige Beteiligung am Hamburger Multimetallanbieter Aurubis trug mit 84 Mill. Euro zum Gewinn bei. Der Halbjahresgewinn sei aber nicht auf das Gesamtjahr hochzurechnen, so Finanzvorstand Burkhard Becker im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Der Preis-Hype, der sich auch nach Beginn des Kriegs in der Ukraine entwickelte, ist vorüber, wir kommen zurück zu einer Normalisierung der Preisniveaus.“ Der Ausblick auf das zweite Halbjahr sei in Anbetracht der globalen Einflüsse verhaltener, man vertrete die aktuelle Jahresprognose aber „mit fester Stimme“.

Der Finanzchef verwies auf die Kostenexplosion bei Rohmaterialien, Energie und Logistik, die die Industrie in diesem Jahr treffe und auch Salzgitter beschäftige. Verglichen mit dem ersten Halbjahr 2021 seien die Materialkosten um 1,4 Mrd. auf 4,3 Mrd. Euro gestiegen. Der Konzern habe diesen Anstieg aber verkraftet. „Wir haben zugleich 2,2 Mrd. Euro mehr Umsatz erwirtschaftet und eine Ergebnisverbesserung von 665 Mill. Euro erzielt.“ Für das zweite Halbjahr geht Becker mit Verweis auf die Beruhigung bei der Rohstoffpreisentwicklung von geringeren zusätzlichen Belastungen auf der Kostenseite aus. „Die Sonderkonjunktur für unsere Branche hat ihren Höhepunkt überschritten.“

Becker betonte, das erreichte Ergebnis stärke das Unternehmen. „Das sieht man am Eigenkapital, das um 1,4 Mrd. Euro gestiegen ist – zum einen auf Basis des gestiegenen Nettogewinns, zum anderen durch eine Entlastung bei den Pensionen, die höher abgezinst werden.“ Zudem gehe man nach Freigabe der größten Investition seit dem Salzgitter-Börsengang 1998 durch den Aufsichtsrat am 13. Juli an die Umsetzung der ersten Ausbaustufe des Konzernprogramms „Salcos“ zur Dekarbonisierung der Stahlerzeugung. Die Freigabe von Eigenmitteln in Höhe von 723 Mill. Euro ist Teil von insgesamt 1,5 bis 2 Mrd. Euro für die erste Ausbaustufe bis 2025. Ziel von Salcos ist es, bis 2033 komplett auf eine CO2-arme Rohstahlproduktion umzustellen. Dafür sind Investitionen von insgesamt 3 bis 4 Mrd. Euro vorgesehen.

Zuversicht bei Fördermitteln

Um die Investitionen in die Dekarbonisierung zu stemmen und wettbewerbsfähig zu bleiben, hat das Unternehmen auf nationaler und EU-Ebene Fördergelder beantragt. „Wir warten mit Zuversicht auf die Entscheidung“, sagte Becker, der von signifikanten Beträgen sprach. Letztlich müsse die EU-Kommission das Projekt freigeben. „Mit einem Entscheid rechnen wir im Herbst oder Winter.“

Auch mit Blick auf die Mitte Oktober beginnende Heizperiode und eine mögliche Eskalation der Gaskrise infolge des Ukraine-Kriegs stellt der Stahlkocher seinen Ausblick für 2022 unter den Vorbehalt einer uneingeschränkten Verfügbarkeit von Erdgas als Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Produktion. Er erwarte aber in diesem Jahr keine wesentlichen Auswirkungen durch das Gas-Thema auf das Ergebnisziel, sagte der Finanzchef. Gas ist für Salzgitter wichtig, vor allem in der Weiterverarbeitung, Öfen zur Erhitzung des Materials sind große Energie- und Gasverbraucher. Diese Anlagen seien, wenn es nachhaltig zur Reduzierung des Angebots käme, betroffen, so Becker. Zu einem gewissen Maße könne man Gas einsparen durch Verlangsamung von Produktionsprozessen. „Wir sparen auch schon Gas ein im Vorjahresvergleich.“ Aber auf Dauer werde das bei längerfristig beschränktem Angebot nicht ausreichen. „Bei Kürzungen von 20% oder mehr wären wir nicht in der Lage, das aufzufangen. Eine signifikante Minderung würde uns in der Weiterverarbeitung treffen.“

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