Diskussion um die Cloud

SAP und die Krux mit der Souveränität

SAP kündigt neue Partnerschaften an, um die digitale Souveränität in Europa zu stärken. Doch trotz dieser Kooperationen bleibt die Delos-Cloud weiterhin auf Microsoft-Technologie angewiesen. Kritikern ist das ein Dorn im Auge.

SAP und die Krux mit der Souveränität

SAP und die Krux mit der Souveränität

Der Softwarekonzern SAP hat auf dem Digitalgipfel in Berlin neue Partnerschaften mit französischen Unternehmen für mehr digitale Souveränität in Europa angekündigt. Die Kooperationen ändern aber nichts daran, dass die Delos-Cloud des Dax-Konzerns abhängig von Microsoft bleibt. Die Kritik reißt entsprechend nicht ab.

Walldorfer versprechen mit neuen Partnerschaften Europas Unabhängigkeit zu stärken – Kritik an Delos-Cloud bleibt

knd Frankfurt

Würde Microsoft infolge eines Konflikts keine Updates mehr für seine Software liefern, hätte die SAP-Tochter Delos ein Problem: Der Cloud-Anbieter könnte sein Angebot noch eine Weile weiterbetreiben – vielleicht ein paar Monate. Dann aber wäre Schluss. Denn die Delos-Cloud, die für die deutsche Behörden entwickelt wurde, basiert auf der Technologie von Microsoft.

Egal wie realistisch solche Szenarien sind: Kritiker halten die Delos-Cloud aus diesem Grund nicht für souverän. Der Bundesverband für digitale Souveränität bezeichnet die Delos-Cloud gar als „Blackbox", die „von deutschen und europäischen Behörden nicht unabhängig kontrolliert werden kann". Vor diesem Hintergrund und im Zuge der Debatte der vergangenen Monate, welche Cloud-Angebote in Deutschland und Europa das Prädikat „souverän“ verdient haben, verspricht SAP die digitale Unabhängigkeit Europas nun weiter zu stärken.

Das will der Konzern mithilfe von französischen Partnern erreichen: Mit im Boot sind der Cloud-Anbieter Bleu, das KI-Unternehmen Mistral AI und der Beratungskonzern Capgemini. Bei der Ankündigung vor Journalisten sagte Martin Merz, Präsident für die SAP Sovereign Cloud: „Wir haben die Notwendigkeit der digitalen Souveränität wirklich verstanden.“ Aus diesem Grund habe SAP im September auch bereits Milliardeninvestitionen in das Thema angekündigt.

Gleichzeitig sagte Merz aber auch auf Nachfrage: An der Microsoft-Technologie in der Delos-Cloud werde sich nichts ändern. SAP biete seinen Kunden unterschiedliche Produkte an. Bei Delos und dem französischen Kooperationspartner Bleu werde Microsoft weiterhin die Basistechnologie der Cloud sein. Die Walldorfer hatten zusammen mit den angekündigten Investitionen im September auch ihr Cloud-Angebot erweitert. Dabei kommen auch Open-Source-Technologien zum Einsatz. Diese werden von Kritikern immer wieder als beste Lösung angepriesen, wenn es um das Thema Unabhängigkeit geht.

Franzosen mit US-Bezug

Der Softwarekonzern SAP betont immer wieder, dass der Kunde aus verschiedenen Cloud-Angeboten selbst wählen kann. So wird es künftig auch beim Thema Künstliche Intelligenz sein. Erst vor wenigen Wochen kündigte SAP die Kooperation mit dem US-Unternehmen OpenAI an. Seit Dienstag sind auch Verträge mit dem französischen Startup Mistral AI unterschrieben. Gemeinsam mit seinem Partner will SAP auch die technologische Souveränität Europas im Bereich der künstlichen Intelligenz stärken. Bleibt allerdings die Frage, wie unabhängig die Franzosen tatsächlich sind. Auf der Investorenliste von Mistral AI stehen wieder mehrere Bekannte aus den USA: Microsoft mit einem Investment von 15 Mill. Euro im vergangenen Jahr, außerdem Nvidia, Salesforce und IBM.

Abgesehen von der Sache mit dem Ablaufdatum bei der Delos-Cloud sieht der der Bundesverband für digitale Souveränität noch ein grundsätzliches Problem bei der Verwendung der Technologie der Hyperscaler: Denn da Microsoft den Gesetzen der USA unterliege – und somit zum Beispiel auch dem Cloud-Act – könne ein Datenabfluss nicht vollkommen ausgeschlossen werden. „Im Zweifel müsste das Unternehmen sich Anweisungen der US-amerikanischen Regierung beugen“, erklärt Miriam Seyffarth von der Open Source Business Alliance. Deutsche Verwaltungen seien gezwungen, sich auf die Versprechen von Microsoft zu verlassen. „Der Quellcode kann nicht unabhängig überprüft werden, um sicherzustellen, dass keine Hintertüren oder Zugriffsmöglichkeiten bestehen.“

Und schließlich haben offensichtlich auch diejenigen Bedenken, die die Delos-Cloud nutzen sollen. Das baden-württembergische Innenministerium hat sich mit der Delos-Cloud beschäftigt und in einer Stellungnahme im Juli diesen Jahres eingeräumt, dass die Verwaltungscloud die digitale Souveränität nicht umfänglich sichern könne. Denn die Anwendungsebene bleibe Microsoft-Software, sei nicht öffentlich zugänglich und der Quellcode werde vom Hersteller kontrolliert. Allerdings heißt es auch: „Die Delos-Cloud ist derzeit die einzige Möglichkeit in Deutschland, Microsoft-Cloud-Lösungen nach hiesigen Datenschutzstandards und mit erhöhter Kontrolle über die Datenhoheit zu nutzen.“