Sartorius reagiert gelassen auf Brexit
Das Votum der Briten für ein Ausscheiden aus der EU wird in Deutschland vor allem die Automobil- und Pharmabranche treffen, lautet das Ergebnis einer Studie von DB Research. Der Göttinger Pharmazulieferer und Laborausrüster Sartorius, der auf der britischen Insel drei Produktionsstätten betreibt, zeigt sich gelassen.- Herr Dr. Kreuzburg, Großbritannien war im Jahr 2015 nach den USA und Frankreich der drittwichtigste Exportmarkt für Deutschland. Wie bewerten Sie das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU?Zunächst halte ich die politischen Konsequenzen dieser Entscheidung für schwerwiegender als die wirtschaftlichen: Der Brexit führt uns vor Augen, wie tief das europäische Projekt in der Krise steckt. Mit Blick auf die Wirtschaft dürfte neben den Währungsfluktuationen vor allem das Thema Unsicherheit eine Rolle spielen, denn in Unsicherheit wird ungern investiert. Auch wenn klassische Handelshemmnisse innerhalb der WTO wie Zölle gering sind, könnten sich mittel- und langfristig Investitionen in Richtung UK verringern, wenn der garantierte Marktzugang in die EU weg ist.- Welche Folgen hat das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU für die deutsche Pharmaindustrie aus Ihrer Sicht?Das wird von vielen Faktoren und Details abhängen und ist heute – noch vor dem Start des Austrittprozesses – nicht absehbar. Grundsätzlich dürfte ein Brexit aber keinen Einfluss auf den Bedarf nach Gesundheitsversorgung und Arzneimitteln haben. Die grundlegende positive Marktdynamik dieser Branche sehe ich insofern als nicht gefährdet an.- Wie wichtig ist der britische Markt für Sartorius? Wie hoch ist der Umsatz beziehungsweise der Anteil des britischen Geschäfts am Konzernumsatz?Großbritannien ist ein relevanter Markt für uns, in dem wir etwa 5 % unseres Konzernumsatzes erzielen und in dem große Pharmakunden von uns ihren Sitz haben. Über Akquisitionen haben wir inzwischen drei Produktionsstätten dort, zwei in England, eine in Schottland, und beschäftigen insgesamt mehr als 500 Mitarbeiter. Über eigene Gesellschaften sind wir seit gut 40 Jahren in Großbritannien aktiv. Und wenn wir über den Export reden, war Großbritannien sogar eines der ersten Länder, in das Florenz Sartorius vor fast 150 Jahren exportierte.- Was bedeutet der Brexit für Sartorius – unmittelbar und mittel- bis langfristig?Unmittelbar halte ich die Folgen für überschaubar: Wir beliefern hauptsächlich Pharma- und Biopharmakunden und adressieren damit einen vergleichsweise stabilen Markt. Da wir wie bereits erwähnt in Großbritannien auch produzieren, können wir Wechselkursschwankungen größtenteils ausgleichen: Unser Nettoexposure zum britischen Pfund ist marginal. Dennoch beobachten wir die Situation natürlich genau. Denn weitergehende Auswirkungen auch auf die europäische und weltweite Konjunktur durch die allgemeine Verunsicherung sind nicht auszuschließen.- Folgen des Brexit-Votums könnten ein geringeres Wirtschaftswachstum in Großbritannien und eine Pfund-Abwertung sein. Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie bei Sartorius? Was würde ein schwächeres Wachstum für die Erfolgsrechnung in diesem Jahr und danach bedeuten?Ich rechne nicht damit, dass die Wirtschaft in Großbritannien einbricht. Eine Abschwächung des Wachstums ist sicher möglich und würde in erster Linie unsere Sparte Lab Products & Services betreffen, die etwas konjunktursensitiver ist, aber auch nur für etwa 25 % unseres Konzernumsatzes steht, und damit die Gleichung aus Konzernsicht nicht dominiert.- Wird der Brexit dazu führen, dass Sie Produktionsstätten in Großbritannien in Frage stellen oder aufgeben?Nein, aus heutiger Sicht nicht.- Was bedeutet der Brexit für Ihre Investitionen in Großbritannien?Wir haben erst kürzlich den Neubau unseres Werks in Stonehouse abgeschlossen, er wird in wenigen Tagen eingeweiht. Außerdem erweitern wir unsere Fertigung am Standort Royston, wobei es da um überschaubare Beträge geht. Auch auf diese Planungen hat der Brexit keinen Einfluss.—-Das Interview führte Carsten Steevens.