Schaeffler-Holding schlägt zu

Familienobergesellschaft kauft Finanzinvestor 3i Prüfdienstleister ab - Unabhängig vom Zuliefererkonzern

Schaeffler-Holding schlägt zu

Die Holding der Familie Schaeffler, Großaktionär des Zulieferers und von Continental, kauft dem Finanzinvestor 3i die in der Autoprüftechnik tätige Atesteo ab. Es ist das erste Investment außerhalb der beiden börsennotierten Konzerne.wb Frankfurt – Während sich die im MDax notierte Schaeffler AG mit kleineren M & A-Transaktionen auf die Elektromobilität vorbereitet, geht die familieneigene Holding IHO jetzt ein größeres Investment an. Übernommen wird Atesteo, ein Spezialist für “Drivetrain Testing”. Als Erwerber tritt die IHO Holding auf, die Obergesellschaft der Familie Schaeffler. Diese finanziert sich aus den Ausschüttungen des Dax-Konzerns Continental sowie der Schaeffler AG (100 % der Stammaktien und 75 % des Gesamtkapitals) und investiert Liquidität lieber, statt dafür negative Zinsen an Banken zu zahlen. Es ist das erste Mal, dass die Holding von Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann und ihrem Sohn Georg Schaeffler ein Investment außerhalb der beiden großen Unternehmen eingeht. Es dürfte auch nicht das letzte sein, denn IHO verspricht auch externes Wachstum für dieses Geschäftsfeld. Als einziger Familienfremder gehört AG-CEO Klaus Rosenfeld der IHO-Führung an. Über 400 Mill. EuroAngaben zum Kaufpreis für das profitable Ingenieurunternehmen werden nicht gemacht. In Finanzkreisen wird die Bewertung auf deutlich mehr als 400 Mill. Euro taxiert, das Ergebnis-Vielfache (Ebitda-Multiple) soll unter 20 liegen. Der verkaufende Finanzinvestor 3i beziffert seine Erlöserwartung – also ohne Nettoschulden – auf 307 Mill. Euro vorbehaltlich üblicher Anpassungen zum Vollzug. Die Bewertung in der Bilanz der in London notierten Beteiligungsgesellschaft lag bei 207 Mill. Euro. Infolge auch zweier Refinanzierungen hat die 2013 bei dem Vorgängerunternehmen GIF-Gesellschaft für Industrieforschung eingestiegene 3i ihren Eigenkapitaleinsatz mit dem Faktor 4,4 gemehrt. Für die Transaktion gab es keinen Auktionsprozess. IHO setzt auf Goldman Sachs, 3i auf Rothschild.Atesteo ist ein Prüfdienstleister für die internationale Fahrzeugindustrie. Der Umsatz lag 2016 bei 65 Mill. Euro, das Ebitda bei 26 Mill. Euro und die Verzinsung des Kapitals (Roce) bei 20 %. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Antriebsstrang- und Getriebeprüfung und ist ein wichtiger Partner der Autoindustrie. Atesteo wurde 1986 aus der RWTH Aachen gegründet, sitzt in Alsdorf bei Würselen und nennt sich weltweit führenden Spezialist für unabhängiges Drivetrain Testing. Beschäftigt werden 800 Leute, installiert sind 135 Prüfstände in Deutschland, Japan, China und Amerika. Autoherstellern und Zulieferern – wie Schaeffler – biete Atesteo eine kostengünstige, technologische Alternative zu internen Dauerlauftests von Getrieben. Zu den Kunden zählten fast alle führenden OEMs und Getriebeproduzenten. Die Stärke von Atesteo – Unabhängigkeit von Kunden – soll unter dem neuen Dach der IHO gewahrt bleiben. Die Schaeffler AG erhalte keinen Zugang zu Daten und greife nicht ins Geschäft ein, wird versichert.Dieses Jahr hat Atesteo zweimal akquiriert: Hierbei geht es um die Sparte Prüffeld für Motor-/Antriebstechnik und Komponenten von TÜV Süd sowie den Zukauf von Straesser (70 %), womit das Angebot für Fahrversuche erweitert wurde. Atesteo expandierte im chinesischen Markt und verdoppelte die Kapazitäten dort seit 2013 auf 20 Prüfstände.Heute erfülle das Unternehmen alle Voraussetzungen, um die Qualitätsprüfung der zunehmend elektrifizierten und autonomen Autotechnologie anzuführen. Ein überwiegender Teil der Prüfstände sei so virtualisiert, dass mit relativ geringem Aufwand komplexe Hybridantriebe in einer frühen Phase getestet werden könnten. Prüfstände mit Batteriesimulatoren für E-Motoren und Hybrid-Antriebsstrang-Prüfstände werden offeriert. In der Haltezeit von 3i habe sich Atesteo vom gründergeführten Unternehmen zu einem Weltmarktführer für globale Testing-Services mit Wettbewerbsvorteilen in Labortests entwickelt. Das Ebitda sei mehr als verdoppelt worden.IHO finanziert sich aus den Dividenden von Conti – allein für 2016 waren dies 390 Mill. Euro – und Schaeffler. In der Kasse dürfte inzwischen nahezu 1 Mrd. Euro liegen. Die Holding hat jeweils drei Anleihen in Dollar und Euro ausstehen. Nächste Fälligkeit ist für zwei Bonds (2,75 und 4,125 %) 2022. Rosenfeld dürfte daran arbeiten, mit einem stärkeren Rating 2018 eine weitere Refinanzierung anzugehen, um sich die niedrigen Zinsen zu sichern.