"Sie nehmen die Schmerzen der Aktionäre nicht richtig ernst"

Von Ulli Gericke, Berlin Börsen-Zeitung, 3.6.2017 Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) gab sich generös. Dass Rocket Internet Verluste schreibt - geschenkt, das gehört zum Geschäftsmodell eines Start-up-Inkubators....

"Sie nehmen die Schmerzen der Aktionäre nicht richtig ernst"

Von Ulli Gericke, BerlinMichael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) gab sich generös. Dass Rocket Internet Verluste schreibt – geschenkt, das gehört zum Geschäftsmodell eines Start-up-Inkubators. Auch dass neu gegründete Firmen scheitern können, sei völlig in Ordnung. Und der vorgeschlagene Vergütungszuschlag für den Aufsichtsratschef sei für SDax-Werte eher moderat. Kein Zweifel: Der viel kritisierte Rocket-Gründer und -Chef, Oliver Samwer, kam bei Kunert glimpflich davon.Nur beim Blick auf den Aktienkurs, der sich in zweieinhalb Jahren halbierte, schwoll dem SdK-Mann der Kamm: “Sie nehmen die Schmerzen der Aktionäre nicht richtig ernst”, warf er Samwer auf der Hauptversammlung am Freitag vor – “ich hätte mir mehr Demut vor den Aktionären gewünscht.” Worauf die Stimme des einst so forschen und lauten “Oli” noch sanfter wurde als ohnehin schon, als er sagte: “Es tut mir leid, wenn die Demut nicht rübergekommen ist.” Wie sehr der Kursverfall schmerze, wisse er nur zu genau, halte er doch selbst einen nennenswerten Teil der Aktien.Hat dieses “Kursdesaster” (so Kunert) auch den Menschen verändert, oder war es alles nur Taktik? Auf der HV jedenfalls zeigte sich der früher so selbstbewusste Samwer bescheiden. Mit Schlips und Anzug in dezentem Blau gab er sich verständig, einsichtig und lernbereit – mit dem Ergebnis, dass Vortrag und Fragerunde nach schnellen zwei Stunden beendet waren.Samwers Erfolgsrezept dafür lautete, die Start-up-Schmiede so stabil und konservativ zu zeichnen, dass verglichen dazu die Allianz ein High-risk-Konzern wäre. 2016 und 2017 sei es sein Ziel gewesen, zu investieren und die Profitabilität zu verbessern – das gelte auch für 2018. Versprochen ist zudem: “2017 gibt’s keine Überraschungen.” Und nach wie vor sollen drei Rocket-Beteiligungen im vierten Quartal einen (operativen) Gewinn zeigen. Neu investiert werde künftig verstärkt in Fintechs, nach eher bescheidenen Erfolgen bisher. Dabei betonte Samwer, Rocket wolle keine neuen Finanz-Start-ups selber bauen, sondern versuchen, “gute Chancen wahrzunehmen”. ——–Rocket-Internet-Chef Oliver Samwer verspricht ein Jahr ohne Überraschungen.——-