Siemens Healthineers geht auf Distanz zum Geschäft mit Labordiagnostik
Siemens Healthineers geht auf Distanz zum Geschäft mit Labordiagnostik
Siemens Healthineers geht auf Distanz zur Labordiagnostik
Sparte erhält mehr Eigenständigkeit – Vorstand nennt Mittelfristplanung auf Kapitalmarkttag – Börse reagiert reserviert – Aktienrückkäufe werden möglich
mic München
Siemens Healthineers gibt dem Geschäft mit Labordiagnostik mehr Eigenständigkeit. „Damit werden wir auch die Optionalität schaffen für verschiedene strukturelle Pfade für dieses Geschäft in der Zukunft“, sagte Vorstandschef Bernd Montag vor Journalisten im Rahmen des Kapitalmarkttages in London. Healthineers wolle der Sparte Diagnostics „mehr Freiheit nach vorne geben“.
Das Geschäft werde am Ende der aktuellen Mittelfristplanung 2030 noch zu Healthineers gehören, wenn sich herausstelle, dass es dort am besten aufgehoben sei, erklärte Montag: „Aber es kann durchaus sein, dass das dann nicht mehr der Fall ist.“ Finanzvorstand Jochen Schmitz machte klar, dass unmittelbar keine Trennung ansteht: „Wir sprechen jetzt im Augenblick nicht mit Investoren über Deals oder über einen Verkauf von Diagnostics.“ Montag erklärte, Vertrieb und Service habe die Sparte bereits vertikalisiert – also in die eigene Hand genommen. Nun schaue man, ob es noch mehr Möglichkeiten im Backoffice gebe.
Neues Segment für Therapie
Siemens war vor fast zwei Dekaden mit drei Akquisitionen für mehr als 10 Mrd. Euro in das Geschäft mit Labordiagnostik eingestiegen. Die Wachstums- und Rentabilitätsziele wurden lange Zeit verfehlt. Mit dem jetzigen Transformationsprogramm sei man sehr gut unterwegs, betonte Montag. Das Team habe die operative Marge in den vergangenen zwei Jahren um acht Prozentpunkte gesteigert. Die neue Labor-Plattform Atellica wachse um 20% pro Jahr. Die Sparte Labordiagnostik erlöste im vergangenen Geschäftsjahr (30. September) 4,3 Mrd. Euro und erwirtschaftete einen angepassten operativen Gewinn von 333 Mill. Euro. Schmitz erklärte, mit der Konzentration auf einen „synergetischen Kern“ jenseits von Diagnostics sei die Schaffung des neuen Segments „Precision Therapy“ verbunden. Es beinhalte Varian, Advanced Therapies und Ultraschall mit seinem Katheter-zentrierten Geschäft. Schmitz betonte, die Ergebnisse von Varian würden anfangs weiterhin dargestellt – der Strahlentherapie-Spezialist ist ein Milliardenzukauf. Die Umstrukturierung führe dazu, dass die Marge des Segments Imaging höher ausfalle, detaillierte Schmitz. Für die Geschäftsjahre 2027 bis 2030 kündigte Schmitz ein Umsatzwachstum von 5 bis 7% pro Jahr an. Das bereinigte Ergebnis je Aktie solle mit einem zweistelligen Prozentsatz jährlich wachsen. Der Healthineers-Kern Imaging und Precision Therapy werde um 6 bis 9% zulegen. Auf Nachfrage sagte Schmitz, er rechne hier auch mit einem Gewinnwachstum in zweistelliger Prozenthöhe.
2026 als Übergangsjahr
Diagnostics werde sich einem Wachstum im mittleren einstelligen Prozentsatz jährlich annähern und die Marge in den mittleren Zehnerbereich steigern, sagte Schmitz. Die Sparte Imaging werde mit einem mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich zulegen und die Marge erhöhen. Für Precision Therapy erwartet der Finanzvorstand ein jährliches Umsatzwachstum im hohen einstelligen Prozentbereich. Zugleich werde die Marge sich jährlich um durchschnittlich etwa 100 Basispunkte erhöhen, sagte Schmitz.

Die Zielsetzungen stießen an der Börse auf reservierte Reaktionen. Der Aktienkurs des Dax-Wertes sank im Tagesverlauf und notierte kurz vor Handelsschluss fast 5% im Minus bei knapp 42 Euro. Vor Wochenfrist waren es noch 49 Euro.
Das Jahr 2026 kennzeichnete der Finanzvorstand als Übergangsjahr: „Wir haben in diesem Jahr deutlichen Gegenwind aus Währung und Zöllen zu verkraften.“ Bei zum Jahr 2028 solle diesen Effekten vollständig entgegengewirkt werden. Dafür gebe es zwei Hebel. Einerseits wolle Healthineers die Produktivität in den nächsten drei Jahren um 200 Mill. Euro stärker steigern als gewöhnlich. Den größten Beitrag zur zweiten Hälfte lieferten Preiserhöhungen. Wenn die Preise um 1% besser seien, erhöhe dies das Ergebnis um 200 Mill. Euro (ohne Diagnostics). Verteilt auf drei Jahre müssten die Preise um nur 0,3 Prozentpunkte jährlich besser ausfallen als ursprünglich geplant.
Dividende wird abgekoppelt
Schmitz kündigte eine Neujustierung der Dividendenpolitik an. Healthineers bekannte sich zu einer stabilen bis steigenden Dividende. Seit dem Börsengang 2018 wurde dies bereits umgesetzt, dabei blieb die Dividende in drei Jahren stabil. Für die Zukunft sei die Ausschüttungsquote keine Richtschnur mehr, ließ Schmitz erkennen. Sie lag bisher bei 50 bis 60% des Nettogewinns. Bisher werde nur für 2022/23 mit 70% diese Bandbreite verlassen. Mit einer Reduzierung der Verschuldung und einem höheren Streubesitz könnten Aktienrückkäufe möglich werden, sagte Schmitz. Im laufenden Geschäftsjahr seien sie aber nicht zu erwarten.
