Dekonsolidierung von Siemens Healthineers

Siemens winkt Buchgewinn in vielfacher Milliardenhöhe

Siemens läutet den schrittweisen Abschied von der Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers ein. Die Aktionäre erhalten 30% in Form einer Direktabspaltung. Mittelfristig soll der Anteil unter 20% sinken. Zum Zeitpunkt der Dekonsolidierung winkt ein hoher Buchgewinn. Das erste Quartal verläuft gemischt.

Siemens winkt Buchgewinn in vielfacher Milliardenhöhe

Buchgewinn in vielfacher Milliardenhöhe in Sicht

Dekonsolidierung der Siemens-Tochter Healthineers bringt Sondereffekt – Innovatives Vorgehen bei Abspaltung – Mittelfristig nur noch Finanzbeteiligung

Siemens läutet den schrittweisen Abschied von der Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers ein. Die Aktionäre erhalten 30% in Form einer Direktabspaltung. Mittelfristig soll der Anteil unter 20% sinken. Zum Zeitpunkt der Dekonsolidierung winkt ein hoher Buchgewinn. Das erste Quartal verläuft gemischt.

mic München

Siemens wird die verbleibende Beteiligung an Siemens Healthineers von aktuell rund 67% entkonsolidieren. Das sagte der Vorstandsvorsitzender Roland Busch am Donnerstag vor Analysten und Journalisten, nachdem der Konzern dies bereits am Vorabend in einer Ad-hoc-Meldung angekündigt hatte.

„Der heutige Tag markiert den Beginn der nächsten Wachstumsphase für Siemens“, erklärte Busch: „Mit der Abgabe der Kontrollmehrheit an Siemens Healthineers fokussieren wir uns auf ein hochgradig synergetisches Siemens-Portfolio.“ Zu diesem Portfolio rechnet Busch regelmäßig auch das Bahngeschäft.

Direktabspaltung ist Neuland

Siemens Healthineers zeigte sich in einer Mitteilung über die Entscheidung erfreut. „Wir schätzen die Klarheit“, so Vorstandsvorsitzender Bernd Montag: „Wir setzen damit unseren Weg zu einem vollkommen unabhängigen Unternehmen fort, den wir mit unserem Börsengang im Jahr 2018 begonnen haben.“

Die Siemens-Aktionäre sollten 30% der Healthineers-Anteile erhalten, und zwar vorzugsweise in Form einer Direktabspaltung, erklärte Busch. Mit dieser juristischen Konstruktion betritt Siemens Neuland. Das Umwandlungsgesetz regelt nicht ausdrücklich die Abspaltung von Einheiten, die nicht zu 100% im Besitz des Eigentümers sind. Daher erklärte Siemens, die geplante Transaktion stehe unter dem Vorbehalt abschließender regulatorischer Klärungen.

CFO Ralf Thomas wollte dies nicht als Problem bewertet sehen, vielmehr sei man „respektvoll“ hinsichtlich der Zeitleiste. Weitere Details sollen Anfang des zweiten Quartals des kommenden Kalenderjahres bekannt gegeben werden. Auf die Frage nach steuerlichen Effekten sagte Thomas, sie seien auf Seite der Siemens AG immateriell. Auf Seite der Aktionäre seien sie abhängig unter anderem von der Nationalität, der Höhe des Investments oder ob der Besitzer eine Privatperson sei.

Hauptversammlungen stimmen ab

Thomas zeigte sich zuversichtlich, mit dem Projekt auf dem richtigen Weg zu sein. Voraussetzung der Transaktion ist auch eine Zustimmung der Hauptversammlungen beider Konzerne. Für die anstehenden Aktionärstreffen ist eine entsprechende Abstimmung nicht mehr umzusetzen, so dass ein Votum zum Jahresbeginn 2027 zu erwarten ist, sofern keine außerordentlichen Hauptversammlungen einberufen werden.

Ziel ist Siemens zufolge in einem ersten Schritt, noch eine signifikante Minderheitsbeteiligung an Siemens Healthineers zu halten. Dies ermögliche mehr Flexibilität bei der Kapitalallokation: „Damit partizipiert Siemens auch weiterhin als Minderheitsaktionär am attraktiven Geschäft von Siemens Healthineers.“

Ziel ist eine Finanzbeteiligung

Mittelfristig sei geplant, die Beteiligung auf eine Finanzbeteiligung zu reduzieren, hieß es. Dabei ist ein schrittweises Vorgehen vorgesehen. Thomas detaillierte, dass für die Finanzierung der bereits avisierten Zukäufe der US-Softwarefirmen Altair und Dotmatics der Healthineers-Anteil weiter heruntergefahren werde: „Auf 60%, vielleicht etwas darunter.“ Damit ist Raum für Verkäufe etwa über die Börse, denn Thomas definierte eine Finanzbeteiligung als Anteilsbesitz unter 20%.

Thomas wandte sich gegen den Eindruck, dass Siemens durch die Abgabe der Mehrheit sehr hohe Ergebnisbeiträge verloren gingen. Es gebe einen Unterschied zwischen dem Besitz und der Konsolidierung. Infolge der Anteilsverkäufe habe die Siemens AG schon einen Teil der Zuflüsse abgegeben – in der Gewinn- und Verlustrechnung ist dies in der Spalte „Nicht beherrschende Anteile“ abgebildet. Dort wurden zuletzt 767 Mill. Euro des Nettogewinns verbucht, auf die Siemens-AG-Aktionäre entfielen 9,6 Mrd. Euro.

Dividendenpolitik hat Bestand

Thomas deutete zudem an, dass es einen sehr hohen Gewinn bei der Dekonsolidierung von Siemens Healthineers geben könne. Dieser sei abhängig vom Aktienkurs zum Zeitpunkt der Abgabe der Mehrheitsposition. Ein Wert in vielfacher Milliardenhöhe scheint denkbar zu sein.

Die Aktionäre müssen keine Kürzung der Ausschüttung befürchten. Siemens bekräftige seine progressive Dividendenpolitik, die auch nach der Entkonsolidierung fortgeführt werde, sagte Thomas. Damit soll die Dividende je Aktie jährlich steigen. Dies entspricht dem Ziel, das Ergebnis je Aktie jährlich zu steigern – allerdings nach der Dekonsolidierung von Siemens Healthineers ausgehend von einem niedrigeren Niveau.

Busch machte erneut klar, dass Siemens an der Sparte Mobility festhält. Sie sei Teil eines synergetischen Portfolios. Die Bahntechnik sei in einer Position technologischer Führung, so seine Begründung. Zudem gebe es auf der Einkaufsseite Hebel für gemeinsame Aktionen innerhalb von Siemens. Auch in der Fertigung existierten Synergien.

Gemischter Start ins erste Quartal

Im laufenden ersten Quartal (31. Dezember) wird die Sparte Digital Industries mit einem gemischten Ergebnis aufwarten. Diesen Schluss lassen die Hinweise von Thomas zu. Er erwarte ein vergleichbares Umsatzwachstum im oberen Bereich der Jahresprognose von 5 bis 10%, sagte er. Die Gewinnmarge werde gegenüber dem Vorjahresniveau leicht steigen. Damals waren 14,5% gemeldet worden, im gerade angelaufenen Geschäftsjahr sollen 15 bis 19% erreicht werden.

Smart Infrastructure als zweite Kernsparte soll den Umsatz innerhalb der Prognosespanne für das Gesamtjahr steigern. Das sind 6 bis 9%. Die Gewinnmarge werde allerdings unterhalb des Zielwertes von 18 bis 19% liegen, warnte der Finanzvorstand: „Dennoch hat Smart Infrastructure das Potenzial für ein weiteres Quartal mit einer Margenausweitung gegenüber dem Vorjahr.“ Damals waren 16,9% verzeichnet worden. Die Bahntechnik werde im ersten Quartal sowohl ein Umsatzplus als auch eine Marge innerhalb ihrer Spanne für das Geschäftsjahr von jeweils 8 bis 10% melden, sagte Thomas.