Fristablauf

Siltronic wäre erst der dritte Fall

Das Bundeswirtschaftsministerium blockiert selten Übernahmen mit Hilfe des Außenwirtschaftsgesetzes. Jetzt trifft es den taiwanischen Konzern Global Wafers.

Siltronic wäre erst der dritte Fall

Von Joachim Herr, München

In der Nacht von Montag auf Dienstag ist die Frist für die Übernahme von Siltronic abgelaufen. Am Montag deutete alles darauf hin, dass der taiwanische Konzern Global Wafers die letzte Bedingung dafür nicht erfüllen kann: eine Un­bedenk­lichkeitsbescheinigung des Bun­des­wirtschaftsministeriums nach dem Außenwirtschaftsgesetz.

Eine Sprecherin des Ministeriums sagte, die Prüfung dauere noch an. Wie es heißt, läuft die im Dezember 2020 begonnene Frist dafür Ende Februar aus. Auch Gespräche von Doris Hsu, CEO von Global Wafers, mit Staatssekretär Udo Philipp am Ende der vergangenen Woche blieben dem Vernehmen nach für die Taiwaner erfolglos. Selbst wenn es noch eine Zustimmung bis Ende Februar gäbe, die einjährige Frist nach dem Wertpapierhandelsgesetz ist nun zu Ende gegangen und damit die Übernahme des Münchner Herstellers von Siliziumscheiben (Wafers) für die Halbleiterindustrie für 4,35 Mrd. Euro wohl geplatzt. Von den meisten zuständigen Wettbewerbsbehörden hatte Global Wafers längst eine Genehmigung erhalten, unter anderem aus den USA, Japan und Südkorea, schon im Februar des vergangenen Jahres vom Bundeskartellamt und zuletzt auch aus China. Doch an der Hürde Außenwirtschaftsgesetz dürfte Global Wafers trotz weitreichender Zugeständnisse, unter anderem einer Goldenen Aktie für den Bund, gescheitert sein. Es wäre die größte Übernahme, die nach dem Außenwirtschaftsgesetz untersagt wurde – wenn auch in diesem Fall indirekt.

Zweimal China ausgebremst

Dass die Bundesregierung mit diesem Instrument Übernahmen verhindert, ist die Ausnahme. Bisher gab es seit dem Beginn der Investitionskontrolle 2009 erst zwei Fälle.  Ende 2020 hatte Berlin die Übernahme von IMST, einem Ingenieurbüro und Systemhaus für Mobilfunk-, Radar- und Satellitentechnik in Kamp-Lintfort (Nordrhein-Westfalen), ge­stoppt. Eine Tochterfirma des staatlichen chinesischen Rüstungskonzerns China Aerospace Science and Industry Corporation (Casic) wollte das Unternehmen kaufen, das nach eigenen Angaben rund 150 Mitar­beiter beschäftigt. Im Sommer 2018 hatte die chinesische Yantai Taihai Corporation das Übernahmeangebot für den westfälischen Werkzeugmaschinenhersteller Leifeld Metal Spinning zurückgezogen, nachdem die Politik eine Untersagung vorbereitet hatte.

Auch im Fall des Stromtrassenbetreibers 50Hertz kamen zur selben Zeit Chinesen nicht zum Zug, allerdings nicht mit einer Untersagung: Der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sorgte dafür, dass die Staatsbank KfW einen Anteil von 20 % übernimmt, den ein australischer Investor an den Staatskonzern State Grid of China verkaufen wollte.

Im vergangenen Jahr hatte die damalige Bundesregierung die Kontrolle von Investoren verschärft, die von außerhalb der Europäischen Union stammen. Mit der im April beschlossenen 17. Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes wurde der Eingriff des Staates auf sicherheitskritische Sektoren erweitert. Damit können nicht nur wie bisher ausländische Direktinvestitionen verhindert werden, die die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden. Zu den darüber hinaus festgelegten insgesamt 16 Zukunfts- und Hochtechnologiesektoren, die Sicherheitsinteressen berühren, zählt die Politik unter anderem künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, Robotik, Quantentechnik und Halbleiter, die Branche, der Global Wafers und Siltronic das Grundmaterial liefern: dünne Siliziumscheiben mit einem Durchmesser von maximal 300 Millimeter.

Die Meldepflicht gilt für den Erwerb eines Unternehmensanteils von 20% oder mehr, im Fall von kritischer Infrastruktur und der Rüstungsindustrie liegt die Schwelle bei 10%. Altmaier hatte trotz der zusätzlichen sicherheitskritischen Sektoren betont, Deutschland bleibe ein sehr investitionsoffenes Land mit einer sehr zurückhaltenden Investitionsprüfung.

Nach Angaben des Ministeriums wurden 160 Übernahmen im Jahr 2020 geprüft: „Soweit dabei relevante Sicherheitsrisiken festgestellt wurden, konnte diesen in nahezu allen Fällen durch vertragliche Vereinbarungen abgeholfen werden.“