So viele Tech-IPOs wie seit 1999 nicht mehr

Emissionsvolumen in diesem Jahr könnte Hochzeit der Dotcom-Blase übertreffen

So viele Tech-IPOs wie seit 1999 nicht mehr

cru Frankfurt – Während in New York und Schanghai die größte Welle hoch bewerteter Technologie-Börsengänge seit der Dotcom-Blase 1999 anrollt, herrscht in Europa im Vergleich dazu Flaute. Insbesondere Frankfurt scheint vom Boom weitgehend abgehängt. Ein erster Versuch zur Wiederbelebung des IPO-Markts an der Frankfurter Börse startet an diesem Dienstag, wenn der Wohnmobilhersteller Knaus Tabbert seine Pläne für einen Börsengang bekannt gibt, wie aus Finanzkreisen bestätigt wird. Auch in London setzt der britische E-Commerce-Spezialist The Hut Group der Flaute ein Ende.Doch in New York und Schanghai sind seit Jahresbeginn schon jeweils mehr als hundert Unternehmen an die Börse gegangen – die allermeisten davon aus dem Technologiesektor -, obwohl weltweit auch rund hundert geplante IPOs auf Eis gelegt wurden. Mit dem potenziell rekordverdächtigen Börsengang der chinesischen Ant Group könnte das IPO-Emissionsvolumen im Technologiebereich im Jahr 2020 nun sogar über die schwindelerregenden Höhen der Dotcom-Blase hinaus steigen. Die Begeisterung für hoch bewertete Firmen aus dem Technologiesektor ist um so ungewöhnlicher, als die Kapitalmarktsituation von der Unsicherheit durch die Pandemie geprägt ist. Allerdings treiben die Nullzinspolitik der Notenbanken samt Renditemangel bei Anleihen ebenso wie die milliardenschweren Subventionsprogramme der Regierungen, die etablierte Unternehmen und Start-ups gleichermaßen stützen, die Investoren weiter in Aktien, weil sie dort verzweifelt nach Rendite suchen. Schwergewicht AntInklusive des Börsengangs der Ant Group, deren IPO im Oktober in Hongkong und Schanghai über die Bühne gehen und 30 Mrd. Dollar einspielen soll, dürfte das Emissionsvolumen aus IPOs von Technologieunternehmen laut Bloomberg in diesem Jahr über 57 Mrd. Dollar steigen. Das wäre der höchste Wert seit 1999, als Technologieunternehmen 62 Mrd. Dollar frisches Eigenkapital bei Investoren an der Börse einsammelten und bekanntermaßen eine Fülle von heute nicht mehr existierenden vermeintlichen Internet-Stars eine kurze Zeit lang für Furore an der Börse sorgten.Auftakt für die aktuelle Welle von Tech-IPOs war die Verdoppelung des Börsenwerts von Apple, der seit Beginn der Lockdowns im März auf 2 Bill. Dollar gestiegen ist. Chinas Ant Group schließt sich mit ihrem IPO einer ganzen Reihe von vergleichsweise jungen Tech-Unternehmen an, den sogenannten Einhörnern, die jetzt als hoch bewertete Herde an die Börse galoppieren. Neben dem Lebensmittellieferdienst Doordash und dem Unterkünftevermittler Airbnb sind dies auch die Datenanalysefirma Palantir des deutschstämmigen US-Investors und Milliardärs Peter Thiel, die Unternehmenssoftwarefirma Asana mit 20 Mrd. Dollar angestrebtem Börsenwert und der Cloud-Spezialist Snowflake. Weitere Beispiele sind der Videospieleentwickler Unity Technologies sowie Jfrog und Sumo Logic. Mit fast 19 Mrd. Dollar an neuen Notierungen war der Juli laut Bloomberg der Monat mit dem größten Emissionsvolumen in den USA seit September 2014, als 36 Unternehmen 36 Mrd. Dollar einsammelten, darunter damals auch die Ant-Tocher Alibaba. Allein der Montag der vergangenen Woche brachte 13 IPO-Anträge bei der US-Börsenaufsicht SEC auf einen Schlag: vier biomedizinische Unternehmen, vier sogenannte Spacs – also Blackbox-Firmen, bei denen ein Börsenmantel für geplante Akquisitionen geschaffen wird – und fünf Softwarefirmen. Übertreibung befürchtetSchon befürchten Analysten eine neue Blase, die Ähnlichkeiten mit der Übertreibung vor 20 Jahren aufweisen könnte, als ein Großteil der damals jungen Internetwirtschaft einstürzte. Doch gibt es auch große Unterschiede: Die jetzt an die Börse strebenden Technologiefirmen sind viel größer. So strebt Ant 30 Mrd. Dollar Emissionsvolumen an, und Asana plant mit 20 Mrd. Dollar Marktwert. Außerdem resultiert ein Teil der Börsengänge aus Kapitalbedarf, den Löcher in den Bilanzen hervorrufen, die aus Erschwernissen durch die Pandemie resultieren.