Hohe Energiepreise

Sparkassen warnen vor Abwanderung des Mittelstands

Die hohen Energiepreise belasten einer Analyse des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) zufolge auch den Mittelstand immer stärker. Der Verband warnt vor Abwanderungen und fordert von der Politik breite Entlastungsmaßnahmen.

Sparkassen warnen vor Abwanderung des Mittelstands

Sparkassen warnen vor Abwanderung des Mittelstands

Hohe Energiepreise drängendstes Problem – Entlastungen nicht nur für große Konzerne gefordert

ahe Berlin

Die hohen Energiepreise belasten einer Analyse des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) zufolge auch den Mittelstand immer stärker. Für einige Branchen werde es mittlerweile eng, warnte Verbandspräsident Helmut Schleweis am Dienstag bei der Vorstellung des neuen "S-Mittelstands-Fitnessindex" in Berlin. "Vor allem die Chemiebranche, das Transportgewerbe und die energieintensiven Segmente des verarbeitenden Gewerbes können weitere Energiepreissteigerungen kaum verkraften."

Für die Analyse hatte der DSGV die anonymisierten Unternehmensbilanzen des Jahres 2022 von mehr als 300.000 Firmenkunden ihrer Finanzgruppe ausgewertet und mit allen Mittelstandsexperten der einzelnen Sparkassen gesprochen. Demnach ist unter anderem die Energieaufwandsquote – also der Aufwand für Energie relativ zum Umsatz – im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Zwei Drittel der Berater sehen Gewinnrückgänge bei den Unternehmen, die die Ertragssituation erheblich belasten. "Der Energiepreis ist ein substanzieller Faktor für die künftige Wettbewerbsfähigkeit – das gilt nicht nur für Großunternehmen, sondern eben auch für den Mittelstand in der Breite", betonte Schleweis.

Stromsteuer und Netzentgelte

Der Sparkassen-Präsident sieht die akute Gefahr, dass Unternehmen in Länder mit günstigerer Energie abwandern, auch im deutschen Mittelstand. "Dabei sind die Hürden für eine zumindest teilweise Abwanderung für viele Firmen deutlich niedriger, als viele denken", warnte Schleweis. Die größeren Mittelständler seien bereits eng mit ausländischen Märkten verflochten und verfügten dort schon oft über Produktionsstätten, die sich schnell und einfach ausbauen ließen.

Der DSGV setzt sich daher in der Politik für Entlastungen ein, die rasch auch die kleinen und mittelgroßen Unternehmen erreichen. "Wir brauchen für eine begrenzte Zeit die pragmatische Nutzung aller verfügbaren Energien und eine schnellere Wende hin zu regenerativen Energien", sagte Schleweis. "Anstatt neue Subventionen wie einen Industriestrompreis zu etablieren, sind Senkungen bei der Stromsteuer und eine Reform der Netzentgelte sehr viel schneller und wirksamer. Davon profitieren nicht nur wenige Großunternehmen, sondern auch mittelständische Betriebe."

Die langfristig gleichmäßige und kostengünstige Versorgung vor allem mit grünem Strom wird den Worten Schleweis zufolge zudem nicht gelingen, wenn nicht die Netzinfrastruktur deutlich schneller ausgebaut wird. "Das ist ein entscheidendes Nadelöhr der künftigen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands."

Nach Einschätzung des Sparkassen-Präsidenten ist Deutschlands Wirtschaft derzeit trotz der aktuellen Herausforderungen wie Inflation, Energiepreise und Arbeitskräftemangel stärker, als oft beschrieben wird. Das sei nicht zuletzt ein Verdienst des Mittelstandes, unterstrich Schleweis. "Wenn dieser Tage der Eindruck vermittelt wird, nichts in Deutschland funktioniere mehr, halte ich entgegen: Der Mittelstand funktioniert. Er ist das starke wirtschaftliche Fundament unseres Landes."

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.