Square Mile Challenge
Das Land der Teetrinker hat einen gewaltigen Kaffeedurst entwickelt. In der Square Mile reiht sich Coffeeshop an Coffeeshop. Dort beschäftigen 18 000 Firmen fast eine halbe Million Menschen. Die City beherbergt nicht nur die großen Namen der Kaffeebranche. Auch dem gehobenen Bedarf der meist gut betuchten Kundschaft wird von Anbietern wie Square Mile Coffee Roasters oder dem Curators Coffee Studio Rechnung getragen. Wie wäre es etwa mit Wegida-Kaffee aus Äthiopien, der nach Litschis, Mangos und braunem Zucker schmecken soll? 350 g sind schon für 14,50 Pfund zu haben. Nur auf den teuersten Kaffee der Welt, Kopi Luwak, der schon den Weg durch den Verdauungstrakt indonesischer Schleichkatzen hinter sich hat, sollte man lieber verzichten. Denn seit sich auch der kasachische Geldadel und halb Katar dafür interessieren, sind reichlich Fälschungen bzw. Nachahmerprodukte im Umlauf. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Coffeeshops im ganzen Land dem Marktforscher Allegra World Coffee Portal zufolge um 6 % auf 22 845. Ihr Umsatz verbesserte sich um 12 % auf 8,9 Mrd. Pfund. Rund ein Drittel der Cafés gehören großen Ketten wie Caffe Nero, Costa Coffee (Whitbread) oder Starbucks.Dabei fällt eine Menge Müll an. Tag für Tag werden in Großbritannien heute schon bis zu sieben Millionen Coffee-to-go-Becher weggeworfen. Pro Jahr sind das bis zu drei Milliarden Stück. Weil sie in der Regel innen mit Plastik beschichtet sind, damit das Heißgetränk im Becher bleibt, lassen sie sich nicht so ohne weiteres recyceln. Bislang werden weniger als 1 % wiederverwertet, obwohl die meisten ein Recycling-Symbol tragen. Das Problem ist komplexer als auf den ersten Blick erkennbar. Dünger oder Bio-Brennstoffe aus Kaffeesatz zu gewinnen, ist dagegen ein Leichtes. Bei Pappbechern, die von Altpapiersammlern angenommen werden, wird das Polyäthylen meist nicht zurückgewonnen. Zudem verschmutzen die Flüssigkeitsreste in den Bechern die anderen Papp- und Papierabfälle, die mit aufbereitet werden. Werden biologisch abbaubare oder kompostierbare Coffee-to-go-Becher einmal weggeschmissen, landen sie entweder in der Müllverbrennungsanlage oder auf der Müllkippe. Auf der Deponie fehlt meist der Sauerstoff, der für ein Verrotten erforderlich wäre. Sie müssten also separat eingesammelt werden. Vor vier Jahren brachten James Cropper und Ace UK in Großbritannien die ersten Wiederverwertungsanlagen an den Start, die Papier und Polyäthylen-Beschichtung im industriellen Maßstab voneinander trennen können. Im August 2014 nahm Simply Cups seine Tätigkeit auf, ein Recycling-Dienst, der sich direkt an die Betriebe wendet, die Einwegbecher verwenden. Statt sie mit ihrem sonstigen Müll dem Entsorger zu übergeben, können sie die Becher separat einsammeln lassen. Das kostet die Kunden angeblich nicht mehr als die gewöhnliche Müllabfuhr. Sollten mehr Firmen Simply Cups nutzen, gebe es allerdings Einsparpotenzial, verspricht der Dienstleister. Seit dem vergangenen Jahr nimmt das Recyclingunternehmen auch Becher aus Polypropylen, Polystyrol und PET an. Aus Sicht seiner Macher gehören sie in die “Technosphäre”, nicht in die Biosphäre. Die Becher enthielten schließlich keine biologischen Nährstoffe, von denen sich Pflanzen ernähren könnte. Sie setzen stattdessen auf Kreislaufwirtschaft. Bei einem ihrer Verfahren wird der gesamte Becher geschreddert und mit recyceltem Plastik zu einem neuen, formbaren Kunststoffmaterial vermischt, aus dem sich Dinge wie Kugelschreiber oder Parkbänke herstellen lassen.Die City of London hat sich – gemeinsam mit Network Rail, Kaffeehausketten und ein paar großen Arbeitgebern – vorgenommen, jährlich fünf Millionen Einwegbecher dem Recycling zuzuführen. Ziel der “Square Mile Challenge” ist, bereits im April 500 000 einzusammeln. Bei freiwilligen Initiativen dieser Art wird es vorerst bleiben, denn die Regierung lehnte einen Vorschlag der Liberaldemokraten ab, Einwegbecher wie zuvor schon Plastiktüten mit einer Sondersteuer von fünf Pence zu belegen. Am besten wäre natürlich, wenn jeder seine eigene Tasse mitbrächte, behauptete Parteichef Tim Farron. Leider stimmt das nur, wenn man eine energieeffiziente Spülmaschine hat.