Meta Platforms unter Druck

Steigende KI-Kosten setzen Tech-Investoren zu

Die jüngsten Quartalsberichte der Technologieriesen sind nicht geeignet, die Furcht vor einer KI-Blase zu zerstreuen. Gerade Meta Platforms gerät wegen explodierender Kosten unter Druck.

Steigende KI-Kosten setzen Tech-Investoren zu

Steigende KI-Kosten treiben Tech-Investoren um

Meta Platforms gerät angesichts abgleitender Profitabilität unter Druck – Investitionen in OpenAI lasten auf Gewinn von Microsoft

xaw New York

Steigende Ausgaben für künstliche Intelligenz lasten auf der Profitabilität von Meta Platforms – und sorgen bei Investoren für Unruhe. Die Aktie der Facebook-Mutter gab im nachbörslichen New Yorker Handel am Mittwoch zeitweise um 8% nach, obwohl das Unternehmen für das dritte Quartal Rekorderlöse vermeldete. Der Umsatz sprang gegenüber dem Vorjahr um 26% auf 51,24 Mrd. Dollar. Die Konsensprognose hatte laut Facetset lediglich auf 49,5 Mrd. Dollar gelautet. Für das laufende Quartal rechnet Meta mit Erlösen zwischen 56 und 59 Mrd. Dollar, gegenüber den vorherigen Erwartungen läge das Unternehmen damit im Soll.

Aufgrund einer 15,93 Mrd. Dollar schweren Einmalbelastung sackte der Einmalgewinn um 83% auf 2,71 Mrd. Dollar ab. Meta verwies auf buchhalterische Anpassungen, durch die der Social-Media-Riese für künftige steuerliche Forderungen infolge des Mega-Haushaltspakets von Donald Trump, der „Big, Beautiful Bill“, vorbauen muss. Ohne diese Sonderrückstellung hätte der Gewinn pro Aktie statt bei 1,05 Dollar bei 7,25 Dollar gelegen und damit die Wall Street-Schätzungen von 6,72 Dollar deutlich übertroffen.

Entsprechend sind es nicht steuerliche Belastungen, die Aktionäre umtreiben. Vielmehr richten sich die Blicke auf die Gesamtkosten und Aufwendungen, die gegenüber dem Vorjahr um 32% auf 30,71 Mrd. Dollar zulegten und das Umsatzwachstum damit in den Schatten stellten. Die operative Marge bröckelte im Vergleich zum dritten Quartal 2024 um drei Prozentpunkte auf 40% ab. Das Unternehmen hat das untere Ende der Prognosespanne für die Investitionsausgaben 2025 von 66 auf 70 Mrd. Dollar und für die Gesamtausgaben von 114 auf 116 Mrd. Dollar angehoben. Zudem rechnet Meta damit, dass die Aufwendungen 2026 „mit signifikant schnelleren prozentualen Raten“ wachsen werden als 2025.

Meta-Chef Mark Zuckerberg drängt auf die Entwicklung einer Superintelligenz.
Meta-Chef Mark Zuckerberg drängt auf die Entwicklung einer Superintelligenz.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Nic Coury

CEO Mark Zuckerberg bezeichnete die Beschleunigung in einer Analystenschalte als notwendig, um eine sogenannte „Superintelligenz“ zu erreichen – also KI, deren Leistungsfähigkeit die des Menschen übersteigt. „Sollte die Superintelligenz früher kommen, werden wir ideal für einen Paradigmenwechsel positioniert sein, wie er nur einmal pro Generation vorkommt“, sagte Zuckerberg. Solle der technologische Durchbruch länger auf sich warten lassen, werde Meta die zusätzliche Rechenleistung nutzen, um das Kerngeschäft anzutreiben. Schlimmstenfalls werde die Facebook-Mutter „den Bau neuer Infrastruktur einfach verlangsamen, während wir in das bereits Geschaffene hineinwachsen“.

Die KI-Investitionen von Meta und der Zeithorizont für konkrete neue Produkte waren einmal mehr zentrale Themen in der Analystenschalte zur Quartalsvorlage. Investoren bemängeln, dass das Unternehmen keine konkreteren Angaben zum Return on Invested Capital macht. Sie verweisen darauf, dass der KI-Boom die Bilanz von Meta auf links gedreht habe. Bereits im zweiten Quartal hatte der Tech-Riese erstmals mehr Verpflichtungen aus Krediten, Steuern und Mieten als Cash und marktgängige Wertpapiere vorzuweisen – ein Ungleichgewicht, das sich im dritten Viertel noch verstärkte. Der freie Cash-flow ging zudem um 31,5% auf 10,63 Mrd. Dollar zurück.

Milliarden für KI-Infrastruktur

Bei einem Dinner im Weißen Haus kündigte Zuckerberg Anfang September an, bis 2028 mindestens 600 Mrd. Dollar für Rechenzentren und andere Infrastruktur innerhalb der USA ausgeben zu wollen. Die Analysten von Morgan Stanley gehen gar davon aus, dass die Ausgaben von US-Unternehmen für Chips, Server und Rechenzentren-Infrastruktur zwischen 2025 und 2028 auf 2,9 Bill. Dollar steigen und damit im laufenden und kommenden Jahr 0,5% zum US-BIP beitragen werden. Der Löwenanteil entfällt neben Meta Platforms auf Amazon, Alphabet und Microsoft, die kombinierten Kapitalaufwendungen der vier Tech-Riesen dürften sich allein 2025 auf 400 Mrd. Dollar summieren.

Im Gegensatz zu den drei Wettbewerbern fließen die Rechenzentren-Investments von Meta allerdings ausschließlich in Kapazitäten, die das Unternehmen selbst nutzen will, statt die Computing-Leistung anderen Marktteilnehmern zur Verfügung zu stellen und damit zusätzliche Einnahmen zu generieren. In der vergangenen Woche verkündeten Meta und Blue Owl Capital, in einer Private-Debt-Transaktion 27 Mrd. Dollar für den Bau eines massiven neuen Rechenzentrums in Louisiana eingesammelt zu haben, das unter dem Projektnamen Hyperion läuft. Meta hält dabei einen Anteil von 20%, die Dealstruktur hält der Facebook-Mutter die verbundenen Schulden von der Bilanz und die Investitionsausgaben aus dem Cashflow-Statement heraus.

Neben den Aufwendungen für Rechenzentren sind Vergütungen für KI-Talente für Meta laut CFO Susan Li auch ins kommende Jahr hinein der zweite große Kostentreiber. Über den Sommer heuerte Zuckerberg im großen Stil Forscher an, die er mit mehrjährigen Kompensationspaketen im neunstelligen Dollar-Bereich lockte. Zuvor hatten die im Frühjahr veröffentlichten, hauseigenen Llama-4-Sprachmodelle die Erwartungen enttäuscht. In der vergangenen Woche kündigte der Tech-Riese in einer internen Mitteilung an, 600 Stellen in der KI-Sparte zu kürzen. Das Team, dem die teuren Neueinstellungen angehören, ist dabei größtenteils nicht betroffen.

Microsoft-CEO Satya Nadella will die KI-Kapazitäten seines Konzerns noch bedeutend ausbauen.
Microsoft-CEO Satya Nadella will die KI-Kapazitäten seines Konzerns noch bedeutend ausbauen.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jeff Chiu

Microsoft will im laufenden Jahr deutlich mehr für KI-Infrastruktur aufwenden als bisher prognostiziert. Nach Angaben von CEO Satya Nadella will der Software-Konzern aus Redmond die KI-Kapazität 2025 insgesamt um über 80% ausbauen und den gesamten Datenzentren-Fläche in den kommenden beiden Jahren verdoppeln. Die starke Nachfrage nach den Cloud-Dienstleistungen von Microsoft trieb den Umsatz der Sparte Azure im abgelaufenen Quartal unerwartet kräftig um 40% an und wurde zum Treiber für die konzernweiten Erlöse, die ebenfalls überraschend deutlich um 18% auf 77,7 Mrd. Dollar anzogen. Unter dem Strich blieben 27,7 Mrd. Dollar hängen.

Pessimismus auch bei Microsoft

Obwohl Microsoft die Erwartungen der Wall Street übertraf, rücken auch bei dem Windows-Konzern die Kosten der KI-Transformation in den Fokus. Die Aktie gab im nachbörslichen New Yorker Handel am Mittwoch zeitweise um 4% nach. Verluste aus Investitionen in OpenAI drückten den Nettogewinn um 3,1 Mrd. Dollar.

Analysten warnen, dass der KI-Boom an einer zu kleinen Kundengruppe hänge. Oracle, deren Aktienkurs im September dank einer vollen Auftragspipeline explodierte, verwies darauf, „vier Multi-Milliarden-Dollar-Verträge mit drei verschiedenen Kunden“ unterzeichnet zu haben. Auch bei Microsoft wird eine übergroße Abhängigkeit von OpenAI befürchtet.

Der Konzern hat seine Partnerschaft mit dem ChatGPT-Entwickler zuletzt neu geordnet. Im Rahmen eines am Dienstag verkündeten Deals erhält Microsoft 27% der Anteile an einer neu geschaffenen, gewinnorientierten Gesellschaftsstruktur von OpenAI. Der Technologieriese besitzt bis 2032 laufende Exklusivrechte an intellektuellem Eigentum des Startups, das sich wiederum verpflichtet hat, zusätzliche Cloud-Kapazitäten im Gegenwert von 250 Mrd. Dollar von Microsoft zu beziehen.

Microsoft Experience Center in Manhattan: Der Software-Riese hat seine Kooperation mit OpenAI neu aufgestellt.
Microsoft Experience Center in Manhattan: Der Software-Riese hat seine Kooperation mit OpenAI neu aufgestellt.
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OpenAI verstrickt sich damit zunehmend in teure Investitionspläne, die bei Investoren Sorgen vor einer Blasenbildung wecken. Im September kündigte das Startup an, im Rahmen seiner „Stargate“-Partnerschaft mit dem Datenbankriesen Oracle und der japanischen Technologieholding Softbank fünf neue Rechenzentren bauen zu wollen – die Kosten für diese und einen bereits bei Abilene, Texas aus dem Boden gestampften futuristischen Komplex sollen sich auf 400 Mrd. Dollar summieren.

Setzt OpenAI die Pläne wie angekündigt um, würde das Unternehmen Zugriff auf eine Kapazität von sieben Gigawatt erhalten. Dies soll jedoch erst den Anfang bedeuten: Manager des Startups und von Oracle gehen davon aus, dass der explodierende Bedarf für das Training und die Weiterentwicklung von ChatGPT mittelfristig 20 Gigawatt verschlingen und langfristig sogar rund 100 Gigawatt beanspruchen wird. Wer die OpenAI-Kostenplanung von 50 Mrd. Dollar pro Gigawatt zugrunde legt, kommt also auf einen Gesamt-Finanzierungsbedarf von mindestens 1 und bis zu 5 Bill. Dollar – in letzterem Fall würden die Infrastrukturausgaben das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands übertreffen.

CEO Sam Altman verstrickt sich mit OpenAI in umfangreiche Investitionszusagen.
CEO Sam Altman verstrickt sich mit OpenAI in umfangreiche Investitionszusagen.
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Woher die Mittel kommen sollen, ist allerdings noch unklar. OpenAI-CEO Sam Altman zeigte sich bei einer Pressekonferenz am Dienstag zwar „zuversichtlich“, die nun zugesagten 400 Mrd. Dollar stemmen zu können, räumte aber selbst ein, wohl nicht, „die finale Form der Computing-Finanzierung schon ausgeknobelt zu haben“. Er gehe davon aus, dass die richtige Lösung für diese Herausforderung „wie bei anderen technologischen Revolutionen einen großen Wert für die Gesellschaft freisetzen“ könne.

Furcht vor Kapazitätsbeschränkungen

Microsoft baut im US-Bundesstaat Wisconsin indes das nach Konzernangaben „fortschrittlichste Rechenzentrum der Welt“ und pocht auf ihre volle Auftragspipeline. Der Gesamtwert der unterzeichneten Cloud-Kontrakte, bei denen die Realisierung noch ausstehe, sei um 51% auf 392 Mrd. Dollar gestiegen. Einige Investoren sorgen sich unterdessen darum, dass Kunden aufgrund von Kapazitätsbeschränkungen zur Konkurrenz abwandern. Allerdings stehen auch Cloud-Anbieter wie Oracle vor der Frage, wie sie die zugesagten Rechenkapazitäten für künstliche Intelligenz rechtzeitig bereitstellen sollen.

Positiver fällt die Stimmung derweil bei Alphabet aus. Die Aktie der Google-Mutter zog im nachbörslichen New Yorker Handel am Mittwoch zwischenzeitlich um nahezu 7% an, nachdem sie mit einem Erlössprung um 16% auf 102,3 Mrd. Dollar im dritten Quartal die Erwartungen der Wall Street sprengte. Der Nettogewinn zog um ein Drittel auf 35 Mrd. Dollar an.

Auch Alphabet hat die Prognose für die Investitionsausgaben im laufenden Jahr auf 91 bis 93 Mrd. Dollar angehoben, nachdem sie sich 2024 noch auf 52,5 Mrd. Dollar beliefen. Auch rechnet der Konzern mit einem Anstieg im kommenden Jahr. Allerdings gelingt es Alphabet derzeit besser, Investoren die Return-Aussichten der gewaltigen Aufwendungen zu erklären.

Zusätzliche KI-Funktionalitäten treiben die Erlöse aus dem Suchmaschinengeschäft bereits bedeutend an. Verbesserungen am Chatbot Gemini hellen die Stimmung der Aktionäre ebenfalls auf. Dennoch: Die Quartalsvorlagen der Tech-Riesen sind laut Analysten nicht dazu geeignet, die Furcht vor einer KI-Blase zu zerstreuen.