Stellantis gibt Gas auf dem Parkett

Neuer Chef der fusionierten Gruppe verspricht Wertsteigerung für Aktionäre

Stellantis gibt Gas auf dem Parkett

bl/wü Mailand/Paris – Stellantis hat für sein Börsendebüt den Turbo eingeschaltet. Die Aktie des neuen Automobilkonzerns, der durch den am Wochenende vollzogenen Zusammenschluss der französischen Opel-Mutter PSA mit dem amerikanisch-italienischen Wettbewerber Fiat Chrysler (FCA) entstanden ist, wurde Montag erstmals an den Börsen von Paris und Mailand notiert. Sie legte gleich an ihrem ersten Handelstag um 6,9 % auf 13,44 Euro zu. Das Papier von Stellantis soll ab dem heutigen Dienstag auch an der am Montag wegen eines Feiertags geschlossenen Börse von New York gehandelt werden.Der Referenzpreis für die Aktie war nach Angaben des Börsenbetreibers Euronext auf 12,57 Euro festgelegt worden, bei 3,1 Milliarden für den Handel zugelassenen Aktien. Das entspricht einer Börsenkapitalisierung von 39,2 Mrd. Euro. Die fusionierte Gruppe ist im französischen Leitindex CAC 40 sowie dem Mailänder FTSE MIB gelistet. Spätestens im September könnte die Stellantis-Aktie in den Euro Stoxx 50 aufgenommen werden, erwarten von dpa-afx befragte Indexexperten.”Ab dem heutigen Tag werden wir die Vorteile aus dieser 25-Mrd.-Euro-Fusion ziehen, um eine solide Leistung zu erzielen und den Wert für unsere Aktionäre weiter zu erhöhen, indem wir uns auf unsere außergewöhnlichen Wettbewerbsvorteile stützen”, erklärte der frühere PSA-Chef Carlos Tavares, der als Generaldirektor die operativen Geschäfte der fusionierten Gruppe leitet. Diese kam mit ihren 14 Marken 2019 auf einen Weltmarktanteil von 9 %. Laut Berechnungen von Automotive News Europe dürfte Stellantis von den Verkäufen her im letzten Jahr jedoch nur die weltweite Nummer 6 und nicht wie bei Ankündigung der Fusion erwartet die Nummer 4 sein.John Elkann, der Verwaltungsratsvorsitzende von Stellantis und Chef der Holding Exor, des mit einem Anteil von 14,4 % größten Einzelaktionärs, sprach in einer Videobotschaft von einem “neuen Beginn, einer historischen Ziellinie”, die man gemeinsam erreicht habe. Die Fusion biete “außergewöhnliche Chancen in dieser herausfordernden Zeit der tiefen Veränderungen in der Industrie”. Zweitgrößter Aktionär von Stellantis ist die Familie Peugeot mit 7,7 %, gefolgt vom französischen Staat mit 6,2 % und Dongfeng aus China mit 5,6 %.Die Aktionäre der Opel-Mutter PSA und die von FCA hatten dem Zusammenschluss am 4. Januar zu mehr als 99 % zugestimmt. Die Peugeots legten 1810 mit einer Stahlgießerei das Fundament für den französischen Autobauer, der 1891 sein erstes Motorfahrzeug verkaufte und 1976 mit Citroën fusionierte. Fiat wiederum wurde 1899 gegründet und war von 1903 bis 2014 börsennotiert, seit der Fusion 2014 mit Chrysler als Fiat Chrysler (FCA). Von FCA kommen die Marken Fiat, Maserati, Alfa Romeo, Lancia, Jeep, Ram, Dodge und Abarth, von PSA die Marken Peugeot, Citroën, DS, Opel und Vauxhall.Trotz Garantien für den Erhalt der italienischen Werke fürchten viele Beobachter die Schließung von Fabriken und die Verlagerung von Know-how. Dennoch begrüßen die Gewerkschaften das Vorhaben grundsätzlich, genau wie Arbeitnehmervertreter in Frankreich. Französische Gewerkschaften haben bereits angekündigt, wachsam hinsichtlich von Arbeitsplätzen sowie Forschung und Entwicklung bleiben zu wollen. Analysten von Inovev schätzen, dass die Auslastung europäischer Werke von FCA 2020 nur 60 % betrug, die der europäischen Standorte von PSA 80 %.Stellantis-Chef Tavares will sich am Mittwoch mit italienischen Arbeitnehmervertretern treffen. Kritisch wird in Italien gesehen, dass die französische Seite formal FCA übernimmt und im Verwaltungsrat dank Tavares eine Mehrheit hat. Ex-Premierminister Romano Prodi und der Gewerkschaftschef und Politiker Marco Bentivogli halten das Bündnis für unausgewogen – zulasten der italienischen Seite. Sie kritisieren, dass der italienische Staat keine Beteiligung an Stellantis erworben hat, um ein Gegengewicht zum französischen Staat zu bilden, der mit 6,2 % an dem Autokonzern beteiligt ist.