scd – Reed Hastings ist für die TV-Branche wenigstens so disruptiv wie Tesla-Chef Elon Musk für die Automobilindustrie. Tatsächlich ist er bereits an einem Punkt, wo Musk wohl gerne wäre: Sein Online-Streamingdienst Netflix ist Marktführer in einem stark wachsenden Geschäft – und dabei profitabel. Während etablierte Autobauer Teslas Elektrostrategie auf Druck der Regulierer eher widerwillig folgen, sind es beim von Hastings ins Leben gerufenen Videostreaming-Trend die Kunden, die AT & T, HBO und andere Gesellschaften zunehmend zum Umdenken zwingen.Von deren Versuchen, Netflix das Wasser abzugraben, hält der 56-jährige CEO und Firmengründer reichlich wenig. Angesprochen darauf, ob er nach dem Zusammenschluss von AT & T und Time Warner auch selbst einen Breitbandanbieter vertikal integrieren müsse, belächelte er AT & Ts Expansion in die Inhaltsproduktion. “Wir sind ein globales Unternehmen. Wir arbeiten mit 600 Internetdienstleistern zusammen”, so Hastings im “Wall Street Journal”. Einen einzelnen Online-Dienstleister zu integrieren, ergäbe keinen Sinn. Die größte Konkurrenz sieht er ohnehin nicht mehr im klassischen Fernsehangebot. Er macht sich nach eigenem Bekunden mehr Sorgen darüber, dass die Menschen künftig mehr Zeit mit Snapchat, Facebook, Youtube oder der nächsten hippen Online-Applikation verbringen, statt bei Netflix Videos zu streamen.Im Gegensatz zu anderen Konzernchefs leistet sich Hastings oft den Luxus, zuzugeben, dass er nicht alles weiß. Er wisse nicht, wo Netflix in fünf Jahren stehe, bekannte der zweifache Familienvater, der bei Facebook im Aufsichtsrat sitzt. Nicht Netflix sorge für die Veränderungen, sondern das Internet. Jedes Jahr aufs Neue müsse Netflix überlegen, wie man die neuen Möglichkeiten nutze, um ein großartiges Produkt für die Anwender zu machen. Unter anderem hat er die für Videos übliche regionale Rechtebeschränkung für eigene Inhalte aufgehoben. Netflix ist der erste wirklich globale Anbieter.Wer eine in Deutschland gekaufte DVD in den USA schauen will, hat bei dortigen Geräten Pech. Wer Netflix-Abonnent ist, kann deren Inhalte überall schauen – ob in Australien, Japan oder Deutschland. Der Selfmade-Milliardär, den viele TV-Manager als Störsender wahrnehmen, hat für Konsumenten mindestens eine nervige Störung beseitigt.