Sturmwolken am Sternenhimmel

Vor der virtuellen Hauptversammlung von Daimler formiert sich Widerstand

Sturmwolken am Sternenhimmel

Von Sebastian Schmid, FrankfurtDie Hauptversammlung von Daimler findet am morgigen Mittwoch virtuell statt. Der Ärger der Aktionäre ist dagegen real. “Wir blicken zurück auf ein verlorenes Jahr für Daimler und seine Aktionäre. Drei Gewinnwarnungen zeigen das Ausmaß der Krise und die Anfälligkeit des Geschäftsmodells”, moniert Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment. In den guten Jahren sei falsch investiert worden. Jahrelang war der freie Cash-flow extrem niedrig, weil laut Management in die Zukunft investiert werde. “Heute müssen wir feststellen, dass Daimler nicht zukunftsfähig und der Cashflow immer noch enttäuschend gering ist.” Speich spricht von Aufräumarbeiten nach der Ära Zetsche, die nun anstünden. Während die Deka den Aufsichtsrat um den langjährigen Aufsichtsratschef Manfred Bischoff nicht entlasten will, werde man dies beim Vorstand noch einmal tun. “Wir sprechen dem Management damit einen hohen Vertrauensvorschuss aus, der uns nicht leichtgefallen ist”, betont Speich. Der Vorstandsvorsitzende Källenius sei “insbesondere in seiner Funktion als Vorstand für Forschung und Entwicklung für die derzeitige miserable Lage mit verantwortlich”.Im Aufsichtsrat sitzen laut Speich vier Mitglieder der Kapitalseite, die nicht als unabhängig gelten könnten – darunter Clemens Börsig, der den Prüfungsausschuss leite, was besonders problematisch sei. Neben einer neuen Zusammensetzung des Aufsichtsrats fordert die Deka den Austausch der Abschlussprüfer, lehnt die Berufung von Telekom-Chef Tim Höttges wegen Ämterhäufung ab und stimmt gegen die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien.Noch kritischer als Speich, der immerhin dem Dividendenvorschlag und einigen anderen Tagesordnungspunkten zustimmen will, beurteilt Janne Werning, Head of ESG Capital Markets & Stewardship, die Lage beim Stuttgarter Autobauer. “Daimler ist ein Sanierungsfall und gibt ein schwaches Bild ab, wohin man schaut: Aktienkurs, operatives Geschäft, Elektromobilität, CO2-Emissionen, Effizienz, Marge.”Union Investment will Aufsichtsrat und Vorstand die Entlastung verweigern. Zudem votiert man wie auch Deka gegen die Berufung von Telekom-Chef Höttges in den Aufsichtsrat. Dieser sei mit seinen Ämtern bei der Deutschen Telekom, Henkel und dem FC Bayern München schon mehr als ausgelastet. Auch die vorgeschlagene Dividende von 90 Cent je Aktie ist Werning ein Dorn im Auge. Da die Dieselverfahren noch nicht abgeschlossen sind und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Geschäft von Daimler noch nicht absehbar sind, stimme man gegen den Dividendenvorschlag.Auch für das kommende Jahr ziehen bereits Sturmwolken auf. “Wir fordern vom Aufsichtsrat, den Auswahlprozess für die Nachfolge von Herrn Dr. Bischoff zu starten. Dr. Zetsche ist kein geeigneter Kandidat für den Aufsichtsratsvorsitz”, urteilt Speich.