Mangel an Seltenen Erden

Suzuki stoppt Produktion des Modells Swift

Der Mangel an Seltenen Erden wird sichtbar: Suzuki stoppt die Produktion des Modells Swift. Grund sind Chinas Exportbeschränkungen. In Europas Auto- und Elektroindustrie reichen die Vorräte teils nur noch für einige Wochen.

Suzuki stoppt Produktion des Modells Swift

Der japanische Autobauer Suzuki hat Insidern zufolge die Produktion seines Erfolgsmodells Swift wegen des Mangels an Seltenen Erden eingestellt. Grund dafür ist, dass China Lieferbeschränkungen verhängt hatte. Ein Suzuki-Sprecher lehnte einen Kommentar zum Grund des Produktionsstopps ab, über den zuerst die Wirtschaftszeitung „Nikkei“ berichtet hatte.

Der Autokonzern hatte demnach den Bau des Kleinwagens Swift mit Ausnahme des Sportmodells zunächst vom 26. Mai bis zum 6. Juni ausgesetzt und dies mit einem Mangel an Komponenten begründet. Auch in der europäischen Autoindustrie führt Chinas seit April geltende Exportbremse für Seltene Erden bereits zu Produktionsausfällen. Erste Autozulieferer mussten nach Angaben des europäischen Zuliefererverbandes Clepa bereits Fertigungslinien stoppen. Betroffen seien viele Produkte, die in Elektro- und Verbrennerfahrzeugen zum Einsatz kommen.

Auch in der Elektroindustrie werden die Vorräte knapp. „Die Sorge wächst sichtbar“, sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI. „Es droht ein Desaster“, sagte Andreas Kroll, Geschäftsführer des Rohstoffhändlers Noble Elements. „Einkäufer der Industrie sind in Panik und suchen verzweifelt nach verfügbaren Ressourcen in Europa.“

China dominiert den Weltmarkt

China dominiert den weltweiten Markt für Metalle der Seltenen Erden mit großem Abstand. Zu diesen gehören unter anderem besonders starke Magnete, die in Elektromotoren für Autos, aber auch in Lautsprechern, elektrischen Fensterhebern oder Scheibenwischern vorkommen. Im April wurde kurzfristig ein umfangreiches Genehmigungsverfahren mit Exportlizenzen für Lieferungen in alle Welt eingeführt.

Begründet hatte China die mitten im Handelsstreit mit den USA ergriffene Maßnahme mit dem Schutz der nationalen Sicherheit und Bekämpfung illegaler Rohstoffgeschäfte. Erste Pläne zur Rohstoffkontrolle deutete Peking bereits vor einem Jahr an. Die Abwicklung geht so langsam, dass sich gravierende Lieferprobleme anbahnen. Zuletzt hatte auch der Autoverband VDA vor Produktionsausfällen gewarnt, wenn nicht rasch eine Lösung gefunden wird. Betroffen sind neben der Autobranche auch Flugzeugbauer, Rüstungskonzerne und Medizintechnik.

Erinnerungen an Chipkrise

Der Zulieferer ZF Friedrichshafen erklärte, es seien erste Auswirkungen bei seinen Lieferanten zu beobachten. Der ZF-Vorstand für Elektroantriebe, Mathias Miedreich, sagte in einem Pressegespräch am Dienstag, die Situation könnte ähnliche Ausmaße annehmen wie der Chip-Mangel während der Corona-Pandemie - damals kam es zu kostspieligen massiven Produktionsausfällen in der Autoindustrie. Produktionsstörungen könne es im zweiten Halbjahr geben. „Es wird die ein oder andere Komponente geben, die nicht geliefert werden kann, so dass das Auto nicht gebaut werden kann“, sagte Miedreich.

Vorräte nur noch für einige Wochen

Viele Unternehmen hätten nur noch Ressourcen für wenige Wochen und Monate, erklärte der ZVEI. Die chinesischen Behörden seien von der schieren Masse der Lizenzanträge offenbar überfordert und könnten nur einen Bruchteil abarbeiten. „Eine Besserung der Situation ist nicht zu erkennen“, erklärte Weber. Wie die Verbände forderte auch Rohstoffhändler Kroll, dass die EU-Kommission und die Bundesregierung eingreifen müssten. „Das ist der finale Weckruf für Europa. Europa muss jetzt die Erlangung der Rohstoffsouveränität in den Mittelpunkt seiner Politik stellen.“ Sein Unternehmen gehört nach eigenen Angaben zu den führenden Importeuren Seltener Erden. Der europäische Zuliefererverband Clepa geht davon aus, dass sich in den kommenden drei bis vier Wochen die Lage verschärft, weil sich die Lagerbestände leeren.

Diplomaten, Autobauer und andere Wirtschaftsvertreter bemühen sich Insidern zufolge um Treffen mit Vertretern der Regierung in Peking. Dabei wollen sie darüber sprechen, wie die Unternehmen schneller an Exportlizenzen kommen könnten. So soll demnächst eine japanische Wirtschaftsdelegation nach Peking reisen. Bereits in den vergangenen Wochen hatten europäische Diplomaten im chinesischen Handelsministerium vorgesprochen.

Im April hätten die Unternehmen Hunderte Exportlizenzen beantragt, von denen bislang nur jeder vierte Antrag genehmigt worden sei, erklärte der Verband weiter. In einigen Fällen seien die Lizenzen verwehrt worden. Der Export hat sich im vergangenen Monat halbiert.

Beim Münchner Autobauer BMW sind einige Lieferanten von dem Genehmigungsvorbehalt betroffen. Derzeit laufe die Produktion in den Werken aber planmäßig, sagte ein Sprecher. Bei Volkswagen ist die Versorgung mit den entsprechenden Teilen nach eigenen Angaben derzeit stabil. Mercedes-Benz erklärte, Lehren aus der Chipkrise gezogen zu haben. Produktionschef Jörg Burzer sagte, der Autobauer sei ständig im Gespräch mit seinen Lieferanten, wie sie Risiken kontrollieren. „Der Aufbau von Vorräten spielt dabei natürlich eine Rolle.“

Der Rohstofflieferant Tradium aus der Nähe von Frankfurt berichtete, sogar vor Einführung der Kontrollen gekauftes Material werde jetzt im Hafen aufgehalten. Tradium-Manager Jan Giese mahnte, Europa müsse sich dringend unabhängiger von den Rohstoffen aus China machen. „Das Ärgerliche ist, dass diese Abhängigkeiten seit über zehn Jahren bekannt sind“, sagte er. In Europa sei das Problem zwar erkannt, aber nicht schnell und konsequent genug an einer Lösung gearbeitet worden. 

Nicht nur Suzuki fehlen Seltene Erden

Lieferbeschränkungen setzen gesamte Autoindustrie, aber auch andere Branchen unter Druck

Bloomberg/Reuters Tokio