Start-ups

Taxfix streicht nach Übernahme 120 Stellen

Das eingetrübte Finanzierungsumfeld zwingt den Berliner Anbieter der Steuer-App Taxfix zum strategischen Umdenken. Nach einer Übernahme im Februar hat das Start-up die Belegschaft nun um 20% reduziert.

Taxfix streicht nach Übernahme 120 Stellen

Taxfix kürzt Belegschaft um 20 Prozent

Eingetrübtes Finanzierungsumfeld zwingt Berliner Start-up zu Neuorientierung auf Profitabilität

Beim Berliner Start-up Taxfix, das Verbraucher mithilfe einer App bei der Einkommensteuererklärung unterstützen will, ist es nach der Übernahme eines Rivalen im Februar zu einer umfangreichen Entlassungsrunde gekommen. Das 2016 gegründete Unternehmen, das noch vor gut einem Jahr auf eine Bewertung von mehr als 1 Mrd. Dollar kam, hat die Belegschaft um 20% gekürzt, wie das US-Nachrichtenportal „Techcrunch“ berichtet. In absoluten Zahlen seien 120 Mitarbeitende von den am Dienstag innerhalb des Unternehmens angekündigten Stellenstreichungen betroffen.

Taxfix bestätigte die Entlassungen: „Durch die kürzlich erfolgte erfolgreiche Übernahme von Steuerbot sind beträchtliche Synergien entstanden, die es uns ermöglichen, Effizienzen deutlich zu steigern“, erklärte das Start-up in einem Statement. Dadurch habe man die strategische Entscheidung getroffen, das Unternehmen zu restrukturieren.

Bei der Ankündigung der Übernahme von Steuerbot aus Stuttgart hieß es im Februar noch, dass beide Unternehmen ihre Produkte „auch in Zukunft unabhängig und komplementär“ anbieten würden. Das zuletzt immer schwieriger gewordene Finanzierungsumfeld dürfte den CEO und früheren Facebook-Manager Martin Ott jedoch dazu bewogen haben, die Situation neu zu bewerten. Es sei jetzt „wichtiger denn je, dass wir uns langfristig als unabhängiges Unternehmen positionieren“, ließ Taxfix weiter verlauten. „Das beinhaltet einen noch stärkeren Fokus der Geschäftsaktivitäten auf nachhaltiges Wachstum und Profitabilität.“

Für Start-ups war es schon im vergangenen Jahr nicht leicht, an Risikokapital zu kommen. Vor allem ab der zweiten Jahreshälfte hielten sich Investoren im Zuge der wirtschaftlichen Unsicherheit immer stärker zurück, das weltweite Finanzierungsvolumen sank laut Crunchbase gegenüber dem Rekordjahr 2021 um 35% auf 445 Mrd. Dollar.

Sektor vor Abschwung begehrt

Im Frühling war es Taxfix jedoch noch gelungen, bei einer Series-D-Finanzierungsrunde 220 Mill. Dollar einzusammeln. Neben den Bestandsinvestoren Valar Ventures (hinter der der schillernde US-Investor Peter Thiel steht), Creandum und Redalpine beteiligte sich auch TVG, eine Tochter des kanadischen Pensionsfonds Ontario Teachers Pension Plan. Dieser hatte in der Vergangenheit auch schon Geld in Zalando, SpaceX und Epic Games gesteckt. Nur wenige Tage nach der Taxfix-Finanzierungsrunde hatte auch das auf Selbständige spezialisierte Taxtech-Start-up Accountable aus Brüssel eine Geldspritze im Volumen von 10 Mill. Euro erhalten. Unabhängig vom eingetrübten Finanzierungsumfeld galt der Sektor für Investoren angesichts der mangelnden Digitalisierung in der Steuerberaterbranche als aussichtsreich. 2021 soll sich das VC-Finanzierungsvolumen laut Schätzungen sogar verdreifacht haben.

Allerdings hatte sich im Herbst vergangenen Jahres bei der Vorlage des Jahresabschlusses für 2021 gezeigt, dass Taxfix in dem Zeitraum weniger stark gewachsen war als ursprünglich erhofft. Der Umsatz legte in dem Zeitraum um gut 63% zu, geplant war jedoch eine Steigerung von 100 bis 150%. Taxfix führte die Verfehlung auf die Aktivitäten in Frankreich und Italien zurück. Zugleich stiegen die Marketingausgaben mit 70% deutlich stärker als antizipiert. Unter dem Strich weitete sich der Verlust auf 43 Mill. Euro aus, nach 32,5 Mill. Euro im Jahr 2020. Für 2022 rechnete Taxfix erneut mit einem Umsatzplus von 100 bis 150%.

kro Frankfurt
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