Industrie 4.0

Teamviewer setzt auf AR-Durchblick

Der Softwarekonzern Teamviewer baut seine Expertise im Bereich Augmented Reality mit dem Kauf der US-Firma Upskill aus. Diese zählt unter anderem Boeing zu ihren namhaften Industriekunden.

Teamviewer setzt auf AR-Durchblick

Von Sebastian Schmid, Frankfurt

Die industrielle Expertise liegt in Zukunft vielleicht nicht mehr hinter, sondern in der Brille des Datentechnikers. Augmented Reality (AR) heißt die Technologie, mit der sich passende Informationen virtuell in die Realität einblenden lassen – etwa die Baupläne einer Windkraftanlage, die es zu reparieren gilt. Das verspricht unter anderem schnellere und kostengünstigere Reparaturen, weil nicht immer der Spezialist anreisen muss. Bis Mitte des Jahrzehnts soll sich der Markt für professionelle AR-Anwendungen global vervierfachen auf mehr als 12 Mrd. Dollar.

Der MDax-Konzern Teamviewer hat das Thema AR für sich als Kernwachstumsfeld identifiziert und nun bereits den zweiten Zukauf in dem Geschäftsfeld durchgezogen. Auf die Übernahme von Ubimax für knapp 140 Mill. Euro im vergangenen Sommer folgt nun der Kauf des US-Softwarehauses Upskill. Mit dem 2010 gegründeten Unternehmen, das zwei Standorte in den Vereinigten Staaten unterhält, wurde Stillschweigen über den Kaufpreis vereinbart. Und auch sonst sind kaum Informationen zu dem „Tuck-In-Kauf“ bekannt. Auch auf Nachfrage sagt Teamviewer nichts zu Umsatz und Ergebnis. Laut Website Owler, die Informationen zu privat gehaltenen Unternehmen sammelt, kam Upskill zuletzt auf gut 4 Mill. Dollar Umsatz im Jahr. Crunchbase zufolge hat die US-Gesellschaft bislang 53 Mill. Dollar über mehrere Finanzierungsrunden eingesammelt und kommt auf eine Bewertung zwischen 100 Mill. und 500 Mill. Dollar. Aus Branchenkreisen ist zu vernehmen, das Start-up arbeite noch an der schwarzen Null.

Für den Göppinger Spezialisten für Fernwartungs- und Kollaborationssoftware dürften vor allem der Marktzugang in den USA und die komplementäre AR-Technologie zur übernommenen Ubimax ausschlaggebende Kaufkriterien gewesen sein. Upskills Software ermögliche dank Echtzeit-Schnittstellen über Datenbrillen und andere mobile Endgeräte digitalisierte Arbeitsprozesse, insbesondere in der industriellen Fertigung, bei Inspektionen und Audits, ist in der Mitteilung von Teamviewer zu lesen. Unterstützt werden dabei Datenbrillen wie Microsofts Hololens oder Google Glass. Bislang dominiert im Geschäft mit AR noch der Hardware-Umsatz. Allerdings dürfte die Software in den kommenden Jahren aufholen (siehe Grafik).

Namhafte Kunden

„Durch die Übernahme bauen wir unsere Präsenz im Bereich Augmented Reality in unserem größten Markt, USA, deutlich aus. Upskill ergänzt uns perfekt, da die Software in Branchen wie Luft- und Raumfahrt, Pharma & Life Sciences, Einzelhandel und Schadensmanagement in Versicherungen angewendet wird“, sagte CEO Oliver Steil. Upskill zählt bereits namhafte Kunden wie den Flugzeugbauer Boeing oder den Darmstädter Pharmakonzern Merck zu ihren Kunden. Zu den Investoren zählen neben Boeing auch Accenture, Cisco und GE Ventures.

„Unsere bestehenden Kunden werden von einer beschleunigten Produktentwicklung, globaler Reichweite und zusätzlichen Lösungen und Funktionen aus dem Teamviewer-Portfolio profitieren“, zeigt sich Brian Ballard, Gründer und CEO von Upskill, überzeugt. Für die zwei Standorte von Upskill – Tysons Corner (Virginia) und Austin (Texas) – plant Teamviewer mit einem Ausbau, um die Präsenz in den USA zu vergrößern und Partnerschaften innerhalb des US-amerikanischen Tech-Ökosystems zu stärken. Das soll helfen, das Mittelfristziel von 1 Mrd. Euro Umsatz bis 2023 zu erreichen.