Telenet schluckt zweiten Mobilfunkanbieter

Liberty-Tochter zahlt 400 Mill. Euro für SFR in Belgien und Luxemburg - Kabelfirma setzt auf "Quad-Play"

Telenet schluckt zweiten Mobilfunkanbieter

hei Frankfurt – Im Bietgefecht um die Aktivitäten von SFR in Belgien und Luxemburg hat sich die Kabelfirma Telenet gegen die Konkurrenz von Orange und Apax durchgesetzt. Wie mitgeteilt wird, übernimmt die zu Liberty Global gehörende Telenet den Mobilfunkanbieter für 400 Mill. Euro. Sie erhöht damit ihre Reichweite auf die Wallonie und Luxemburg sowie im Stadtgebiet von Brüssel. Dem Vernehmen nach hatte Altice, die in dem Prozess von Lazard beraten wurde, auf 500 Mill. Euro gehofft. Der Kabel- und Telekomkonzern konzentriert sich auf die Aktivitäten auf der iberischen Halbinsel, in Frankreich und den USA und stößt kleinere Geschäfte ab.In der Transaktion werden Landesgesellschaften von SFR mit dem 6,5-fachen Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) auf Basis 2016 bewertet, wobei Synergien von 16 Mill. Euro vom Jahr 2012 an eingerechnet sind. Die Einsparungen sollen primär aus Skaleneffekten und einer Durchdringung der SFR-Kundenbasis mit den anderen Produkten von Telenet erzielt werden. Substanzielle Synergien, die sonst in der Branche vor allem aus Redundanzen bei den Netzen gehoben werden, sind in diesem Fall nicht zu erwarten. SFR hatte in Belgien und Luxemburg kein eigenes Netz, sondern nutzte bisher schon MVNO (Mobile Virtual Network Operator), das Netz von Base.Die ehemalige KPN-Tochter war von Telenet bereits im Februar 2015 für 1,33 Mrd. Euro übernommen worden. Seither hatte das Kabel-Unternehmen die Wertschöpfungstiefe ihrer Kunden bereits durch ein komplettes sogenanntes “Quad-Play”-Angebot (TV, Internet, Festnetz und Mobilfunk im Bündel) erhöht. Die Aktivitäten von SFR steuern nun weitere 90 000 Mobilfunkkunden in Belgien und 15 000 in Luxemburg bei. Das Angebot von integrierten Quad-Play-Angeboten wird im Telekom- und Kabelsektor zunehmend zum wichtigen Wettbewerbskriterium. Konzerne wie die Telekom oder Vodafone rüsten in ihren Landesgesellschaften entsprechend auf – wie Vodafone zum Beispiel durch den Kauf von Kabel Deutschland oder Ono in Spanien oder die Telekom eine Nummer kleiner in den Niederlanden. Andernfalls stehen Aktivitäten zur Disposition.Telenet will die Akquisition teils aus Barreserven, teils aus einer revolvierenden Kreditlinie finanzieren. Für den Fall, dass für die Hälfte des Kaufpreises die Kreditlinie in Anspruch genommen würde, käme der Kabelnetzbetreiber per Ende September betrachtet nur auf einen leicht erhöhtes Leverage Ratio von 3,6 gegenüber einem berichteten Faktor 3,4, heißt es bei Telenet. Testfall für die BrancheDie Liberty-Tochter ist mit 2,2 Millionen Kunden größter Kabelnetzbetreiber in Belgien. Das hochprofitable Unternehmen hat die Integration von Base ohne nennenswerte Schädigung der Ertragskraft gemeistert. Die Ebitda-Marge sank zwar von 53,7 % auf 45 %, liegt damit aber immer noch am oberen Ende aller integrierten Anbieter. Telenet war eines der ersten Kabelunternehmen, das sich zum Kauf eines Mobilfunkanbieters entschloss. Sie galt damit auch als Testfall für eine Kombination der Geschäfte. Abgesehen von Kabel Deutschland unter dem Dach von Vodafone werden Mobilfunkdienste von den Kabelfirmen hierzulande noch zugebucht.