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TF1 und M6 bündeln die Kräfte

Mit der Bündelung der Kräfte wollen die französischen TV-Sendergruppen TF1 und M6 ein Gegengewicht zu den Streaming- und Tech-Plattformen bilden. Doch die regulatorischen Hürden sind hoch.

TF1 und M6 bündeln die Kräfte

ab Köln – Die französischen TV-Sendergruppen TF1 mit Hauptaktionär Bouygues und M6, bei der die RTL Group die Kontrolle hat, wollen ihre Geschäfte zusammenwerfen. Ziel ist es, ein nationales Gegengewicht zu den internationalen Streamingdiensten und Tech-Plattformen aufzubauen. Der neu zu schaffende Mediengigant brächte es basierend auf den Geschäftszahlen 2020 auf einen Umsatz von 3,4 Mrd. Euro und ein operatives Ergebnis von 461 Mill. Euro, wird mitgeteilt. In Europa schöbe sich die fusionierte Gesellschaft, die umfirmiert werden soll, beim Umsatz auf Rang 4, hinter RTL (6 Mrd. Euro), Canal+ (5,5 Mrd. Euro) und ProSiebenSat.1 (4 Mrd. Euro). Die großen internationalen Rivalen wie Netflix, Amazon, Disney und Apple sind gemessen am Umsatz jedoch um ein Vielfaches größer. Netflix, der kleinste unter ihnen, setzte zuletzt umgerechnet knapp 22 Mrd. Euro um.

An der neuen Gesellschaft soll der Mischkonzern Bouygues 30 % halten und zusammen mit den bei RTL (zunächst) verbleibenden 16 % die Kontrolle ausüben. Das ist in einem Gesellschafterabkommen festgehalten. Zudem hat sich RTL verpflichtet, die verbleibenden 16 % mindestens zwei Jahre nach Abschluss der Transaktion zu halten. Bouygues hat sich im Gegenzug ein Vorkaufsrecht für 5 % des Aktienkapitals gesichert. Es kann ausgeübt werden, wenn RTL erstmals Aktien an der neuen TV-Gruppe zum Verkauf stellt.

Medienaufsicht spricht mit

Um den medienrechtlichen Vorgaben Genüge zu tun, werden die Aktivitäten der Groupe M6 – mit Ausnahme der von der französischen Medienaufsicht CSA regulierten Aktivitäten – in einem ersten Schritt ausgegründet und in die Einheit M6 Services überführt. Die regulierten Geschäfte verbleiben in der aktuellen juristischen Einheit, die börsennotiert bleibt und in M6 Edition umbenannt wird.

Die Fusion wird im Wege eines Aktientauschs durchgeführt, wobei eine M6-Aktie in 2,1 Aktien an TF1 getauscht wird. Dem Aktientausch vorgeschaltet ist bei M6 die Ausschüttung einer Sonderdividende in Höhe von 1,50 Euro je Aktie, in Summe 92 Mill. Euro. Das fusionierte Unternehmen soll der heutige M6-Chef Nicolas de Tavernost als CEO leiten. TF1-CEO Gilles Pélisson werde dagegen bei Bouygues die Funktion des Directeur Général Adjoint mit Zuständigkeit für das Mediengeschäft übernehmen, heißt es. Der Verwaltungsrat der fusionierten Gesellschaft soll zwölf Köpfe zählen. Bouygues schickt vier Personen (inklusive Vorsitz) und RTL zwei.

Nach dem Zusammenschluss von TF1 und M6 Services bringt RTL ihren Anteil von 48,3 % an M6 Edition in die neue Gesellschaft ein, die restlichen 51,7 % bleiben im Streubesitz (siehe Grafik). Im Anschluss daran werden die Luxemburger ein Paket von 11% an der neuen TF1 für 641 Mill. Euro an Bouygues verkaufen. Das entspricht einem Preis je Aktie von 26,30 Euro. Zum Vergleich: M6 hatte den Markt am Montag mit einem Kurs von 17,62 Euro verlassen. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass der Kaufpreis nach Zahlung der Sonderdividende und der ordentlichen Dividende für 2021 (1 Euro) entrichtet wird. Basierend auf den 641 Mill. Euro wird die neue TF1 mit 5,8 Mrd. Euro bewertet.

Mit dem Vollzug des Zusammenschlusses wird allerdings erst Ende 2022 gerechnet, obwohl sich die relevanten Verwaltungs- und Aufsichtsräte einstimmig für die Transaktion ausgesprochen haben. Denn eine Reihe regulatorischer Hürden ist zu nehmen, allen voran die kartellrechtliche Freigabe in Frankreich. Ob der Deal am Ende fliegt oder floppt, hängt letztlich davon ab, wie die französischen Wettbewerbshüter den relevanten Markt definieren.

Nach Einschätzung der Analysten von Barclays hat sich RTL bzw. Bertelsmann bei der Suche nach einem Partner für M6 für den Kandidaten entschieden, mit dem die größten Sprünge nach vorn gelingen können. Umgekehrt steckten in der Kombination von TF1 mit M6 auch die größten regulatorischen Risiken. Alles hänge davon ab, wie die Kartellbehörden – der Deal wird in Frankreich geprüft – den relevanten Markt definierten. Werde das Augenmerk nur auf den TV-Werbemarkt gelegt, sei das Scheitern programmiert, bringen es TF1 und M6 zusammen doch auf einen Marktanteil von 67 %. Im gesamten Video-Markt seien es 59 %. Wenn der gesamte Werbemarkt zum relevanten Markt erklärt würde, seien es dagegen nur 16 %. RTL-Chef Thomas Rabe steht allerdings auf dem Standpunkt, dass man nur anhand eines konkreten Deals überprüfen kann, inwieweit die Wettbewerbshüter ihre Marktsicht der Realität inzwischen angepasst hätten.

Hohe Synergien versprochen

Um die Aktionäre von TF1 und Groupe M6 zur Zustimmung zu bewegen, werden hohe Synergien in Aussicht gestellt. Konkret will die neue Sendergruppe, die auch einen neuen Namen erhalten soll, binnen drei Jahren Synergien von 250 bis 350 Mill. Euro heben. Das Gros soll dabei aus Kosteneinsparungen kommen. Zudem wird mit einer attraktiven Dividende geworben, will die neue Gesellschaft künftig doch 90 % des freien Cash-flows ausschütten. Im abgelaufenen Turnus brachten es TF1 und M6 zusammen auf einen freien Cash-flow von 400 Mill. Euro.

Nimmt man die Börsenreaktion als Maßstab, hat RTL den besseren Deal ausgehandelt. Die Aktie der Luxemburger Sendergruppe legte gestern um fast 4 % zu, während Bouygues um 1,4 % nachgaben. Den größten Kurssprung legten TF1 mit einem Tagesgewinn von über 7 % hin.