Vier Jahre nach der Übernahme von Gemalto für 4,8 Mrd. Euro geht Thales wieder auf Einkaufstour. Der französische Rüstungs- und Luftfahrtelektronikkonzern kündigte Montag die Übernahme des amerikanischen Cybersicherheits-Spezialisten Imperva für 3,6 Mrd. Dollar an. Es ist bereits die zweite größere Akquisition innerhalb kurzer Zeit, denn Thales hatte erst am 12. Juli bekanntgegeben, das auf sichere Cockpit-Kommunikationssysteme spezialisierte Unternehmen Cobham Aerospace Communications für 1,1 Mrd. Dollar kaufen zu wollen.

Der Preis, den Thales der Private-Equity-Gesellschaft Thoma Bravo zahlen wird, beträgt nach Angaben des CAC-40-Konzerns das 17-Fache des für 2024 erwarteten operativen Ergebnisses. Das Multiple sei für Luftfahrt und Verteidigung sehr hoch, aber weitaus typischer für Cybersicherheit, meinen die Analysten von Jefferies. Die Finanzierung der beiden Übernahmen erfolgt laut Finanzchef Pascal Bouchiat aus der bestehenden Cash-Reserve und neu auszugebenden Anleihen, unabhängig von dem Verkauf der Transportsparte, der noch nicht abgeschlossen ist. Beraten wird Thales bei der Übernahme von Morgan Stanley und Centerview Partners.

„Thales wird auch nach diesen beiden Akquisitionen eine solide Anlagebonität behalten“, erklär Bouchiat. Moody’s stuft Thales mit A2 mit stabilem Ausblick ein. „Seit der Akquisition von Gemalto konzentrieren wir uns auf Akquisitionen, die sich leicht in eine unserer drei Sparten integrieren lassen, auch vom Umsatz her“, sagt Konzernchef Patrice Caine. „Wir werden unter Einhaltung unserer finanziellen Disziplin auch weiter nach solchen ergänzenden Akquisitionen schauen. Dabei wollen wir unseren Investment Grade halten.“

Die Übernahme von Imperva bezeichnet Caine als wichtigen Meilenstein für die Cybersicherheits-Strategie von Thales. Aktiva in dieser Größe seien in diesem Bereich rar. „Es ist eine seltene Gelegenheit, einen Weltmarktführer für Data- und Application Security aufzubauen.“ Die Übernahme werde Thales ermöglichen, das Portfolio in der Cybersicherheit auszubauen. So war der Konzern, der 2022 mit Cybersecurity-Aktivitäten auf einen Umsatz von rund 1,5 Mrd. Euro gekommen ist, bisher nicht im Bereich Application Security tätig. Das ist ein Bereich, der immer wichtiger wird, da Apps für Angreifer ein beliebtes Einfallstor sind. Imperva macht 61% seines Umsatzes von zuletzt 496 Mill. Dollar damit, den Rest mit Data Security.

Durch die Akquisition des vor 20 Jahren in Kalifornien gegründeten Cybersicherheits-Spezialisten rückt Thales laut Caine in eine neue Dimension vor. So dürfte sich der Umsatz mit Cybersicherheit auf Pro-forma-Basis auf 2,4 Mrd. Euro erhöhen, wozu auch die im Juni verkündete Akquisition von Tesserent aus Australien für 107 Mill. Euro beitragen wird. 67% des Umsatzes sollen aus allgemeinen Sicherheitsprodukten, darunter Imperva, stammen, 16% aus Dienstleistungen und 17% aus Produkten für den Hoheitsschutz wie Verschlüsselungsgeräte oder unidirektionale Sicherheits-Gateways.

Thales erwartet, dass sich die Synergien nach der Übernahmen von Imperva bis 2029 schrittweise auf 110 Mill. Dollar erhöhen werden, darunter 50 Mill. Euro Kostensynergien. Das sei eine vorsichtige Schätzung, meint Finanzchef Bouchiat. Durch die Übernahme verändere sich das Profil der Sparte Digital Identity & Security (DIS) radikal, so CEO Caine. Sie soll 2024 auf einen Umsatz von 4,5 Mrd. Euro kommen, davon 2 Mrd. Euro mit Cybersicherheit. Ein Teil der Erlöse wird in der Sparte Verteidigung und Sicherheit verbucht. Bis 2027 soll der DIS-Umsatz auf 5,4 bis 5,5 Mrd. Euro steigen.