The City also sleeps

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 25.9.2015 Rund um die Uhr einkaufen, was das Herz begehrt. So stellt man sich das Leben in einer Weltstadt vor. In rund 400 Niederlassungen des größten britischen Einzelhändlers Tesco ist das bislang...

The City also sleeps

Von Andreas Hippin, LondonRund um die Uhr einkaufen, was das Herz begehrt. So stellt man sich das Leben in einer Weltstadt vor. In rund 400 Niederlassungen des größten britischen Einzelhändlers Tesco ist das bislang möglich. Seit fast zwei Jahrzehnten setzt der Branchenprimus auf den 24-Stunden-Betrieb – weit länger, als Wal-Mart mit diesem Ansatz in Deutschland durchhielt. Aber mit Blick auf die Kosten rückt das Management unter dem Sanierer Dave Lewis (“Drastic Dave”) zunehmend davon ab. In zwei großen Märkten bleiben die Türen nun zwischen Mitternacht und 6:00 Uhr geschlossen, weil sich der Nachtbetrieb durch das Interesse der Kundschaft einfach nicht rechtfertigen ließ. Man darf damit rechnen, dass weitere Niederlassungen diesem Beispiel folgen werden.Noch sei nichts entschieden, sagt eine Unternehmenssprecherin. Man werde sich immer nach den Wünschen der Kunden richten usw. usw. Aber die Einzelhandelslandschaft hat sich grundlegend verändert. Seit dem Siegeszug des Online-Lebensmittelhandels stehen Menschen, die bislang auf lange Öffnungszeiten angewiesen waren, etwa Schichtarbeitern, andere Möglichkeiten offen, ihren täglichen Bedarf zu decken. Die Vorteile sind offenkundig: Man muss nicht mehr mitten in der Nacht auf einem verlassenen Parkplatz außerhalb der Stadt seine Einkäufe in den Kofferraum packen und hoffen, dabei nicht ausgeraubt zu werden. Man muss auch nicht mehr darauf warten, dass Betrunkene, die sich noch etwas Nachschub holen wollen, an der Kasse ihr Kleingeld auf den Tisch gezählt haben.Tesco verkaufte zuletzt die südkoreanische Tochter Homeplus für 4 Mrd. Pfund an ein vom Finanzinvestor MBK Partners geführtes Konsortium (vgl. BZ vom 8. September). Der FTSE 100-Gesellschaft machen zum einen Discounter wie Aldi und Lidl zu schaffen. Zum anderen zieht die Edelsupermarktkette Waitrose die Kunden an, die nicht jeden Penny zweimal umdrehen. Die riesigen Supermärkte auf der großen Wiese, die einst das bedeutendste Asset von Tesco darstellten, entwickeln sich zunehmend zur Belastung. Die Auswirkungen der verkürzten Öffnungszeiten auf die Belegschaft wären begrenzt, denn es werden Mitarbeiter benötigt, um online bestellte Lieferungen zusammenzustellen und die Regale wieder aufzufüllen. Lewis sollte es einfach akzeptieren: The City also sleeps. ——–In 400 Tesco-Märkten kann man rund um die Uhr einkaufen. Aber die Kunden bleiben aus.——-