Kenvue unter Druck

Trump und Kennedy rütteln Healthcare-Sektor durch

Eine Warnung von US-Präsident Donald Trump vor dem Schmerzmittel Tylenol setzt Hersteller Kenvue unter Druck. Derweil ruft die Politik von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. an der Wall Street Sorgen hervor.

Trump und Kennedy rütteln Healthcare-Sektor durch

Trump und Kennedy rütteln Healthcare-Sektor durch

Warnung der US-Regierung vor Schmerzmittel Tylenol beschert Aktie von Hersteller Kenvue Volatilität

xaw New York

Kenvue bereitet sich auf eine Klagewelle vor. Denn die 2023 abgespaltene Consumer-Health-Sparte von Johnson & Johnson ist unter Druck geraten, nachdem US-Präsident Donald Trump und sein Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. vor dem Schmerzmittel Tylenol gewarnt haben. Die Einnahme des Wirkstoffs Acetaminophen (Paracetamol) durch Schwangere sei ein potenzieller Grund für Autismus bei Kindern.

Klagerisiko steigt

„Nehmen Sie kein Tylenol, wenn Sie schwanger sind“, sagte Trump bei einer Pressekonferenz am Montag. Mit seiner Behauptung, die sich nicht mit dem wissenschaftlichen Konsens deckt, verleiht der Republikaner Anwälten Munition, die Niederlagen in Prozessen um angeblich durch das Schmerzmittel verursachte Entwicklungsstörungen wettmachen wollen. Seit 2022 wurden rund 500 entsprechende Klagen gegen Johnson & Johnson und Kenvue sowie Anbieter von Arznei-Handelsmarken eingereicht.

Die Kenvue-Aktie ist auf Rekordtief abgesackt.
Die Kenvue-Aktie ist auf Rekordtief abgesackt.
picture alliance / ZUMAPRESS.com | Pavlo Gonchar

Die Kenvue-Aktie war in der Folge massiver Volatilität ausgesetzt. Am Montag sackte sie um 7,5% auf 16,97 Dollar ab – den niedrigsten Schlussstand ihrer jungen Börsengeschichte. Im frühen New Yorker Dienstagshandel lag sie allerdings im Aufwind, nachdem Citigroup optimistischere Töne anschlug. Die Analysten heben einen „Mangel an neuen wissenschaftlichen Beweisen“ hervor, die Trumps Behauptungen untermauern könnten. Dabei verweisen sie auch auf eine 2023 abgewiesene Sammelklage. Insgesamt, betont Citigroup, hätten die Nachrichten für Kenvue schlimmer ausfallen können – Investoren hatten im Vorfeld der Pressekonferenz harte Verkaufsbeschränkungen oder sogar ein Verbot des Schmerzmittels befürchtet.

Strategie unterminiert

Doch die Analysten der Investmentbank Evercore mahnen, dass neue Sicherheitswarnungen der Arzneimittelbehörde FDA die Strategie von Kenvue unterminieren, Tylenol zu einer globalen Marke zu machen. Bisher generiert Kenvue über das Schmerzmittel laut Citigroup 10% ihres Umsatzes und zwischen 12 und 15% des operativen Gewinns. Das Unternehmen betont, dass Tylenol sicher sei und zeigt sich „tief besorgt über das Gesundheitsrisiko“, das Trumps Aussagen für werdende Mütter nach sich ziehe. Die FDA gibt in ihren Empfehlungen ebenfalls zu, dass Studien keine kausale Beziehung zwischen der Einnahme von Acetaminophen und Autismus bestätigt haben.

Das Beispiel Tylenol zeigt, wie einschneidend die Trump-Administration und allen voran Kennedy in den Healthcare-Sektor eingreifen. So entließ der Minister im Juni alle 17 Mitglieder eines Gremiums, das die für die Kontrolle von Infektionskrankheiten zuständige Behörde CDC zu Impfstoffen berät. Er warf ihnen Interessenskonflikte vor und berief neue Berater – viele davon gelten als Verschwörungstheoretiker, die Impfstoffe als schädlich einstufen.

Absetzung gefordert

Doch nicht nur Demokraten im Kongress bezeichnen Kennedys Politik als „Gefahr für die öffentliche Gesundheit“ – auch an der Wall Street werden kritische Stimmen laut. So forderten die Analysten von Cantor Fitzgerald, deren Ex-CEO Howard Lutnick als Handelsminister ebenfalls Teil von Trumps Kabinett ist, bereits Ende März eine Absetzung des Gesundheitsministers. Zuvor hatte Kennedy den Rücktritt des FDA-Offiziellen Peter Marks erzwungen, der für die Regulierung von Impfstoffen zuständig war.

Die Biotech-Strategen von Cantor Fitzgerald sprachen von einer „Attacke auf die Wissenschaft“. Es stünden durch Kennedys Politik nicht nur Pharma-Gewinne auf dem Spiel, sondern auch Menschenleben. Am Montag gab Trump sein bisher klarstes Bekenntnis zur kontroversen Impfstrategie seines Gesundheitsministers ab. So empfahl der Präsident, Kindern die Vakzine gegen Masern, Mumps und Röteln getrennt zu verabreichen. Wie im Rest der Welt sind in den USA Kombinationsimmunisierungen gegen die drei Krankheiten üblich, Ärzten stehen in der Regel keine separaten Impfstoffe zur Verfügung.