Trumps Deregulierung löst Merger-Flut aus
Trumps Deregulierung löst Merger-Flut aus
Trumps Deregulierung löst Merger-Flut aus
Nach langer Flaute bahnt sich Rekordjahr für Mega-Deals an – Milliarden-Ankündigungen binnen weniger Stunden – Auch Bankenkonsolidierung als Treiber
In den USA kommt es binnen kurzer Zeit zu einem Hagel an milliardenschweren Deals. Entscheidender Grund für die starke Aktivität bei Fusionen und Übernahmen ist die gelockerte Regulierung der Trump-Administration. Doch Kritiker warnen vor gefährlichen Folgen des ungebremsten M&A-Booms.
xaw New York
Auf Amerikas M&A-Markt bricht der Damm: Der Zusammenschluss der Versorger American Water Works und Essential Utilities, durch den ein 40 Mrd. Dollar schwerer Wasser- und Abwasserriese entsteht, ist nur Teil einer Flutwelle. Im dritten Quartal sind die globalen Volumina von Fusionen und Übernahmen laut dem Datendienst LSEG auf über 1 Bill. Dollar geklettert; die USA und ihr von Hoffnungen auf künstliche Intelligenz belebter Technologiesektor sind dabei wieder einmal das Zugpferd.
Boom trotz Einmischungen
Gemäß Auswertungen der Beratungsgesellschaft EY kam es in den Vereinigten Staaten allein im September zu mehr als 150 Deals mit einem Volumen von über 100 Mill. Dollar; der aggregierte monatliche Gegenwert lag zuletzt regelmäßig bei über 250 Mrd. Dollar. Damit bahnt sich ein Rekordjahr für Megadeals an. Insbesondere der Ende des vergangenen Monats angekündigte größte Leveraged Buyout aller Zeiten – die 55 Mrd. Dollar schwere Übernahme des Videospielproduzenten Electronic Arts durch den saudischen Staatsfonds PFIF und eine Gruppe von Investoren um Affinity Partners, die Firma von Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner – stechen hervor.

Der US-Präsident und seine Administration sind es auch, die das Deal-Umfeld entscheidend begünstigen. Zwar mischt sich die Regierung unter Trump stärker denn je in privatwirtschaftliche Belange ein, wie ihre Intervention bei der Übernahme von US Steel durch Nippon Steel zeigt: Washington sicherte sich im Rahmen der 14,9 Mrd. Dollar schweren Akquisition der amerikanischen Industrieikone im Sommer eine goldene Aktie, die den Vereinigten Staaten ein Veto-Recht bei strategischen Entscheidungen einräumt. Ohne Trumps Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2024 wäre der Deal aber wohl gar nicht zustande gekommen, betonen Analysten – schließlich hatte Amtsvorgänger Joe Biden ihn mit Verweis auf die nationale Sicherheit blockiert.
Kartellbehörden agieren behutsamer
Amerikas wichtigste Kartellbehörden, das Justizministerium und die Wettbewerbsaufsicht FTC, gehen im laufenden Jahr weitaus behutsamer vor als noch in der vergangenen Legislaturperiode. Während Bidens Präsidentschaft hatten sie das Kartellrecht noch äußerst eng ausgelegt und Merger als grundsätzlich schlecht für das Verbraucherwohl gewertet. Nun finden allerdings auch Deals wie die Übernahme des Netzwerkausrüsters Juniper durch Hewlett Packard Enterprise, die das Justizministerium zu Beginn von Trumps Amtszeit noch blockierte, zu ihrem Abschluss. Der IT-Riese schloss Ende Juni einen Vergleich mit geringen Auflagen, seit der Finalisierung Anfang Juli schreitet die Integration voran.

Lionel Ng/Bloomberg
Die Deal-freundliche Regulierung unter Trump hebt die Boote an Wall Street – Amerikas Großbanken haben im dritten Quartal dank eines starken Kapitalmarktgeschäfts die Erwartungen übertroffen. „Wir rechnen mit viel Aktivität im Herbst“, sagte John Waldron, Präsident und Chief Operating Officer von Goldman Sachs, bereits im Sommer vor Medienvertretern in New York. So öffne sich der M&A-Markt insbesondere für Deals mit einem Volumen ab 500 Mill. Dollar aufwärts. Denn Unternehmen strebten wieder nachdrücklicher nach Skaleneffekten, um in einer Ära rasanten technologischen Wandels nicht den Anschluss zu verlieren.
Finanzsektor treibt Aktivität
Getrieben wird die Aktivität indes auch durch den Finanzsektor selbst. Amerikas Bankenlandschaft hat sich über die vergangenen Jahrzehnte bereits stark konsolidiert: Gab es in den 1980er Jahren noch fast 15.000 Institute, ist die Zahl nunmehr auf etwas mehr als 4.000 geschrumpft. Zu Wochenbeginn kündigte sich der nächste Merger an: Die vor allem im Mittleren Westen präsente Huntington Bancshares übernimmt Cadence Bank und expandiert über den 7,4 Mrd. Dollar schweren Aktientausch im Süden. Die Bekanntgabe war Teil eines Hagels an Milliarden-Deals, mit denen Gesellschaften binnen weniger Stunden an die Öffentlichkeit gingen.
US-Regionalbanken stehen spätestens seit 2023 unter Druck, ihre Bilanzen über Zusammenschlüsse zu stabilisieren. Zuletzt hatten bereits Fifth Third Bancorp aus Cincinnati und Comerica aus Dallas einen Merger über einen 10,9 Mrd. Dollar schweren Aktientausch vermeldet. Greg Hertrich, Leiter US-Bankenstrategie bei Nomura, geht davon aus, dass die Zahl der Geschäftsbanken in den Vereinigten Staaten in den nächsten Jahren eher in Richtung 2.500 tendieren wird.
Gefahren lauern
Stephen Seinour, CEO von Huntington Bancshares, betonte bei Bekanntgabe der Cadence-Übernahme ebenfalls, dass das „regulatorische Umfeld konstruktiv ist, und nicht nur für die Bankenbranche“. Die Politik der Trump-Administration werde das amerikanische Wachstum fördern. Kritiker wenden indes ein, dass die ungebremste Deal-Flut die Preissetzungsmacht von Monopolisten und Oligopolisten in vielen Branchen stärken und somit höhere Kosten für Verbraucher nach sich ziehen werde, die ohnehin unter angespannten finanziellen Bedingungen leiden. Im Finanzsektor lauerten durch das zu schnelle Wachstum regionaler Geldhäuser indes Stabilitätsrisiken.
