Tui sucht Abnehmer für Air-Berlin-Mannschaften

Reisekonzern war bereit für "Mehrheit" in Verbund - Betriebsmittel reichen wohl nur bis Ende September

Tui sucht Abnehmer für Air-Berlin-Mannschaften

hei Frankfurt – Einer, der bei den Verhandlungen über die Zukunft von Air Berlin mit am Tisch sitzt, hat schon mal kein direktes Kaufinteresse: Tui-Chef Fritz Joussen machte vor Journalisten in London deutlich, dass es für den Touristikkonzern primär um eine “Lösung” für 700 Beschäftigte gehe, die im Rahmen eines Leasing-Vertrages aus dem Jahr 2009 an Air Berlin verliehen wurden. Insgesamt hatte die eigene Airline Tuifly 14 Flugzeuge samt Crews an die Berliner abgetreten – damals zu sehr lukrativen Bedingungen, wie es heißt. “Worst Case”Die Insolvenz von Air Berlin hat daher im Ernstfall, wenn die Fluggesellschaft den Betrieb einstellen müsste, für Tui die unangenehme Folge, dass diese Kapazitäten mit Mann und Maus wieder bei ihr aufschlagen würden, ein Szenario, dass Joussen unbedingt vermeiden möchte. Denn ein solches wäre für die Tui der “Worst Case”, weil die Landerechte zu den Flugrouten, auf denen Maschinen und Mannschaft bisher eingesetzt waren, dann an den Bund zurückfielen, dessen Vergabestelle sie nach einem bestimmten Schlüssel neu zuteilen würde. Für die Tuifly blieben nur überschüssige Kapazitäten.Joussen hatte schon kurz nachdem er in den Chefsessel des Reisekonzerns gestiegen war, festgestellt, dass eine eigene Airline ein teurer Klotz am Bein ist. Strategisches Ziel war und ist daher, nach Alternativen zu suchen. So hatte die Tui bereits versucht, mit dem Air-Berlin-Großaktionär Etihad einen Airline-Verbund aus Tuifly, Niki und weiteren Teilen von Air Berlin zu schaffen, an dem Tui allerdings nur 24,9 % halten wollte. Das Unterfangen scheiterte. Daraufhin war der Reisekonzern sogar bereit gewesen, in einem solchen Verbund “eine Mehrheit” zu übernehmen, wie Joussen jetzt in London offenbarte. Denn auch wenn Tui die Portfoliobereinigung und Ausrichtung auf das Reise-, Hotel- und Kreuzfahrtgeschäft entschlossen vorangetrieben hat, war ein direkter Verkauf der eigenen Fluggesellschaft kein gangbarer Weg, die Einbringung in eine größere Einheit die beste Möglichkeit. Kompromiss nötigBei einer Aufteilung von Air Berlin, die nach wie vor als wahrscheinlich gilt, könnte daher für Teile der Gesellschaft auch ein solches Verbundmodell erneut zum Tragen kommen, offenbar auch mit einem größeren Engagement der Tui. Zumal mit der Thomas-Cook-Tochter Condor eine weitere Touristik-Airline am Ball sein soll. Eine solche Lösung könnte mit den Zielsetzungen der Lufthansa in den Verhandlungen zwar im Konflikt stehen. Denn dem Vernehmen nach gilt deren Interesse auch vorrangig dem profitablen Ferienflieger Niki. Jedoch ist die Lufthansa zur Verstärkung ihrer Tochter Eurowings auch schwerpunktmäßig an Langstreckenrouten und lukrativen innerdeutschen Verbindungen wie zum Beispiel Düsseldorf – Berlin interessiert. Somit wäre ein Kompromiss nötig. Noch ist allerdings nicht bekannt, wer sonst tatsächlich noch alles an Air Berlin oder Teilen interessiert ist. 5 Mill. Euro am TagAllerdings ist die Zeit für Verhandlungen offenbar knapper als gedacht. Da der Ticketverkauf von Air Berlin eingebrochen ist und somit praktisch kaum Geld hereinkommt, dürften die 150 Mill. Euro Überbrückungskredit vom Bund keinesfalls bis Ende November reichen. In Unternehmenskreisen ist von einem tägliche Mittelbedarf von rund 5 Mill. Euro die Rede. Damit wäre der Kredit in 30 Tagen verbraucht. Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann dringt nicht ohne Grund darauf, dass bis Ende September alles in trockenen Tüchern sein sollte.