Twitter geht mit Verlust an die Börse

Kurznachrichtendienst will Fehler von Facebook vermeiden - 1 Mrd. Dollar Erlös erhofft

Twitter geht mit Verlust an die Börse

Mit Twitter strebt ein weiteres soziales Netzwerk an die Börse. Das Unternehmen aus San Francisco versucht dabei, die Fehler von Facebook zu vermeiden und keine überschwängliche Euphorie aufkommen zu lassen. Gleichwohl sind die Wertvorstellungen ambitioniert: Der absehbare IPO-Preis liegt mit dem 29fachen des Umsatzes über den meisten anderen Netzwerk-Unternehmen.hen New York – Mit der Veröffentlichung des Emissionsprospekts von Twitter läuft der Countdown zu einem der spannendsten Börsengänge der vergangenen Jahre. In den nächsten drei Wochen wird sich der Kurznachrichtendienst Investoren vorstellen. Die Aktien werden voraussichtlich am 8. November zum ersten Mal an der New Yorker Börse gehandelt. Wenn alles gut geht, dürfte das Unternehmen mit 12,8 Mrd. Dollar bewertet werden; im Zuge des IPO sollen Aktien im Umfang von 1 Mrd. Dollar verkauft werden.Hinter diesem Preis steckt die Hoffnung, dass Twitter Nutzerzahlen, Umsatz und Gewinn stark in die Höhe wird treiben können. In den zwölf Monaten bis Ende Juni hat das Unternehmen einen Umsatz von 450 Mill. Dollar erwirtschaftet. Die Haupteinnahmequelle war dabei die Werbung. Anzeigen auf den sich schnell verbreitenden mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tabletcomputer spielen dabei eine immer größere Rolle: Im Geschäftsquartal per Ende Juni machte mobile Werbung rund zwei Drittel der Werbeeinnahmen aus. Und die Nutzergemeinde wächst rasant: 218 Millionen Menschen nutzen Twitter im Monat, das sind 44 % mehr als im Vorjahresmonat.Doch Twitter gibt viel Geld für Wachstum aus und musste daher in den zwölf Monaten bis Ende Juni unter dem Strich ein Minus von 100 Mill. Dollar ausweisen. Twitters mögliche Bewertung von 12,8 Mrd. Dollar entspricht damit dem 29fachen des Umsatzes – das im Vergleich mit anderen jungen Anbietern von sozialen Netzwerken hoch. Viele Beobachter erwarten jedoch, dass Twitter schon im nächsten Geschäftsjahr die Umsatzmarke von 1 Mrd. Dollar erreichen wird.In den vergangenen Jahren war eine Reihe von Wettbewerbern an die Börse gekommen, darunter das Karriere-Netzwerk Linkedin, der Spielehersteller Zynga, der Marktplatz Groupon und zuletzt das weltweit größte Netzwerk Facebook. Sie alle zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Kommunikation zwischen Internetnutzern erleichtern. Twitter hat derzeit im Monat durchschnittlich 218 Millionen Nutzer, Facebook kommt auf 1,2 Milliarden. WechselbäderDie rasante Verbreitung dieser Kommunikationsplattformen unter Internetnutzern hatte potenzielle Investoren lange zu extremen Einschätzungen dieser jungen, meist aus den USA stammenden Firmen bewogen. Die einen sahen darin bereits das nächste Google oder Microsoft, während sich andere an den New-Economy-Boom um die Jahrtausendwende und sein trauriges Ende erinnert fühlten.Mit Twitter tritt ein weiteres Unternehmen an, das beweisen will, dass sich auf der Basis einer großen und schnell wachsenden Nutzergemeinde ein tragfähiges Geschäftsmodell aufbauen lässt. Das 2006 gegründete Unternehmen aus San Francisco will dabei alles daransetzen, die Fehler seiner Vorgänger beim Börsengang zu vermeiden. Dazu gehört vor allem, keine allzu große Euphorie vor dem Listing aufkommen zu lassen. Facebook etwa hatte eine solche geschürt, die Bewertung war auf über 100 Mrd. Dollar in die Höhe geschossen, nur um angesichts leicht rückläufiger Erlöse dann schnell wieder um die Hälfte einzubrechen.Twitter vermeidet in ihrem Börsenprospekt, sich einer allzu protzigen Mission zu verschreiben. Während Facebook eine “offenere Kultur” kreieren will und Google gar die Welt verbessern wollte, ist bei Twitter eigentlich nur eine schlichte Unternehmensbeschreibung zu finden: Die Firma will die freie und globale Kommunikation verbessern.Angesichts des bevorstehenden IPO gewährt Twitter erstmals Einblick in ihr Zahlenwerk. Um auf der sicheren Seite zu sein, hat das Netzwerk von einem neuen Gesetz (“Jumpstart Our Business Startups Act”) Gebrauch gemacht und den Emissionsprospekt vor einigen Wochen zunächst als nichtöffentliches Dokument der Börsenaufsicht SEC zur ersten Prüfung eingereicht.