Über der neuen Syngenta ziehen Wolken auf

Agrarchemiekonzern handelt sich in Rechtsstreit in Amerika herbe Niederlage ein

Über der neuen Syngenta ziehen Wolken auf

dz Zürich – Seit gestern regieren bei Syngenta in Basel definitiv die Chinesen. Auf der letzten Generalversammlung des Konzerns, an der Chemchina bereits rund 95 % der Aktien vertrat, wählten die Aktionäre den Vorsitzenden des chinesischen Staatsbetriebes Ren Jianxin dem Drehbuch folgend auch zum Präsidenten von Syngenta. Der bisherige Amtsinhaber Michel Demaré wurde wie geplant ins Vizepräsidium relegiert.Die Stabsübergabe stand allerdings unter keinem guten Stern. Am vergangenen Freitag hatte ein US-Geschworenengericht in Kansas einer Sammelklage von 7 300 amerikanischen Bauern gegen den vormaligen Schweizer Agrarchemiekonzern stattgegeben. Das Gericht sprach ihnen einen Schadenersatz von 218 Mill. Dollar zu.Nach Auskunft der auf Nachhaltigkeit spezialisierten Finanzanalysegesellschaft Sustainalytics sieht sich Syngenta in der Sache mit 440 000 Klägern konfrontiert. Die geschätzte geforderte Schadensumme von 5 bis 7 Mrd. Dollar stammt aus deren Kreisen. Die Kläger machen geltend, sie seien von Syngenta über die Zulassung von Viptera falsch informiert worden. Sustainalytics ordnet den Rechtsstreit der Kategorie 3 für “signifikante” Risiken zu. Die Skala reicht von 1 bis 5. Als Risikofaktoren werden “die außergewöhnliche Anzahl an Klägern” sowie die Höhe des geschätzten Schadens genannt. Eine Syngenta-Sprecherin erklärte auf Anfrage, man bedaure das Urteil. Es werde bloß dazu führen, dass den amerikanischen Bauern künftig der Zugang zu den modernsten Technologien verwehrt bleibe. Das Urteil sei nicht gerechtfertigt und werde angefochten, teilte Syngenta weiter mit.Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die vielen noch offenen Rechtsstreitigkeiten, mit denen die großen Agrarchemieanbieter auch nach der jüngsten Fusions- und Übernahmewelle konfrontiert bleiben. Im vergangenen Jahr wurde Monsanto von einem Gericht in St. Louis zu einer Schadenersatzzahlung an drei Kläger in Höhe von über 46 Mill. Dollar verurteilt. Hinter dem Fall verbirgt sich eine potenziell riesige Altlast mit einem hohen Schadenspotenzial für die Aktionäre.Im Urteil von Sustainalytics wird die Übernahme von Monsanto wahrscheinlich auch das Risikoprofil von Bayer erhöhen – namentlich im Pflanzenschutz und Saatgutgeschäft. Die Zusammenlegungen trage den Firmen auch zunehmende Kritik bezüglich Marktdominanz und aggressiven Lobbyings ein, stellen die Nachhaltigkeitsanalysten fest. Die Fusion führe zu höheren Reputations- und Regulierungsrisiken. Sustainalytics stellt sich ablehnend zur Fusion, hält aber fest, dass sie Bayer die Chance gäbe, innovativere Angebote für die Bauern zu entwickeln.