SIEMENS

Überraschung gelungen

Siemens ist in dieser Woche eine beachtliche Leistung gelungen. An einem Tag, an dem die Blue Chips im Deutschen Aktienindex auf der Stelle traten, haben die Münchner nach der Präsentation ihrer Quartalszahlen einen Kurssprung um 4 % hingelegt....

Überraschung gelungen

Siemens ist in dieser Woche eine beachtliche Leistung gelungen. An einem Tag, an dem die Blue Chips im Deutschen Aktienindex auf der Stelle traten, haben die Münchner nach der Präsentation ihrer Quartalszahlen einen Kurssprung um 4 % hingelegt. Analysten haben ihre Kursziele angehoben. Was verursacht die Zuversicht?Vordergründig scheint die Anhebung der Prognose nach der Hälfte des Geschäftsjahres der Treiber zu sein. Denn die Münchner trauen sich nun ein höheres Ergebnis pro Aktie zu. Damit dürfte auch die Dividende attraktiver ausfallen. Doch diese Interpretation greift zu kurz. Denn die anspruchsvollere Vorgabe für den Nettogewinn speist sich nicht aus dem operativen Geschäft. Sie basiert auf Sondergewinnen in den ersten zwei Quartalen, die sich auf 2 Mrd. Euro addieren. Dies ist ein Einmaleffekt, der die Anleger nicht dauerhaft begeistern kann.Dass der Rückenwind für die Aktie aus dem operativen Geschäft kommt, erscheint dagegen auf den ersten Blick unlogisch. Denn diese Größe ist im zweiten Quartal um 8 % eingebrochen. Trotzdem ist die Analyse richtig. Das Minus resultiert ausschließlich aus der Tatsache, dass sich in der Sparte Konventionelle Kraftwerke drei Viertel des Gewinns in Luft auflösten. Dieses Problem hatten die Anleger aber vorausgesehen. Dagegen hatten sie nicht auf der Rechnung, dass Siemens in vielen Sparten – von Energiemanagement über die Gebäudetechnik bis zur Bahntechnik – so erfolgreich wirtschaften würde. Vor allem aber hat die Digitale Fabrik überrascht. Die Division räumte Aufträge ab, die operative Marge geht durch die Decke. Siemens dominiert die Industrie 4.0. Hier beweist sich die Devise: “The winner takes it all.” Nun kann ein Gewinner nur abräumen, was da ist. Aktuell ist der Tisch reich gedeckt, weil die Konjunktur rund um den Globus brummt und viel Geld in Fabrikautomatisierung fließt. Was passiert aber, wenn die Party vorbei ist – und dies nicht in einen normalen Abschwung mündet, sondern in eine Vollbremsung? Dies ist angesichts des geopolitischen Wahnsinns allerorten ein ernst zu nehmendes Risiko, gerade in der Investitionsgüterindustrie. Es kann den Aktionären mulmig werden, wenn sie die Rolle der Digitalen Fabrik im Konzern analysieren. Im zweiten Quartal lieferte sie zweieinhalbmal so viel Gewinn wie die nächsterfolgreiche Sparte (außer Medizintechnik). Ihr Anteil am Unternehmenswert jenseits von Siemens Healthineers strebt in Richtung 50 %. Das künftige Unternehmenskonzept “2020+” muss auch eine Antwort darauf geben, wie derlei Klumpenrisiken zu beherrschen sind.