Siemens

Umstellung auf Abo-Modell für Software läuft gut an

Siemens will eine SAP für die Industrie werden. Der Konzern berichtet daher künftig wie die Branchenriesen über sein Softwaregeschäft. Doch was verbirgt sich hinter den Abkürzungen für die Digitalsparte?

Umstellung auf Abo-Modell für Software läuft gut an

mic München

Software ist ein Wachstumstreiber von Siemens. Für die Aktionäre des Konzerns, die am 10. Februar die virtuelle Hauptversammlung verfolgen und die Zahlen des ersten Geschäftsjahresquartals studieren, ist der Erfolg in diesem Segment daher wichtig. Doch das Verständnis des Geschäfts ist schwierig. Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas berichtet schon seit längerer Zeit kontinuierlich über die Fortschritte von EDA und PLM, in jüngerer Zeit taucht auch SaaS vermehrt auf. Doch was verbirgt sich hinter den Abkürzungen?

Der Fokus liegt auf dem Segment Digital Industries (DI). Es erwirtschaftet ein Viertel seines Umsatzes mit Software. Die Erlöse stiegen im vergangenen Geschäftsjahr auf vergleichbarer Basis um 7% auf 4,3 Mrd. Euro. In der externen DI-Berichterstattung über Software unterscheidet das Management zwischen elek­tronischer Designautomatisierungssoftware (EDA) und Produktlebenszyklusmanagementsoftware (PLM).

EDA ist der kleinere Teil des Softwaregeschäfts. Er entstand durch den Zukauf von Mentor Graphics im März 2017 für umgerechnet 4,1 Mrd. Euro. Der Umsatz betrug damals 1,2 Mrd. Dollar. Die Software wird für das Herstellen und Prüfen von Halbleitern eingesetzt. Der Kundenkreis ist begrenzt. Siemens dürfte einige Tausend Abnehmer haben, darunter wenige Dutzend Großkunden.

Zwei Software-Einsatzgebiete

Dies ist auch der Grund dafür, dass Thomas zuweilen darauf hinweist, dass EDA volatil sei: Das Geschäft reagiert auf großvolumige Einzelorders. Größere Wettbewerber sind die US-Firmen Cadence (Umsatz 2020: 2,7 Mrd. Dollar) und Synopsys (Umsatz 2020/21: 4,2 Mrd. Dollar, davon 59% EDA-Geschäft). Siemens sieht es als Vorteil, im Gegensatz zu dem Duo das EDA-Geschäft künftig mit PLM-Offerten zu verknüpfen.

PLM umfasst in der Finanzberichts-Sprachregelung von Siemens meist das übrige Softwaregeschäft, also mehr als die mit dieser Abkürzung im engeren Sinne gekennzeichnete Steuerung aller Unternehmensteile und -prozesse. Siemens zählt Hunderttausende PLM-Kunden. Konkurrenten sind Dassault Systèmes (Umsatz 2020: 4,5 Mrd. Euro, davon 4,0 Mrd. Euro Software), Autodesk (Umsatz 2020/2021: 3,8 Mrd. Dollar) und PTC (Umsatz 2020/2021: 1,8 Mrd. Dollar). SAP, einst ebenfalls ein Konkurrent auf diesem Feld, ist seit einiger Zeit mit Siemens in einer Partnerschaft verbunden.

Weitere Software-Einsatzgebiete liegen quer zu diesen Feldern. Mendix eröffnet den Zugang beispielsweise für Vertriebsmitarbeiter zu PLM-Systemen über Apps, Mind­sphere bietet ein komplett cloudbasiertes Arbeiten. Wichtiger ist eine andere Abkürzung: Software as a Service, kurz SaaS. Die Siemens-Kunden sollen keine mehrjährigen Lizenzen mehr kaufen, sondern ein Abo buchen. Damit wird Siemens künftig über jährlich wiederkehrende Umsätze berichten (Annual Recurring Revenue – ARR).

EDA-Kunden werden anfangs kaum zum SaaS-Modell übergeleitet. Das Designen von Chips ist nicht nur kompliziert, sondern auch sicherheitsrelevant. Anders sieht es im Feld PLM aus. Dort will Siemens schrittweise spezifische Services entwickeln. Die wichtigste Prämisse für die Umstellung auf SaaS sei, dass der Kunde den Takt vorgebe, sagt Thomas im Gespräch mit der Börsen-Zeitung: „Wir wollen nicht drängen.“ Die Umstellung laufe gut an, allerdings sei es noch zu früh, um dies abschließend zu beurteilen. Doch: „Es gibt kaum Überraschungen: Nur ein kleiner Bruchteil der Unternehmen, die umgestellt haben, haben intensiven Betreuungsbedarf.“

Die Frage sei, wie hoch die Annahmegeschwindigkeit ist. Und diese sei eine Folge davon, wie leicht die neue Softwarelösung jeweils angewandt werden könne: „Realistischerweise werden wir zur Hälfte des Geschäftsjahres eine statistisch relevante Größenordnung haben, um besser prognostizieren zu können, wie der Migrationspfad aussieht.“ Die Halbjahreszahlen werden am 12. Mai präsentiert. Welche Entwicklung der Vorstand bevorzugt? „Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann eine sehr hohe und schnelle Akzeptanz beim Kunden“, erklärt Thomas. So können man rasch erkennen, was für einen noch höheren Kundennutzen weiter zu tun sei: „Außerdem können wir dann auch qualifizierter beurteilen, wie es im nächsten Jahr konkret weitergehen wird.“