Unilever schielt auf Reckitt Benckisers Senfgeschäft

Steile Marge, starkes Wachstum der Food-Sparte lassen auf Verkaufserlös von mehr als 2 Mrd. Pfund hoffen

Unilever schielt auf Reckitt Benckisers Senfgeschäft

hip London – Unilever und Hormel gehören laut “Sunday Times” zu den Interessenten für das Lebensmittelgeschäft von Reckitt Benckiser, dessen Verkauf dem Konsumgüterhersteller mehr als 2 Mrd. Pfund in die Kasse spülen könnte. Wie das Blatt berichtet, werden verbindliche Angebote für die nicht mehr zum Kerngeschäft gerechnete Sparte in den kommenden Wochen erwartet. Als Kronjuwel gilt die Senfmarke French’s. Als weitere mögliche Käufer werden McCormick & Co (Schwartz) und Pinnacle Foods (Birds Eye) genannt, allerdings verfügten Unilever und Hormel (Spam) über die größte Feuerkraft. Morgan Stanley sei mit dem Verkauf betraut worden. Geld für BabynahrungMit dem Erlös könnte Reckitt Benckiser einen Teil des Kaufpreises von Mead Johnson finanzieren. Die FTSE-100-Gesellschaft hatte den US-Babynahrungshersteller für 18 Mrd. Dollar erworben. Anfang des Monats nahm sie unter Verweis auf die Auswirkungen der weltweiten Cyberattacke mit dem Verschlüsselungstrojaner “Petya” ihre Umsatzprognose zurück. Der Hersteller von Calgon, Clearasil, Air Wick, Durex und Nurofen rechnet im laufenden Geschäftsjahr nur noch mit einem organischen währungsbereinigten Umsatzplus von 2 % statt bisher 3 % (vgl. BZ vom 7. Juli).Für Unilever wäre es der erste größere Deal seit Abwehr des Übernahmeangebots von Kraft Heinz im Februar. Unilever-Chef Paul Polman muss demonstrieren, dass der Konzern auch im Alleingang ein attraktives Investment ist. Die operative Marge der Food-Sparte von Reckitt Benckiser ist fast doppelt hoch wie die des entsprechenden Unilever-Geschäfts. Zudem liefert sie ein organisches Wachstum von 5 %. Reckitt Benckiser will sich künftig auf die Segmente Health und Hygiene konzentrieren. In diesen Märkten gibt es weniger Konkurrenz durch Eigenmarken des Einzelhandels.Die Food-Sparte von Unilever liegt zwar über dem Durchschnitt im Konzern, bleibt aber hinter der des Rivalen Kraft Heinz zurück. Der britisch-niederländische Konsumgüterhersteller kündigte zuletzt an, die Sparte Foods (Hellmann’s, Knorr) mit der margenschwachen Eiscreme-Sparte Refreshments (Ben & Jerry’s, Magnum, Pure Leaf) zusammenzulegen. Bis 2020 soll die operative Marge von Food & Refreshments 21 % erreichen. Den Analysten der UBS zufolge wäre das eine erhebliche Steigerung im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren. Zu den Faktoren, die die Marge am Boden halten, gehöre, dass Unilever in Schwellenländern die Kühlkette für das Eiscremegeschäft finanziere. Der Mangel an Innovationen im Geschäft mit Tee mach es schwerer, Premiumpreise zu verlangen. Die Branchenexperten der Schweizer Bank gehen davon aus, dass die operative Marge im Teegeschäft in etwa den Konzerndurchschnitt (16 %) erreicht, die im Eiscremegeschäft einen hohen einstelligen Wert. Am 20. Juli wird Unilever die Geschäftszahlen des ersten Halbjahres vorlegen. Im Auftaktquartal verzeichnete das Unternehmen ein stärkeres Wachstum als am Markt erwartet, weil sich höhere Preise durchsetzen ließen.Großaktionär von Reckitt Benckiser ist die Finanzholding Joh. A. Benckiser (JAB), die aus dem Nachfolgeunternehmen des von Johann Adam Benckiser und Karl Ludwig Reimann 1851 gegründeten Chemieunternehmens entstand, das mit Reckitt & Coleman fusionierte.