Uniper kämpft um Kraftwerk Datteln

Nichtanschaltung des neuen Meilers kostet Steuerzahler Milliarden - Vorteil für Deutsche Bahn und RWE

Uniper kämpft um Kraftwerk Datteln

Es wäre ein Treppenwitz der Energiewende, ausgerechnet die Inbetriebnahme des modernsten Kraftwerks politisch zu verhindern und dafür “alte Mühlen” laufen zu lassen. Doch genau das empfiehlt die Kohlekommission mit dem Segen von Greenpeace für das Uniper-Kraftwerk Datteln 4. Die Bahn und RWE freuen sich.cru Düsseldorf – Groß wie eine Kathedrale ragt das neue, fast fertiggestellte Steinkohlekraftwerk des Energiekonzerns Uniper in Datteln, nördlich von Dortmund, in den Himmel. 400 Tonnen Kohle pro Stunde sollen in dem 120 Meter hohen Ofen verbrannt werden. Doch wegen des Kohleausstiegs bis 2038 wird es vielleicht gar nicht mehr dazu kommen.Wenn es nach den Empfehlungen im Bericht der Kohlekommission der Bundesregierung geht, der im Januar vorgelegt wurde, dann kommt der teure Neubau, in den Uniper einen Milliardenbetrag investiert hat, niemals ans Netz. Darüber würde sich vor allem die Deutsche Bahn, die in der Kommission über ihren Vorstand Ronald Pofalla vertreten war, ebenso freuen wie der Uniper-Rivale RWE.Beide Konzerne haben sich schon vor Jahren per Vertrag mit Uniper verpflichtet, jeweils rund ein Drittel der im Kraftwerk Datteln 4 produzierten Strommenge zu einem bestimmten Preis abzunehmen. Inzwischen wäre der Strom anderswo billiger und grüner zu haben. Deshalb liegt es im Interesse von Bahn und RWE, aus dem Abnahmevertrag herauszukommen. Greenpeace als GegnerDie nächste mündliche Verhandlung zur rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Uniper und RWE findet am Donnerstag (14. März) am Oberlandesgericht Hamm statt. In erster Instanz hatte das Landgericht Essen im Frühjahr 2018 die Rechtsposition von Uniper bestätigt. Uniper geht davon aus, dass der Vertrag mit RWE weiterhin Gültigkeit hat.Doch auch Greenpeace hat in der Kohlekommission dafür gestimmt, Datteln nicht ans Netz gehen zu lassen. Der Umweltorganisation geht es um ein politisches Signal, ein Symbol für das endgültige Ende der Kohleverstromung in Deutschland. Den Steuerzahler würde die Entschädigung, die die Bundesregierung an Uniper zahlen müsste, angesichts der Laufzeit des Kraftwerks von normalerweise rund 40 Jahren jedoch mindestens 2 Mrd. Euro kosten. Mit diesem Geld ließe sich bei anderer Verwendung wesentlich mehr CO2 vermeiden – etwa indem andere, weniger moderne Kohlemeiler gegen Entschädigung still gelegt würden. Die Nichtinbetriebnahme von Datteln 4 wäre eine zu teuer erkaufte CO2-Einsparung, weil Datteln 4 im Vergleich zu Braunkohlekraftwerken nur ein Drittel an CO2 pro Kilowattstunde ausstößt und weil Datteln 4 selbst im Vergleich zu alten Steinkohlekraftwerken circa 25 % CO2 pro Kilowattstunde einspart. 420 Menschen bauen derzeitEs wäre ein Treppenwitz der Energiewende, ausgerechnet die Inbetriebnahme des modernsten Kraftwerks politisch zu verhindern und dafür “alte Mühlen”, die deutlich mehr CO2 ausstoßen, laufen zu lassen. Am Bau des hochmodernen Kraftwerks arbeiten derzeit täglich 420 Beschäftigte – und vergrößern so täglich den Wert der Anlage, deren Nichtinbetriebnahme dadurch täglich teurer wird. Nicht zuletzt ist das Kraftwerk für die Region und die Kunden jenseits von Bahn und RWE von zentraler Bedeutung. Eigentlich sollte Datteln 4 im Sommer 2020 ans Netz gehen. Dass die Bundesregierung nun wohl der Empfehlung der Kohlekommission folgen wird, kam für Uniper wie ein Schock: Es sollte um Klimaschutz gehen – doch nun wird das sauberste Steinkohlekraftwerk nicht in Betrieb genommen.Es ist kein Geheimnis, dass Uniper in das Kraftwerk – dessen Bau sich wegen des fehlerhaft gelieferten Brennkessels verzögert hatte – weit mehr als 1,5 Mrd. Euro investiert hat, langfristige vertragliche Verpflichtungen eingegangen wurden und das Kraftwerk damit für die Unternehmensplanung sehr relevant ist. “Es ist schlichtweg unsere unternehmerische Verantwortung, dass wir die Realisierung des Projektes weiter vorantreiben und der Inbetriebnahme jeden Tag ein Stückchen näher kommen”, sagt ein Konzernsprecher. Uniper gehe weiter davon aus, dass Datteln 4 im Sommer 2020 startet. Uniper: “Sprecht mit uns”Kritiker des deutschen Kohleausstiegs sehen das Schicksal der Anlage nördlich von Dortmund als Symptom für weiter gehende Mängel des Plans der Kohlekommission. Zentrales Problem sind die exorbitanten Kosten des Vorschlags, der allein für den Strukturwandel in den Regionen in den nächsten 20 Jahren Ausgleichszahlungen von 40 Mrd. Euro vorsieht – zuzüglich einer jährlich 2 Mrd. Euro teuren Strompreisanstiegsdämpfung und zuzüglich milliardenschwerer Entschädigungen für die Abschaltung von 10 Gigawatt Kohlekapazität bis 2022. Zuletzt hatte sich Uniper-Kraftwerksvorstand Eckhardt Rümmler nach dem Kohlekompromiss zurückhaltend kritisch geäußert: “Ich habe großen Respekt vor der Leistung der Kommission. Offenkundig empfiehlt die Kommission der Bundesregierung, von einer Inbetriebnahme unseres Kraftwerkes Datteln 4 – im Einvernehmen mit uns als Betreiber – abzusehen. Dazu bedarf es angesichts der gewaltigen Investitionen und vertraglichen Verpflichtungen aus diesem Projekt substanzieller Gespräche – auch mit unseren Kunden dieses Kraftwerkes. Wichtig ist vor allem, dass nun zeitnah mit uns und nicht über uns gesprochen wird.”