Unruhige Zeiten in Ingolstadt

Von Stefan Kroneck, München Börsen-Zeitung, 19.10.2016 Seit dem aufgedeckten Volkswagen-Skandal um manipulierte Diesel-Abgaswerte knirscht es auch bei Audi gewaltig. Die nun über ein Jahr andauernde Affäre hat die erfolgsverwöhnte Ingolstädter...

Unruhige Zeiten in Ingolstadt

Von Stefan Kroneck, MünchenSeit dem aufgedeckten Volkswagen-Skandal um manipulierte Diesel-Abgaswerte knirscht es auch bei Audi gewaltig. Die nun über ein Jahr andauernde Affäre hat die erfolgsverwöhnte Ingolstädter VW-Tochter zurückgeworfen. Die Konzernführung um Vorstandschef Rupert Stadler kassierte zuletzt das Margenziel für 2016. Grund: Die Mehrkosten wegen des ebenfalls mit einer verbotenen Abgas-Software ausgestatteten Drei-Liter-Dieselmotors fressen sich in die Bilanz. Die Aufwendungen für die Rückrufaktion und Strafen der US-Behörden könnten zusammen über eine Milliarde betragen. Anfang November dürfte mehr Klarheit darüber bestehen, wenn ein Gericht in Kalifornien über die Rückruf-Vorschläge von Audi für 85 000 betroffene Fahrzeuge berät. Im DilemmaAngesichts dieser Belastungen sieht sich das Management gezwungen, Entwicklungsprojekte zu verschieben. Das soll dazu beitragen, das jährlich rund 3 Mrd. Euro betragene Investitionsbudget zu schonen. Allerdings steht die Konzernspitze dabei vor einem Dilemma. Kürzt sie zu viel, könnte Audi künftig an Schlagkraft verlieren im Wettbewerb mit BMW und Daimler um die Mobilitätskonzepte der Zukunft. Macht sie zu wenig, um die Kosten im Zaum zu halten, geht das auf Kosten der Marge. Das Fehlen eines Entwicklungsvorstands gestaltet die Lage für Stadler und seine Mannschaft schwierig. Mit Stefan Knirsch stolperte binnen weniger Monate der zweite Audi-Entwicklungschef über den Dieselskandal. Nach dessen Rauswurf Ende September hat der Audi-Aufsichtsrat bisher keinen Nachfolger präsentiert. Die Befragungen der eingeschalteten US-Anwaltskanzlei Jones Day, wer wann was und wie über die Manipulation gewusst hatte, dauern indes an. Weitere personelle Konsequenzen sind daher nicht ausgeschlossen.In dieser Gemengelage sickern nun seit Tagen Details durch, was Audi einsparen will. Der Bau eines In-Campus, eines geplanten Technologieparks, ist vorerst gestrichen. Reuters will erfahren haben, dass eine Teststrecke für autonomes Fahren, eine kleinteilige Batteriefertigung und der Bau von Prototypen zur Disposition stehen. Solche Nachrichten sorgen für Unruhe unter den Konzernmitarbeitern, fürchtet doch so mancher, dass die Beschäftigungsgarantie für die 57 000 Mitarbeiter in Deutschland nicht mehr verlängert werden könnte. Diese läuft 2018 aus. Das ruft Audi-Betriebsratschef Peter Mosch auf den Plan. Die Arbeitnehmervertreter erhöhen den Druck, um dem Management Zugeständnisse abzuringen. So etwas gab es schon seit Jahren nicht mehr bei Audi. Das Unternehmen kam ohne größere Blessuren durch die Finanzmarktkrise. Seitdem ging es stets bergauf. Nun muss die Führung den Konzern durch eine hausgemachte Krise steuern. ——–Die Audi-Führung ringt wegen Dieselgate um Einsparungen im Investitionsbudget.——-