US-Ölwirtschaft klagt über „Chaos“ unter Trump
US-Ölwirtschaft klagt über „Chaos“ unter Trump
Manager nutzen anonymisierte Fed-Umfrage für Kritik an Energiepolitik – WTI-Preisverfall droht heimische Förderung unprofitabel zu machen
US-Präsident Donald Trump drängt auf eine Ausweitung der Ölförderung und begünstigt damit einen Preisverfall im Markt. Zugleich ächzt die Branche infolge von Washingtons Zollkonflikten unter steigenden Inputkosten. Nun machen Manager ihrem Frust über die Energiepolitik in einer Umfrage der Fed von Dallas Luft.
xaw New York
Öffentliche Kritik an Donald Trump kann für Unternehmen schnell gefährlich werden – doch in Amerikas Ölsektor bricht sich nun Frust über die Energiepolitik unter dem US-Präsidenten Bahn. So nutzen Manager eine Umfrage der Federal Reserve von Dallas, um anonym massive Kritik an Washington zu üben. „Der Lärm und das Chaos sind ohrenbetäubend! Wer will in diesem instabilen Umfeld schon geschäftliche Entscheidungen treffen?“ schimpft ein Vertreter eines Förderers im offenen Abschnitt des „Energy Survey“. „Die Administration drängt auf Preise von 40 Dollar pro Barrel Rohöl, infolge der Zölle auf ausländische Rohrprodukte sind die Input-Preise gestiegen, und das Drilling wird verschwinden“, ereifert sich ein anderer.
Investitionen verschoben
Trump hatte unmittelbar nach seinem Einzug ins Weiße Haus einen „nationalen Energienotstand“ ausgerufen. Unter dem Motto „Drill, Baby, Drill“ hat seine Regierung sich einer Ausweitung der Produktion fossiler Brennstoffen verschrieben und mehr Lizenzen zur Förderung auf Bundesgebiet ausgestellt – mit dem vorgeblichen Ziel, Preise für Endverbraucher zu senken. Tatsächlich ist die Förderaktivität zwischen Juli und September zum Vorquartal laut der Fed-Umfrage weniger stark gefallen als im vorangegangenen Viertel. Doch geben 78% der Teilnehmer an, aufgrund erhöhter Unsicherheit um Preisentwicklung und Produktionskosten Investitionsentscheide verschoben haben – bei 36% handelt es sich um „signifikante“ Anlagen. „Wer kann, rennt zum Ausgang“, kommentiert ein Manager.
Seit Trumps Amtsantritt ist der Preis der US-Leichtölsorte West Texas Intermediate (WTI) um rund 17% gefallen, der laufende Monatskontrakt lag im frühen Donnerstagshandel an der New York Mercantile Exchange bei 64,62 Dollar pro Barrel. Industrievertreter geben in der Umfrage an, dass die Förderung unterhalb der Marke von 60 Dollar unprofitabel wird. Vorerst rechnen sie damit, dass WTI bis Ende des laufenden Jahres bei 63 Dollar notieren und sich bis 2027 wieder auf 67 Dollar erholen wird.
Wachsender Druck auf Shareholder Returns
Die Analysefirma Wood Mackenzie ist weniger optimistisch: Sie prognostiziert, dass der Preis für US-Leichtöl Anfang 2026 unter die Schreckensmarke von 60 Dollar abrutschen und dort bei Ausbleiben neuer geopolitischer Schocks „bis zu einigen Jahren“ verbleiben könne. Viele Manager fürchten bereits, dass ein Überangebot am globalen Markt infolge der anhaltenden Produktionsausweitung des Kartells Opec und „zu schwacher Sanktionen gegen Russland“ zu einem weiteren Preisverfall und Druck auf Profitabilität und die Shareholder Returns führen wird.
Die Zahlen der US-Supermajors haben zuletzt bereits Zweifel an der Stabilität von Aktienrückkäufen und Dividenden geweckt. Branchenprimus ExxonMobil rechnet für 2025 mit einem freien Cashflow von 29 Mrd. Dollar. Zuletzt hielt der Konzern Cash und Cash-Äquivalente von 14,35 Mrd. Dollar. Hält der Supermajor an seinen Buyback-Zielen und der Dividende fest, würde er 2025 nahezu 37 Mrd. Dollar an die Anteilseigner zurückführen. Drohende Lücken bei der Finanzierung des Programms müsste er also aus anderen Quellen schließen – Investoren im Ölsektor reagieren traditionell aber mit Missfallen auf schuldenfinanzierte Aktienrückkäufe.
Düstere Aussichten
Die Nummer zwei der Branche, Chevron verfügt trotz jüngst aufgehellter Aktionärsstimmung über noch weniger finanzielle Flexibilität. Der Konzern will wie im Februar angekündigt bis zu 20% der Belegschaft abbauen und dadurch Milliarden einsparen. Der Förderer ConocoPhilipps kündigte Anfang September an, bis Ende 2026 bis zu 25% der Mitarbeiter entlassen zu wollen.
Angesichts des Angebotsüberhangs, des unsicheren Investitionsumfelds und anziehender Importpreise für Stahl und Aluminium schätzen Teilnehmer an der Umfrage der Dallas-Fed ihre eigenen Geschäftsaussichten düster ein. Der „Company Outlook Index“ ist auf minus 17,6 abgerutscht, nachdem er im zweiten Quartal noch bei minus 6,4 lag. Über lange Jahre waren dort positive Werte üblich – doch von dem Optimismus, der die Branche insbesondere nach dem Ende der Hochphase der Corona-Pandemie und der globalen Angebotsverknappung infolge der russischen Invasion der Ukraine trug, ist nicht mehr viel übrig.