USA legen Infineon-Zukauf auf Eis
Infineon droht ein Scheitern der Übernahme des US-Chipspezialisten Wolfspeed. Als Grund nannte Deutschlands größter Halbleiterhersteller Sicherheitsbedenken der Trump-Administration. Infineon und der Verkäufer Cree arbeiten zwar an einer alternativen Lösung, allerdings ist ungewiss, ob Washington den Erwerb in abgespeckter Form genehmigt.sck München – In ihrem Expansionsdrang in den USA hat Infineon eine erhebliche Schlappe einstecken müssen. In der Nacht zum Donnerstag gab das in Neubiberg bei München sitzende Unternehmen ad hoc bekannt, dass der Kontrollausschuss der US-Regierung über ausländische Direktinvestitionen (Committee of Foreign Investment in the United States, kurz CFIUS) den Kauf von Wolfspeed als “ein Risiko für die nationale Sicherheit” der USA betrachte. Zudem habe CFIUS keine “geeigneten Maßnahmen identifizieren können, die in zufriedenstellender Weise bestimmte nationale Sicherheitsrisiken, die durch die Übernahme entstehen würden, entkräften können.” Vor diesem Hintergrund besteht Infineon zufolge “ein substanzielles Risiko, dass die geplante Übernahme nicht in der vereinbarten Form vollzogen werden kann”.Dennoch suchen Infineon und der US-Verkäufer Cree nach Lösungen, die es ermöglichen könnten, dass die neue US-Regierung die Transaktion doch noch genehmigt. Aktie büßt über 4 Prozent einDas wäre allerdings nur denkbar, wenn bestimmte Geschäfte von der bisherigen Vereinbarung ausgeklammert werden. Obwohl beide Unternehmen Details dazu noch nicht nennen wollten, kann es sich nur um Komponenten handeln, die von militärischer Relevanz sind. Ähnlich äußerte sich die an der Nasdaq notierte Cree Inc. Der Anbieter von LED-Technologien mit Sitz in Durham (North Carolina) warnte aber, dass auch mit diesen Bemühungen die Wahrscheinlich eines Abschlusses der Transaktion ungewiss sei.Die Anleger reagierten auf die Nachricht vergrätzt. Die Infineon-Aktie büßte zeitweise 4,2 % ein und ging bei 16,99 Euro (-2,4 %) aus dem Xetra-Handel. Das Papier war Schlusslicht im Dax. Der Höhenflug des Titels war damit vorerst beendet. Die US-Investmentbank Morgan Stanley merkte an, dass Infineon mit einem Scheitern der Übernahme keinen vertieften Zugang zu der Siliziumkarbid-Technologie erhalte. In diesem Fall drohten Qualitätseinbußen in der 300-mm-Dünnwafer-Fertigung für bestimmte Chipeinheiten. Infineon stellt schrittweise auf diese kosteneffiziente Technologie um. Das soll dazu beitragen, die operative Marge auf die mittelfristig angepeilten 17 % zu heben.Für Infineon ist die Ablehnung der US-Regierung eine herbe Überraschung. Zur Vorlage der Quartalszahlen vor einer Woche äußerte sich Vorstandschef Reinhard Ploss noch recht zuversichtlich, dass der Erwerb bis Ende März formal abgeschlossen sein werde. Er schloss dabei ein politisches Störmanöver der Trump-Administration aus. “Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir den Prozess so abschließen können wie geplant” (vgl. BZ vom 3. Februar). Ursprünglich ging Infineon allerdings davon aus, dass die Transaktion bis Ende 2016 unter Dach und Fach ist. Damit zeichneten sich bereits Verzögerungen im Fall Wolfspeed durch den Wechsel im Weißen Haus nach dem Wahlsieg von Donald Trump ab. Zwei Jahre zuvor winkten noch die US-Behörden die viel umfangreichere Übernahme von International Rectifier durch Infineon nach nur fünf Monaten anstandslos durch (vgl. BZ vom 14.1.2015).Seinerzeit war in dem Genehmigungsverfahren ebenfalls das CFIUS eingeschaltet. Allerdings führte damals US-Präsident Barack Obama die Regierungsgeschäfte. Mit seinem Motto “America first” verfolgt Trump hingegen eine Abschottungspolitik.Mitte Juli vergangenen Jahres veräußerte Cree ihr ausgegliedertes Halbleitergeschäft an Infineon für 850 Mill. Dollar. Obwohl Ploss seinerzeit selbst einräumte, dass der Kaufpreis für einen Bereich mit knapp 200 Mill. Dollar Jahresumsatz recht “sportlich” sei, rechtfertigte er diese Übernahme damit, dass Wolfspeed dynamisch wachse und hochprofitabel sei (vgl. BZ vom 14.7.2016). Leistungshalbleiter im VisierWolfspeed mit ihren 550 Mitarbeitern konzentriert sich auf Leistungshalbleiter auf Basis von Siliziumkarbid für die Felder Elektromobilität, erneuerbare Energien und die kommende Generation von Mobilfunkgeräten. Die Firma produziert Rohscheiben für Leistungshalbleiter. Wolfspeed verfügt über ein großes Forschungszentrum und ein Portfolio von 2 200 Patenten und Patentanmeldungen. Mit dem Erwerb des kleineren US-Wettbewerbers wollte Infineon zum Weltmarktführer im Bereich der Hochfrequenz-Leistungsbauelemente aufsteigen. Infineon finanzierte den Zukauf mit 130 Mill. Dollar eigener Barmittel und 720 Mill. Dollar Bankkrediten.Im August 2014 hatte Infineon den börsennotierten Konkurrenten International Rectifier für 3 Mrd. Dollar erworben. Der kalifornische Anbieter von Leistungshalbleitern auf dem Gebiet der Energieumwandlung und -übertragung kam seinerzeit auf einen Jahresumsatz von rund 1 Mrd. Dollar. Mit diesem Schritt erweiterte Infineon schlagartig ihre US-Aktivitäten. Rectifier trug zum Umsatz- und Ergebnisschub bei. Die Integration erfolgte weitgehend problemlos. Die USA machen 15 % des Infineon-Konzernumsatzes aus.