Finanzierungen

VC-Abschwung setzt sich fort

Der globale Wagniskapitalfluss ist im zweiten Quartal trotz massiver Investitionen in Technologien rund um künstliche Intelligenz weiter abgeebbt. Eine gute Nachricht kommt immerhin aus Deutschland, wo Start-ups nach längerer Zeit wieder mehr Geld eingesammelt haben als in Frankreich.

VC-Abschwung setzt sich fort

VC-Abschwung setzt sich fort

Weltweites Start-up-Finanzierungsvolumen sinkt im zweiten Quartal trotz KI-Boom

Der globale Wagniskapitalfluss ist im zweiten Quartal trotz massiver Investitionen in Technologien rund um künstliche Intelligenz weiter abgeebbt. Eine gute Nachricht kommt immerhin aus Deutschland, wo Start-ups nach längerer Zeit wieder mehr Geld eingesammelt haben als in Frankreich.

Start-ups mussten im zweiten Quartal erneut mit erschwerten Finanzierungsbedingungen zurecht kommen. Laut dem Informationsdienst Crunchbase sank das weltweite Wagniskapitalvolumen im Vergleich zum ersten Quartal um 18% auf 65 Mrd. Dollar – auf das erste Halbjahr gerechnet belief sich der Rückgang gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 auf 51% (144 Mrd. Dollar).

Auch die Zahl jener Start-ups, die es überhaupt zum Abschluss einer Finanzierungsrunde gebracht haben, sank deutlich. Wo im zweiten Quartal 2022 weltweit noch mehr als 9.500 Start-ups eine Geldspritze erhalten haben, waren es in diesem Jahr nur noch gut 6.000.

Die Zahl wäre wohl noch deutlich kleiner ausgefallen, hätten sich Investoren nicht weltweit auf das Trendthema des Jahres gestürzt: Künstliche Intelligenz. In dem Bereich saß das Geld nämlich trotz Zinssorgen und Inflation ausgesprochen locker – in den ersten sechs Monaten des Jahres flossen von den 144 Mrd. Dollar rund 25 Mrd. Dollar (18%) in Jungfirmen, die die Technologie vorantreiben. Darin sind auch die 10 Mrd. Dollar enthalten, die Microsoft zu Beginn des Jahres in den ChatGPT-Entwickler OpenAI gesteckt hat.

Es war nicht die einzige Finanzierungsrunde im Milliardenbereich. Ende Juni sammelte die erst vor einem Jahr gegründete Inflection AI aus Kalifornien 1,3 Mrd. Dollar ein – unter anderem von Microsoft, Multimilliardär Bill Gates und von Nvidia, die in den vergangenen Monaten als Herstellerin von KI-Grafikchips selbst massiv von dem Technologiehype profitiert hatte. Inflection hatte Anfang Mai einen ChatGPT-ähnlichen Chatbot namens Pi (“persönliche Intelligenz”) an den Start gebracht. Weitere VC-Investitionen im mittleren dreistelligen Millionenbereich gingen zudem im ersten Halbjahr an die KI-Start-ups Anthropic und Adept AI (beide ebenfalls aus Kalifornien).

KI-Geldregen auch in Europa

Die USA haben mit Blick auf das Finanzierungsvolumen für KI-Start-ups zwar klar die Nase vorn. In den Jahren 2019 bis 2023 flossen dort laut Dealroom zusammengerechnet rund 20 Mrd. Dollar in den Sektor, während es in Europa nur 1 Mrd. Dollar war. Dennoch gibt es auch auf dem alten Kontinent Jungunternehmen mit KI-Expertise, auf die Investoren große Wetten abschließen. Dazu gehört Mistral AI aus Frankreich, die im Juni, nur wenige Wochen nach der Gründung, 105 Mill. Euro einsammelte. Ein fertiges Produkt konnte das Unternehmen zwar noch nicht vorweisen, dafür aber ein namhaftes Gründerteam: CEO ist Arthur Mensch, ehemaliger Forscher bei Googles KI-Firma Deepmind. Guillaume Lample und Timothée Lacroix (Chief Scientist und CTO) haben zudem an Metas Sprachmodell LLaMa mitgearbeitet.

Neben Mistral wurde zuletzt auch Aleph Alpha aus Heidelberg als europäische Antwort auf OpenAI gehandelt. Das Unternehmen, dessen Sprachmodell Luminous nach eigenen Angaben rein technisch mit den Chatbots von Google und OpenAI mithalten kann, steht laut einem Bericht vom “Handelsblatt” von Ende Juni kurz vor dem Abschluss einer 100 Mill. Euro schweren Finanzierungsrunde.

Auch ohne dieses Investment hat Deutschland den französischen Nachbarn in Sachen Start-up-Finanzierung erstmals nach sechs Quartalen wieder überholt. So belief sich die Summe der hiesigen VC-Investitionen im zweiten Quartal auf 2,7 Mrd. Dollar. In Frankreich waren es 2,3 Mrd. Dollar.

kro Frankfurt
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